Kommentar zur RegierungskriseEine Welt voller Lug und Betrug
Der niederländische Premier Mark Rutte kann sich nach dem Lügen-Skandal zwar vorerst im Amt halten. Doch einen grossen Teil seines politischen Kapitals hat er verspielt.
So etwas soll vorkommen in der Politik, und erst recht bei der Regierungsbildung: Da werden geheime Absprachen gemacht, Pöstchen vorab verteilt, und ja, manchmal versucht man eben auch, bei der Gelegenheit einen notorischen Störenfried in die Wüste zu schicken.
Es ist nur so: Man sollte sich dabei nicht erwischen lassen. Und wenn man doch erwischt wird, sollte man es nicht leugnen. Und auf gar keinen Fall sollte man das Parlament und die Öffentlichkeit kalt lächelnd belügen. Genau so aber ist es nun den Niederlanden geschehen. Ob Mark Rutte nun bewusst gelogen oder wegen «falscher Erinnerung» die Unwahrheit gesagt hat: Der amtierende und eben erst wiedergewählte Premier ist durch sein vollkommen unglaubwürdiges Verhalten in der «Omtzigt-Affäre» von einem Tag auf den anderen eines grossen Teils seines politischen Kapitals verlustig gegangen. Vermutlich wird es noch eine Weile dauern, bis er selbst einsieht, dass er nicht Regierungschef bleiben kann.
Ausser für ihn persönlich wäre das nicht weiter schlimm. Leider hat der Rechtsliberale aber auch dem ganzen niederländischen Politikbetrieb einen kaum wiedergutzumachenden Schaden zugefügt. Der Vertrauensverlust, den dieser Skandal und seine Nicht-Aufarbeitung bei den in diesen Krisenzeiten ohnehin verunsicherten und misstrauischen Bürgern bewirkt, ist kaum zu überschätzen. Ein Zufallsfoto hat, was sonst hinter den Kulissen abläuft, auf die Bühne gezerrt. Zu besichtigen ist, was oft vermutet, aber selten so gnadenlos deutlich dokumentiert wird: eine Welt voll Lug und Betrug.
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