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Granit Xhaka vor dem Israel-Spiel
«Endlich einmal eine gute Frage»

Gute Laune wenigstens mit den Teamkollegen: Granit Xhaka (3. von links) beim Training vor dem Match gegen Israel in Genf.
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Als die Pflichtübung an ihr Ende kommt, ist Granit Xhaka froh um die letzte Frage, wenigstens um sie. Ein kleiner Junge, der als Gast zur Pressekonferenz der Schweizer Nationalmannschaft geladen ist, will von ihm wissen, wie er mit dem Stress vor dem Training und dem Spiel umgeht. Xhaka schaut ihn an und sagt: «Endlich einmal eine gute Frage.»

Die vergangene Woche schwieg der Captain noch. Nicht weil ihm das vom Verband auferlegt worden war, sondern weil er nicht sprechen wollte. An diesem Montagnachmittag sitzt er auf einem kleinen Podium im Presseraum des Stade de Genève und zeigt sich konzentriert. Als hätte er sich vorgenommen, bloss nichts Falsches zu sagen.

Vier Monate ist jetzt die Weltmeisterschaft her, die für die Schweiz emotional aufgeladen war, wie es offenbar einfach sein muss, wenn sie an einem Turnier teilnimmt. Seit 2004 ist es immer so gewesen, 2022 war das so wegen Serbien und Portugal, wegen des zweiten Gruppenspiels und des Achtelfinals. «Granit, hat sich deine Persönlichkeit in den letzten vier Monaten verändert?», will ein Journalist wissen.

Xhaka hört sich das an und macht schnell klar, was er davon hält: nichts. «Ich weiss nicht, wieso dieses Thema immer hochkommt», sagt er. Gut, er könnte inzwischen ahnen, wieso. Weil er Granit Xhaka ist, nicht nur der beste Spieler der Mannschaft, sondern vor allem ein Charakter, der es mit jedem aufnimmt, manchmal sogar mit 60’000 Zuschauern im Stadion von Arsenal.

Seine Antwort endet dann doch nicht nach einem Satz. Sie geht so weiter: «Wir sind ausgeschieden gegen Portugal. Haben eine Klatsche gekriegt. Haben ein tolles Turnier gespielt. Vier Monate später stehen wir hier und spielen gegen Israel. Alles andere interessiert überhaupt nicht.» Nur dieser Nachsatz noch: «In vier Monaten ändert sich ein Mensch nicht.»

Der beste Xhaka? «Puh!»

30 ist Xhaka seit dem vergangenen September, das ist ein reifes Alter für einen Fussballer, aber bei Xhaka scheint die Zeit irgendwie stehen zu bleiben. Sein Laufvermögen ist überragend, als würde er nicht älter. Das 600. Pflichtspiel hat er am Samstag in Novi Sad gegen Weissrussland bestritten, das 112. allein für die Schweiz. Sechs fehlen ihm noch zum Rekord von Heinz Hermann. Dass ihn das «sehr stolz» macht, verhehlt er nicht. Das ist auch deshalb so wegen all der Leute, die behaupten, er sei nicht stolz, für die Schweiz zu spielen. 

«Sind Sie der beste Xhaka überhaupt?», wird er gefragt. «Puh, keine Ahnung!», sagt Xhaka. «Ich habe es hoffentlich in den letzten dreizehn Jahren auch nicht so schlecht gemacht. Sonst wäre ich nicht hier, wo ich jetzt bin.» Keine 18 Jahre alt war er, als er beim FC Basel debütierte, keine 19, als er im Nationalteam debütierte, im Wembley gegen England, keine 20, als er nach Mönchengladbach wechselte, und keine 24, als er für 49,5 Millionen Franken zu Arsenal wechselte, bis heute mit Abstand der höchste Betrag für einen Schweizer Fussballer.

«Das sollen andere beurteilen», sagt er auf die Frage auch. Um ihm zu helfen: Er ist so gut wie nie zuvor. Mit Arsenal greift er nach dem Titel in der Premier League, und aus dem Nationalteam ist er ohnehin nicht wegzudenken, egal welche Polemiken er auch immer anzettelt und welche Fettnäpfchen er zielgenau ansteuert – oder vielleicht gerade deshalb, weil es ohne ihn langweilig sein könnte. Xhaka selbst sagt: «Ich bin 30, man wird reifer, denkt anders, überlegt, was man sagen darf und muss.» Wir bleiben dran.

Bitte lächeln: Granit Xhaka mit Murat Yakin bei der Pressekonferenz im Stade de Genève.

Bei Arsenal war Xhaka auch schon linker Aussenverteidiger, im Nationalteam war er meist eine Nummer 6, also ein defensiver Mittelfeldspieler, der auch schon Scheibenwischer genannt wurde. Aber in ihm steckt eben das Potenzial, sich offensiv auszudrücken. Genau das tut er jetzt unter Mikel Arteta bei Arsenal, und genau darum ist er so wirkungsvoll. «Granit hat Qualitäten über den ganzen Platz», sagt Nationalcoach Murat Yakin und erstellt eine Liste mit den Vorzügen seines Captains: sehr kreativ, dominant, spielbestimmend, immer unterwegs, sehr strategisch, erzielt Tore, setzt die Mitspieler ein. In der Kurzfassung heisst das: «Er ist offensiv am besten.»

Am Samstag beim 5:0 gegen Weissrussland war Xhaka an der Entstehung des 2:0 und des 3:0 beteiligt, das letzte Tor leitete er mit seinem Steilpass ein, und das 4:0 machte er gleich selbst. Es gibt für Yakin also keinen Grund, gegen Israel am Dienstag etwas an Xhakas Position zu ändern.

Xhaka forsch, Yakin moderat

Eine halbe Stunde dauert der Termin mit Trainer und Captain, bei dem der Captain mehr im Vordergrund steht. Frage: «Wichtig ist die Qualifikation für die EM. Zählt die Art und Weise auch?» Antwort: «Am Ende zählt die Qualifikation. Wie man sie schafft, ist am Ende nicht allzu wichtig.» Er schaut zu Yakin, der links von ihm sitzt, und lacht schelmisch.

Frage: «Ist es arrogant, zehn Siege in den zehn Qualifikationsspielen zu erwarten?» Antwort: «So denken wir. Das ist unsere Erwartung.» Das ist der forsche Xhaka. Der Trainer gibt sich moderater. «Zuerst ist das Spiel gegen Israel. Was danach kommt, ist noch weit weg.»

Was bleibt, ist Xhakas Replik auf die angeblich einzige Frage, die ihm gefällt. Wie er mit dem Stress umgeht. «Seit ich Profi bin, versuche ich, ruhig und positiv zu bleiben», sagt er. Yakin belohnt den Buben mit einem Ball.