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Netanyahus Kabinett
Eine Regierung de luxe für Israel

36 Minister und 16 Vizeminister: Benjamin Netanyahu und seine Mitarbeiter auf dem Weg zur Knesset, dem israelischen Parlament.
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Es hat mehr als 18 Monate und drei Wahlen gedauert, ehe in Israel Mitte Mai wieder eine neue Regierung vereidigt werden konnte – die grösste in der Geschichte des Landes und wohl auch die teuerste: 36 Minister und 16 Vizeminister für ein Land mit neun Millionen Einwohnern. Benjamin Netanyahu hat vielen vieles versprochen, um eine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident zu schaffen. Es galt, die Ansprüche seines Likud, der blau-weissen Partei seines früheren Rivalen Benny Gantz, der Arbeitspartei und von zwei Abgeordneten anderer Parteien zu berücksichtigen.

Beim Zuschnitt der Ressorts zeigte sich Netanyahu kreativ: So gibt es ein Ministerium für soziale Gleichheit neben dem Ministerium für Wohlfahrt, ein Ministerium für die Entwicklung der Gemeinden neben dem Ministerium für die Peripherie. Ein Minister ist für Bildung zuständig, ein anderer für Hochschulbildung. So kursiert auf Hebräisch bereits ein Witz, wonach man doch auch das Religionsministerium zweiteilen könnte: gemäss den Koscher-Regeln in eine Zuständigkeit für milchige und eine für fleischige Speisen.

Neue Titel und eine motorisierte Eskorte

Der Minister für höhere Bildung, Zeev Elkin, bekam auch noch die fachlich nicht gerade naheliegende Zuständigkeit für Wasserressourcen – und beansprucht deshalb zwei Generaldirektoren: einen für Wasser, einen für höhere Bildung. Insgesamt elf neue Ministerien wurden geschaffen, wobei für ein neues Ministerium zur Stärkung und Entwicklung der Kommunen erst ein Gesetz beschlossen werden muss. Alle diese Ministerien brauchen auch neue Mitarbeiter – rund dreihundert zusätzliche Stellen.

Ausserdem wurde der Titel des «alternierenden Ministerpräsidenten» eingeführt, den in den ersten eineinhalb Jahren der vereinbarten Amtszeit Benny Gantz trägt. Dann soll er laut Koalitionsvertrag im November 2021 Netanyahu als Regierungschef ablösen. Mit dem Titel «Ministerpräsident» sind auch Ansprüche verbunden wie eine motorisierte Eskorte, eine Oberklasselimousine und besondere Sicherheitsvorkehrungen. Das kostet umgerechnet mindestens fünf Millionen Franken.

Wie viel das Aufblähen der Regierung den Steuerzahler kostet, darüber gehen die Einschätzungen auseinander. Während Regierungschef Netanyahu von 33 Millionen Franken ausgeht, beziffert der Oppositionsführer in der Knesset, Jair Lapid, den Mehrbedarf auf 136 Millionen Franken pro Jahr. Die Opposition kritisiert auch den Zeitpunkt: «Mitten in der Corona-Krise braucht die Regierung sogar noch mehr Geld», empört sich Lapid.

Sparen im Gesundheitswesen

Netanyahu verordnete gleich in der zweiten Kabinettssitzung am vergangenen Sonntag, in der der Neuzuschnitt der Ministerien einstimmig gebilligt wurde, ein Sparprogramm: 1,5 Prozent der Ausgaben soll jedes Ministerium einsparen – auch das Gesundheits- und Sozialministerium ist trotz der Corona-Krise betroffen. Einzig Aussenminister Gabi Ashkenazi wehrte sich und bekam weniger strenge Vorgaben.

Weil derzeit rund ein Drittel der 120 Abgeordneten auch gleichzeitig als Minister oder Vizeminister in der Regierung sitzen, wurde ein Gesetz auf den Weg gebracht, das das Nachrücken von Politikern, die weiter hinten auf einem Listenplatz bei der Wahl am 2. März kandidiert hatten, ermöglicht. Die Nachrücker kosten auch Geld: weitere fünf Millionen Franken.

Die blau-weisse Partei von Gantz wird sogar Probleme haben, überhaupt noch Nachrücker zu finden. Denn nach der Abspaltung der früheren Bündnispartner wie Lapid blieben nur 15 Abgeordnete – und für die neue Regierung konnte Blau-Weiss 12 Minister nominieren.