EM-Qualifikation: Schweiz gewinnt 5:0Renato Steffens Eintrag ins Geschichtsbuch
Der Angreifer braucht nur 25 Minuten für drei Tore – die Schweiz siegt gegen Weissrussland schliesslich 5:0.
![Abklatschen mit dem zufriedenen Captain: Renato Steffen jubelt nach seinem zweiten Treffer mit Granit Xhaka.](https://cdn.unitycms.io/images/7Oa7MOA64S0BoZMX9Od7Aa.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=_4XmQOFVJ7A)
1152 Minuten spielte Renato Steffen bis zu diesem Samstag für die Nationalmannschaft, verteilt auf 28 Einsätze. Einmal erzielte er ein Tor, vor eineinhalb Jahren in Litauen.
Steffen ist eine eher überraschende Wahl, als die Schweiz im serbischen Novi Sad gegen Weissrussland die EM-Qualifikation beginnt. So überraschend eben, wie es Murat Yakin zuweilen mag. Nach 4 Minuten darf sich der Nationalcoach erstmals für seine gute Nase beglückwünschen, weil Steffen seine Mannschaft in Führung bringt.
Und Steffen hat noch nicht genug, sondern legt munter nach. Nach 17 Minuten das 2:0 und nach 29 das 3:0. Damit ist das Spiel schon entschieden und die Frage nur noch, wie hoch der Sieg ausfällt. Am Ende gibt es ein 5:0, das keine Zweifel an der krassen Überlegenheit der Schweiz lässt.
Die Tore, die Steffen erzielt, sind alles andere als schwierig zu erzielen. Zuerst muss er den Ball aus zehn Zentimetern über die Linie drücken, dann kommt er zweimal aus drei Metern zum Abschluss. 6,1 Meter für drei Treffer – das ist eine Effizienz, die beeindruckt. «Ich bin stolz», sagt er später. Bevor er weiter über sich redet, gibt es die übliche Einschätzung, dass an erster Stelle der Sieg stehe. Und doch sagt er dann: «Wenn es mir dann noch gelingt, die eigene Leistung zu krönen, ist das umso schöner. Das ist gut für mein Selbstvertrauen.»
Die linke Seite öffnet Steffen den Weg zum Hattrick
Allen Toren Steffens geht ein flüssiger Angriffszug voraus, jedes Mal über die linke Seite. Beim ersten Mal leisten Vargas und Itten die Vorarbeit. Beim zweiten sind es Vargas und Xhaka, wobei der weissrussische Goalie den Ball direkt vor die Füsse von Steffen abprallen lässt. Und beim dritten Mal wird gar gezaubert, von Xhaka, Itten und Rodriguez.
Nach knapp einer Stunde beendet Steffen seine Schicht, er macht Platz für Zeki Amdouni, der zu seinem zweiten Länderspiel kommt. Der 31-jährige Steffen, im Herbst aus Wolfsburg zu Lugano gekommen, um genug Spielpraxis für die WM zu bekommen, ist nicht der Erste, dem drei Tore für die Schweizer Auswahl gelingen. Mario Gavranovic schaffte das vorletztes Jahr gegen Liechtenstein. Vorher hatten das auch Haris Seferovic, Eren Derdiyok oder Xherdan Shaqiri geschafft. Aber Steffen ist der Erste seit über einem halben Jahrhundert, der einen lupenreinen Hattrick verbuchen kann: also drei Tore hintereinander in der gleichen Halbzeit, ohne dass jemand sonst trifft.
Die Spurensuche nach seinem Vorgänger führt zurück in fast graue Urzeiten des Fussballs, ins Jahr 1960. Damals brauchte Seppe Hügi, der legendäre Basler, gar nur 19 Minuten für seine drei Goals. Beim 6:2 gegen Frankreich war er schliesslich gar fünfmal erfolgreich.
![Der erste der drei persönlichen Treffer: Steffen muss den Ball in der 4. Minute nur noch aus kurzer Distanz über die Linie drücken – 1:0 für die Schweiz.](https://cdn.unitycms.io/images/EiICjN6xKOZ9ZR7NPm6540.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=ZA55zxCX_Ps)
Der Exploit von Steffen hätte einen würdigeren Rahmen verdient, als er sich im Vojvodina-Stadion von Novi Sad bietet. Zuschauer sind keine zugelassen, die Stimmung ist wie zu Corona-Zeiten oder auf irgendeinem Dorfplatz. Der Gegner taugt nicht viel. Dass er in der 2. Minute einen Ball an die Latte von Yann Sommers Tor wuchtet, ist angesichts seiner Stärke schon fast ein surreales Ereignis. Die Schweizer nehmen es dankbar an, um sich davon aufwecken zu lassen und ein paar Sekunden später in Führung zu gehen.
Sie können es sich nach der Pause leisten, zwei, drei Gänge zurückzuschalten, ohne je in Bedrängnis zu geraten, die Kontrolle zu verlieren gegen die Nummer 97 der Weltrangliste. Nur einmal braucht Sommer etwas Glück, als er zögert. Maroazu rutscht bei seinem Schussversuch weg und landet auf dem Hintern.
Yakin kann machen, was er will – alles gelingt ihm
In der 58. Minute bringt Yakin neben Amdouni auch Noah Okafor. Der Stürmer von Salzburg ist es, der, kaum auf dem Platz, den Ball so ablegt, dass Xhaka aus 18 Metern frei zum Schuss kommt und das 4:0 beisteuert. Und Amdouni braucht nur sieben Minuten, bis er dem Gegner nach einem herrlichen Pass von Xhaka enteilt und das 5:0 schiesst. Nach seinem ersten Länderspielgoal verpasst er sein zweites, als sein Ball am Pfosten landet.
Der Coach hat nach den Treffern von Steffen und Amdouni sowie den Assists von Itten und Okafor die Bestätigung, dass er alles richtig gemacht hat. Zuerst hat er die passenden Spieler in die Startformation gestellt, dann hat er die passenden eingewechselt. Vielleicht aber ist es auch so, dass man gegen diese Weissrussen gar nicht viel falsch machen kann. Jedenfalls stellt sich nach einem solchen Match wieder einmal die Frage, welchen Sinn solche sportlichen Übungen machen.
Am Dienstag bekommt es die Schweiz in Genf mit Israel zu tun. Und da gilt, was schon in Novi Sad Gültigkeit gehabt hat: Es kann nur ein Sieg infrage kommen.
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