Positiver Effekt in SchwedenEine finanzielle Belohnung führt zu mehr Impfungen
Etliche Kantone sind gegen die geplanten 50-Franken-Gutscheine – doch eine internationale Studie mit Schweizer Beteiligung zeigt: Schon mit einem bescheidenen finanziellen Anreiz lässt sich die Impfquote erhöhen.
Der Plan des Bundesrats sorgt für rote Köpfe: Er will Personen mit einem 50-Franken-Gutschein belohnen, die andere von der Impfung überzeugen. Mit dem Anreiz soll die Impfquote in der Schweiz erhöht werden. Zahlreiche Kantone halten jedoch nichts von dieser Idee. Appenzell Innerrhoden, Aargau, Bern, Freiburg, Glarus, Luzern, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Waadt und Zürich fordern eine Anpassung der nationalen Offensive.
«Eine Impfung betrifft die körperliche Integrität, davon soll keine andere Person profitieren», schrieb der Zürcher Regierungsrat in einer Stellungnahme. Auch sei zu befürchten, dass eine solche Massnahme die Spaltungstendenzen in der Gesellschaft erhöhe. Die Glarner Kantonsregierung bezeichnete eine Geldzahlung für einen Akt der Solidarität als «unschweizerisch». Die Aargauer Regierung kritisierte den administrativen Aufwand, der durch die Gutscheine entstünde.
Doch jetzt zeigt eine internationale Studie mit Beteiligung von Schweizer Hochschulen, dass sich der Aufwand sehr wohl lohnen könnte.
21 Franken reichten in Schweden schon
Für die Arbeit, die in der Fachzeitschrift «Science» erschienen ist, hat ein Forschungsteam einen gross angelegten Versuch in Schweden durchgeführt. Rund 8300 Personen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren wurden nach ihren Impfabsichten befragt und in Gruppen eingeteilt. Den Mitgliedern einer Gruppe wurde eine Prämie von 21 Franken (200 schwedische Kronen) in Aussicht gestellt, wenn sie sich innerhalb eines Monats impfen liessen.
Das Forschungsteam stellte fest, dass eine solche Belohnung nicht nur die erklärte Impfabsicht erhöht, sondern tatsächlich auch zu mehr Impfungen führt. Dies zeigte sich unabhängig von Geschlecht, Einkommen und Alter der Teilnehmenden. Die Impfquote im Versuch erhöhte sich so um 4 Prozentpunkte von 72 Prozent auf 76 Prozent.
«Unsere Studie zeigt, dass finanzielle Anreize die Impfrate erhöhen können, selbst wenn diese bereits hoch ist», sagt der Verhaltensökonom Armando Meier, der an den Universitäten Basel und Lausanne tätig ist. Vor allem Unentschlossene, die keine ausgeprägte Meinung zur Impfung hätten, liessen sich so überzeugen.
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In Schweden ging die Zahl der täglich verabreichten Impfdosen jüngst wieder hoch. In der Schweiz zeigt die Kurve seit drei Wochen nach unten. Momentan werden in beiden Ländern etwa gleich viele Dosen pro 100 Einwohner verabreicht. Bald dürfte Schweden die Schweiz aber beim Impftempo überholen, wenn sich die Entwicklung der beiden Kurven fortsetzt.
«Die Gutscheine in der Schweiz könnten ebenfalls einen Effekt auf Unentschlossene haben.»
Oder kann die Schweiz mit den geplanten 50-Franken-Gutscheinen das Ruder herumreissen? «Es ist möglich, dass sie ebenfalls einen Effekt auf Unentschlossene haben», sagt Meier. Ob dieser kleiner oder grösser als in Schweden ausfalle, sei aber schwierig zu prognostizieren. Für Ersteres könnte sprechen, dass das Geld hierzulande nicht an die geimpfte Person direkt fliesst, sondern an die Vermittlerin beziehungsweise den Vermittler. Das ist weniger attraktiv. Weil der Betrag höher ausfällt als in Schweden, könnte der Anreiz aber auch grösser sein.
Die Studie zeigt ja, dass sich schon bescheidene monetäre Anreize positiv auf die Impfquote auswirken können. «Die Ergebnisse relativieren die Befürchtung, dass finanzielle Belohnungen kontraproduktiv wirken und Unentschlossene von der Impfung abhalten könnten, indem sie etwa Misstrauen schürten», sagt Mitautor Florian Schneider von der Universität Zürich.
«Nudges» zeigen kaum Wirkung
Weniger erfolgreich waren hingegen andere Anregungen, mit denen die Forscher versuchten, das Verhalten der Teilnehmenden zu beeinflussen. Dazu gehörte zum Beispiel die Aufforderung, Personen aus dem eigenen Umfeld zu nennen, welche die Teilnehmenden mit einer Impfung schützen könnten. Solche sogenannten Nudges erhöhten zwar kurzfristig die Absicht, sich impfen zu lassen. Sie führten aber genauso wie Ermahnungen und Erinnerungen am Ende nicht zu mehr Impfungen.
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