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Meinung

Kommentar zum Sport in Japan
Eine Debatte, die Japan führen muss

2020 wurden sie verschoben, jetzt will Japan die Sommerspiele 2021 auf jeden Fall austragen.
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Es herrscht eine gewisse Aufregung im olympischen Gastgeberland Japan. In den sozialen Medien beschweren sich viele über den amerikanischen Sportartikelhersteller Nike, weil dieser Vorurteile schüre. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert einen Internetkommentar mit der empörten Frage: «Macht es Spass, Japan zu beschuldigen?» Es gibt Aufrufe zum Boykott. Der Asienexperte Steve McGinnes sagt in der BBC: «Sie rücken ein Thema ins Rampenlicht, von dem viele meinen, dass es für Gäste tabu sein sollte. Für Nike ist das ein riesiges Eigentor.»

Was ist passiert? Hat Nike Japans Sushi-Küche verrissen? Oder den Tragekomfort traditioneller Kimonos beklagt? Nein. Die Firma hat im Rahmen ihrer aktuellen Kampagne gegen Diskriminierung einen Werbefilm für den japanischen Markt herausgebracht.

Der Vorgang zeigt, dass auch im 21. Jahrhundert noch nicht selbstverständlich ist, was schon immer hätte selbstverständlich sein müssen.

Man staunt, man schluckt. Der Vorgang zeigt, dass auch im 21. Jahrhundert noch nicht selbstverständlich ist, was schon immer hätte selbstverständlich sein müssen. Das Filmchen ist nämlich alles andere als ein Angriff. Für Verfechter universeller Menschenrechte ist es im Grunde sogar banal. Es erzählt von Schulmädchen gemischter Herkunft, die Ausgrenzung im japanischen Alltag beim Fussball überwinden. Sport zeigt, dass Hautfarbe und Herkunft nicht wichtig sind – darum geht es. Jeder müsste die Botschaft teilen, sie gilt überall, in Amerika, der Schweiz, Vanuatu. Auch in Japan. Warum sollte das Thema für Gäste tabu sein? Es darf nie tabu sein.

Die rechtsradikale Unterwanderung der Gesellschaft verläuft lautlos.

In Wahrheit ist es gerade in einem Land wie Japan wichtig, das Bewusstsein für gesellschaftliche Ungleichheiten wachzuhalten. Der Inselstaat hat in den vergangenen Jahren einen Rechtsruck erlebt. Die Mehrheitspartei LDP lebt von den Stimmen nationalistischer Kräfte. Der Ausländeranteil ist niedrig, Flüchtlingshilfe leistet Japan kaum. Die rechtsradikale Unterwanderung der Gesellschaft verläuft lautlos und für die fleissigen Normalmenschen im Land fast unbemerkt. Vermutlich entsteht in den sozialen Medien auch deshalb der Eindruck, in Japan sehe man einen Werbespot mit sozialkritischem Inhalt als Affront.

Natürlich, niemand darf rücksichtslos den japanischen Stolz missachten. Dass jeder Japaner ein Rassist sei, ist Quatsch, das Nike-Video hat schliesslich auch viele Likes bekommen. Aber wahr ist schon, dass es praktisch keine tieferen Debatten über den Schutz persönlicher Rechte und den Wert der Vielfalt gibt. Sie zu führen, ist wichtig für jedes Land. Globale Wirtschaftsunternehmen haben hier sogar eine Verantwortung. Insofern sollten die Japaner nicht meckern über den Nike-Film, sondern dessen Thema ernst nehmen. Die Diskriminierung von Minderheiten ist nun mal Realität, auch wenn man selbst nicht so viel davon mitbekommt.