Osterfeiern nach CoronaPapst: «Ostern des Krieges»
Im Vatikan wie auch in Jerusalem wurde Ostern nahezu ohne Corona-Einschränkungen begangen. Papst Franziskus schloss die Ukraine in seine Gebete ein. In Jerusalem gab es Zwischenfälle.
Mit einer stimmungsvollen Feier ist im Petersdom die Osternacht im Gedenken an die Auferstehung Jesu Christi zelebriert worden. Papst Franziskus sorgte dabei am Ende der Predigt für einen emotionalen Höhepunkt, als er sich direkt an Iwan Fedorow wandte, den Bürgermeister der südukrainischen Stadt Melitopol, der als Gast in der ersten Reihe sass. «Wir alle beten mit euch und für euch», sagte Franziskus, «in dieser Dunkelheit, in der Ihr lebt, der Dunkelheit des Krieges, der Grausamkeit». Er sprach den Ukrainern Mut zu.
Fedorow war im Krieg von den Russen entführt und erst im Zuge eines Gefangenenaustausches freigelassen worden. Zusammen mit Parlamentariern war er im Vatikan zu Gast. Franziskus schloss seine Predigt mit dem Satz «Christus ist auferstanden» auf Ukrainisch.
Der 85 Jahre alte Argentinier verzichtete erstmals in dem Pontifikat darauf, den wichtigsten Gottesdienst des Kirchenjahres selbst zu leiten; dies übernahm Kardinaldekan Giovanni Battista Re. Franziskus, der in dieser Karwoche schon viele Veranstaltungen hinter sich hatte und zudem von Knieschmerzen geplagt wird, verfolgte die Messe grossteils sitzend auf einem Sessel vor den rund 5500 Gläubigen. Neben der Predigt taufte er noch sieben Erwachsene.
In der Heiligen Nacht vor dem Ostersonntag wird die Auferstehung Jesu Christi nach dessen Tod am Kreuz gefeiert. Die Zeremonie begann dabei traditionell mit der Einzugsprozession in den dunklen Dom hinter der Osterkerze, an der zum Ruf «Lumen Christi» (Licht Christi) die Kerzen der Priester und Gläubigen in der Petersbasilika entzündet werden.
«Wir haben zu viel Blutvergiessen, zu viel Gewalt gesehen»
Am Sonntag spendete Papst Franziskus dann den Segen «Urbi et Orbi», wobei er einen eindringlichen Appell gegen die Kriege und Konflikte auf der Welt aussprach. «Wir haben zu viel Blutvergiessen, zu viel Gewalt gesehen», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Sonntag vor rund 100’000 Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom. Ähnlich wie die Jünger nach der Auferstehung Jesu Christi, die an Ostern gefeiert wird, seien heute auch «unsere Herzen von Angst und Schrecken erfüllt, als so viele unserer Brüder und Schwestern sich einschliessen mussten, um sich vor den Bomben zu schützen», sagte Franziskus. Er sprach von einem «Ostern des Krieges».
Der Krieg in der Ukraine prägte die Feierlichkeiten im Vatikan, die erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder nahezu ohne Einschränkungen vor Gläubigen zelebriert werden konnten. «Gehe bald eine neue Morgendämmerung der Hoffnung über dieser schrecklichen Nacht des Leidens und des Todes auf!», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche und forderte die Staaten zu einem Einlenken auf. «Möge man sich für den Frieden entscheiden. Man höre auf, die Muskeln spielen zu lassen, während die Menschen leiden.»
«In meinem Herzen trage ich all die vielen ukrainischen Opfer, die Millionen von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, die auseinandergerissenen Familien, die allein gelassenen alten Menschen, die zerstörten Leben und die dem Erdboden gleichgemachten Städte», sagte Franziskus.
Ostermesse in Jerusalem erstmals wieder mit Touristen
Christen aus aller Welt haben am Sonntag im Heiligen Land Ostern gefeiert. Patriarch Pierbattista Pizzaballa, der höchste katholische Würdenträger im Heiligen Land, zelebrierte am Morgen in der Grabeskirche in Jerusalem die traditionelle Ostermesse. Die Feiern wurden überschattet von Konfrontationen auf dem Tempelberg in Jerusalems Altstadt, die Spannungen nach einer Terrorwelle weiter verschärften.
Erstmals seit drei Jahren konnten wieder Touristen und Pilger zu Ostern ins Heilige Land einreisen. Wegen der Corona-Pandemie hatte Israel seine Grenzen für Besucher geschlossen. Erst seit März ist die Einreise für ungeimpfte Touristen wieder erlaubt. Das israelische Tourismusministerium hatte sich für die Woche von Ostern, des jüdischen Pessachfests und des muslimischen Ramadan auf rund 30’000 Touristen eingestellt.
Konfrontationen auf Tempelberg, Busse in Altstadt mit Steinen beworfen
Auf dem Tempelberg in Jerusalem ist es am Sonntag erneut zu Konfrontationen gekommen. Vor geplanten Besuchen von Juden auf der heiligen Stätte hätten hunderte junger Muslime mit Steinen und Eisenstangen Hindernisse errichtet, um den Zugang zu blockieren, teilte die israelische Polizei mit. Nach Medienberichten kam es daraufhin zu Auseinandersetzungen zwischen Polizeikräften und Palästinensern auf der Anlage, mehrere Muslime seien dabei verletzt worden.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Die Juden begehen gegenwärtig das Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem. Der Tempelberg ist nur wenige Gehminuten von der Grabeskirche entfernt, wo Christen am Sonntagmorgen die Ostermesse zelebrierten.
Palästinenser bewarfen am Sonntagmorgen Busse auf dem Weg zur Jerusalemer Altstadt mit Steinen, nach Polizeiangaben wurden mehrere Insassen verletzt. Zwei Tatverdächtige seien festgenommen worden.
Al-Aksa-Moschee als «rote Linie»
Die im Gazastreifen herrschende islamistische Organisation Hamas teilte am Sonntag mit: «Die Al-Aksa-Moschee ist eine rote Linie, und die (israelische) Besatzungsmacht trägt die Verantwortung für den Angriff auf Gläubige und dafür, dass es Siedlern erlaubt, die Anlage zu entweihen.»
Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.
Bereits am Freitag hatte es auf dem Tempelberg bei Zusammenstössen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften zahlreiche Verletzte gegeben. Die Auseinandersetzungen verschärften die Spannungen nach einer Terrorwelle in den vergangenen Wochen weiter.
«Wir sollen uns nicht in unseren Ängsten verschliessen»
Pizzaballa erinnerte in seiner Osterbotschaft «an all die Situationen von Tod, die uns umgeben». Er sprach von «den schrecklichen Umständen, unter denen viele Menschen auf der Welt leben, sei es im Heiligen Land, in der Ukraine, im Jemen, in einigen Ländern Afrikas und Asiens». Er erinnerte auch an die tragischen Verluste durch die Corona-Pandemie.
Die Auferstehung Jesu bedeute dagegen «die Verkündung einer neuen Freude». Der Erzbischof forderte: «Wir sollen uns nicht zurückziehen oder uns in unseren Ängsten verschliessen.» Man dürfe den Tod nicht fürchten, weil dies dem Glauben an die Wiederauferstehung widersprechen würde, sagte er.
Die Grabeskirche in Jerusalems Altstadt steht an dem Ort, an dem Jesus der christlichen Überlieferung nach gestorben und wieder auferstanden ist. Sie gilt als heiligster Ort des Christentums und als ein Zentrum christlicher Osterfeiern. Christen sind in Israel eine sehr kleine Minderheit, sie machen nur rund zwei Prozent der 9,4 Millionen Bürger aus.
SDA/oli
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