Reaktionen auf Entscheid des BundesratsGewerbeverband fordert Ausstiegsszenario, Gastrosuisse befürchtet Umsatzrückgang
Tests werden kostenpflichtig, die Impfquote soll erhöht werden: Die neusten Entscheide des Bundesrats stossen nicht überall auf Zustimmung.
Obwohl der Bundesrat beim Ende der Coronavirus-Gratistests nur teilweise ihren Anregungen gefolgt ist, sind die kantonalen Gesundheitsdirektoren zufrieden mit dem Entscheid. Für sie ist klar: Impfen ist nachhaltiger, billiger und einfacher als Testen. Auch die Bevölkerungsmehrheit teile die Meinung, dass die Allgemeinheit nicht für Testkosten Ungeimpfter aufkommen müsse.
Eigentlich hätten sich mehrere Kantone für die Übernahme der Kosten von Tests für Jugendliche und junge Erwachsene ausgesprochen, teilte die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) am Mittwoch mit. Wichtig sei ihr, dass die Tests von Personen mit Symptomen weiterhin vom Bund bezahlt werden.
Die Kantone unternehmen der GDK zufolge viel für niederschwellige Impfangebote. In mehr als der Hälfte von ihnen sind mobile Impfequipen unterwegs. Allerdings gab es nach einem Anstieg Anfang September bereits wieder einen Nachfragerückgang.
Mit Blick auf die kalte Jahreszeit und die nach wie vor angespannte Lage auf den Intensivstationen bildet die Impfoffensive des Bundes ein deutliches Signal, dass es noch einmal Anstrengungen für eine höhere Impfbereitschaft brauche, schrieb die GDK weiter.
Von der zentralen elektronischen Anmeldestelle für mit einem europäisch zugelassenen Mittel geimpfte Personen erhofft sich die Konferenz eine Entlastung.
FDP: Unkosten von 150 Millionen Franken
Die FDP begrüsst die vom Bundesrat angekündigte Impfoffensive zwar. Sie bedauert aber, dass das Bundesamt für Gesundheit von Beginn weg keine saubere Strategie hatte. Das koste nun «leider» 150 Millionen Franken, teilte die Partei am Mittwoch mit.
Die Impfung ist gemäss den Freisinnigen der einzige Weg in die Freiheit. Dank dem Vektorimpfstoff hätten nun auch Zögerer keinen Grund mehr, auf die Impfung zu verzichten. Von der Belohnung für die Überzeugung von Zögernden hält die Partei allerdings nichts. Das sei nicht nur demagogisch, sondern auch kaum kontrollierbar und könnte kontraproduktiv wirken.
Positiv wertet die FDP die geplanten neuen Impfmobile und die Impfberaterinnen und -berater. Für die Schweiz sei die Impfverweigerung eines grossen Teils der Bevölkerung ein Armutszeugnis.
SGV: Impfoffensive holt «längst fällige Versäumnisse» nach
Für den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) holt der Bundesrat mit der Impfoffensive «längst fällige Versäumnisse» nach. Lange Zeit sei die Impfstrategie zögerlich und wenig zielführend gewesen. Mit der Erweiterung der Zertifikatspflicht und der Abschaffung der Gratistests schaffe der Bundesrat faktisch einen Impfzwang.
Einen solchen Zwang lehnt der SGV aber ab, wie er am Mittwoch mitteilte. Die Landesregierung sei nun aufgefordert, ein verbindliches Ausstiegsszenario aus den Massnahmen aufzuzeigen und die besondere Lage aufzuheben.
Wegfall der Gratistests belastet Gastronomie zusätzlich
Die Kostenpflicht für die Corona-Tests Ungeimpfter belastet das Gastgewerbe zusätzlich. Bereits seit der Ausweitung der Zertifikatspflicht leide die Branche unter Umsatzrückgängen von 20 Prozent, schrieb der Verband Gastrosuisse in einer Reaktion auf den Bundesratsentscheid vom Freitag.
In ländlichen Gebieten seien die Umsätze sogar noch stärker gesunken, teilte der Verband gestützt auf eine Studie über Zahlungen per Kreditkarte im Essensservice mit.
Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer liess sich mit den Worten zitieren, der Verband erhalte laufend Zuschriften von Mitgliedern, die sich über Stornierungen wegen der Zertifikatspflicht beklagen würden. Die Kostenpflicht werde die Situation noch einmal verschärfen. Niemand lasse sich für einen Restaurantbesuch testen und schon gar nicht, wenn der Test bezahlt werden müsse.
Sozialpartner begrüssen Zertifikat für repetitive Tests
Der Gewerkschafts-Dachverband Travail.Suisse hat sich zwar für eine Verlängerung der Gratistests eingesetzt. Am Mittwoch begrüsste er immerhin, dass neu bei repetitiven Corona-Tests das Covid-Zertifikat ausgestellt wird. Damit sei eine wichtige Forderung erfüllt. Auch die Arbeitgeber sind mit dieser Lösung zufrieden.
Die bisherige Impfkampagne des Bundes sei zu wenig effektiv gewesen, teilte Travail.Suisse am Freitag mit. Deshalb habe der Verband die neue Offensive voll unterstützt. Impfungen böten den einzigen Ausweg aus der Pandemie. An den Arbeitgebern sei es, den Arbeitnehmerinnen und -nehmern die Impfung während der Arbeitszeit zu ermöglichen.
Der Schweizerische Arbeitgeberverband begrüsste, dass der Bund die Kosten für repetitive Tests am Arbeitsplatz und für das Zertifikat übernimmt. Bisher trugen die Unternehmen die Kosten.
Wichtig ist für die Arbeitgeber zudem die Verlängerung für das summarische Abrechnungsverfahren bei der Kurzarbeit bis Ende Jahr. Das entlaste die Unternehmen und trage zur Erholung bei.
SDA/aru
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