Mit Schweizern im FokusEin negativer Tour-Tag der positiven Art
Die flachste Etappe bringt wenig Chaos – dafür muss der Tour-Direktor in Quarantäne. Und die Schweizer Stefan Küng und Michael Schär zeigen sich von der kämpferischen Seite.
Der Wind kann an der Atlantikküste ganz fies blasen. Sie hätten das zwar nie zugegeben, aber darauf hofften die Tour-Organisatoren, als sie die 10. Etappe geplant hatten, fast durchwegs entlang der Küste Südwestfrankreichs. Seitenwinde sollten das Peloton durcheinanderwirbeln, besonders die leichtgewichtigen Bergfahrer vor Probleme stellen. Nur: Der Wind war den Fahrern nach ihrem Ruhetag wohlgesinnt, sodass der grösste Wirbel des Tages mit dem Start der Etappe bereits vorüber war.
Am Ruhetag am Montag waren alle 22 Equipen zum ersten Mal seit den Tests vor dem Rennen auf Covid-19 untersucht worden. Die Resultate wurden bis kurz vor dem Start unter Verschluss gehalten. Zugleich wurde den Teams untersagt, Statements zu den Tests zu veröffentlichen. Tour-Organisator ASO und der Rad-Weltverband UCI behielten sich das für sich vor.
Toto auf dem Busparkplatz
So wurde die Stunde vor dem Start für die Anwesenden zum Toto-Spiel: Jede Equipe, die im Startgelände eintraf, wurde von der Liste gestrichen. Doch am Ende gab es keinen Verlierer – alle 22 Busse standen bereit. Dass kein Fahrer positiv getestet worden war, sickerte wenig später durch. Ganz von Corona verschont blieb die Tour aber nicht: Bei den Teams Ineos-Grenadiers, AG2R, Michelton-Scott und Cofidis wurde je ein Teamhelfer positiv getestet – und sogleich unter Quarantäne gestellt. Die verbliebenen Mitglieder der vier Equipen haben nun eine noch nervösere Woche als sonst schon vor sich: Gäbe es am zweiten Ruhetag einen weiteren positiven Test in ihren Reihen, würde das den Rennausschluss fürs ganze Team bedeuten.
Anders ist die Situation beim prominentesten positiven Fall: Dieser betrifft Tour-Direktor Christian Prudhomme. Er begab sich deshalb ebenfalls in Quarantäne, behielt sich aber vor, in einer Woche zurückzukehren – negativer Test vorausgesetzt.
Schweizer Duo ohne Chance
Die Etappe nach Île de Ré wurde zu einer rasanten Angelegenheit: Mit fast 47 km/h absolvierten die Fahrer die 168 Kilometer. Da überraschte es auch kaum, dass die einzigen Ausreisser des Tages chancenlos blieben, egal wie hochtourig sie auch fuhren: Die beiden Schweizer Rouleure Stefan Küng und Michael Schär wurden nach rund 70 Kilometer Vorausfahrt wieder gestellt. Küng wurde dafür zumindest als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet – Schär war bereits auf der Startetappe geehrt worden.
Die Gesamtklassementsfahrer kamen geschmeidig durch die nervöse Etappe. Mit zwei Ausnahmen: Der Gesamtdritte Guillaume Martin klagte nach einem Sturz über Schmerzen im Rücken. Bei Tadej Pogacar, dem formstärksten Fahrer in den Pyrenäen, war nach einem Fall zwar das Trikot zerschlissen, der Slowene gab im Ziel jedoch an, sich dabei nicht weiter weh getan zu haben.
Der Tagessieg ging in einem überraschend geordneten Massensprint an Sam Bennett. Zuvor war der Ire mehrfach knapp bezwungen worden. Doch dieses Mal stimmte bei ihm das Timing, sodass er seine erste Tour-Etappe gewann.
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