Kolumne «Miniatur des Alltags»Ein Zug ist auch nur ein Computer
Neustarts können Probleme lösen. Das gilt nicht nur für den Laptop, sondern auch für heutige Züge.
Wir hatten es uns gerade sehr gemütlich auf unseren Sitzen eingerichtet. Die Strecke Zürich–Mailand ist zwar dank Gotthardtunnel in kürzerer Zeit zu bewältigen als früher, aber dreieinviertel Stunden Zugfahrt verlangen etwas Komfort. Zumal unsere Reise in Mailand nicht zu Ende war, sondern nach Rom führen würde. Pünktlich ging es los. Wir lehnten uns zufrieden in die Sitze und begannen zu lesen und zu dösen.
Doch irgendwie schlich sich etwas Unangenehmes in unser Bewusstsein. Statt gemütlich war es sehr ungemütlich im modernen SBB-Zug: Es war kalt wie in einem Kühlschrank. Ein Blick auf die anderen Zugpassagiere bestätigte das Empfinden: Alle hatten nach wie vor ihre Jacken und Mäntel und Schals an. Der Blick aus dem Fenster zeigte ebenfalls, dass etwas nicht stimmte. Längst waren in der Stadt Zug alle Passagiere ein- oder ausgestiegen, doch wir standen immer noch auf dem Gleis.
Die kurz darauf folgende Durchsage brachte eine Erklärung: In unserem Zug gebe es ein Problem mit der Stromversorgung, deshalb sei es auch so kalt. Der Lokführer werde nun den Zug neu starten. Die ganze Stromversorgung sei deshalb kurzfristig weg. Und schon wurde der Bildschirm schwarz und die Lichter gingen aus. Einige Zeit später ertönte das erlösende Geräusch der hochfahrenden Elektronik. Das Resetten des Zuges sei erfolgreich gewesen. Züge sind eben auch nur Computer.
Kein Problem, solange der Neustart nicht im Gotthardtunnel erfolgen muss, scherzte ich zu den Passagieren neben uns. Das sei alles schon vorgekommen, entgegnete mir mein Gegenüber. Er sei bei den SBB angestellt und kenne die Neustarts der Züge, «Daily Business», sagte er grinsend. Ich fröstelte bei der Vorstellung. Zum Glück ging die Stromversorgung nun wieder und es wurde wärmer in unserem Abteil.
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