Rezeptsammlung im TestEin Kochbuch, das zu Tränen rührt
Ella Risbrigder hat das fast Unmögliche geschafft: Die Engländerin liefert emotionalen Lesestoff – und wunderbare Rezepte. Es erscheint am 22. September.
Fälschlicherweise haben wir dieses Buch schon vor ein paar Wochen vorgestellt – jetzt erst kommt es in den Handel:
Worum geht es?
Ella Risbridger, gerade erst 21 geworden, wird von Depressionen geplagt. So heftig, dass sie sich an einem verregneten Tag in der Londoner Innenstadt vor den Bus werfen will. Glücklicherweise gelingt ihr der Suizid nicht, sondern sie geht nach Hause – und bereitet für sich und den «grossen Mann» einen Pie zu… Kochen wird danach zu ihrer Therapieform. Es hilft ihr auf die Beine, zeigt ihr, wofür es sich zu leben lohnt. Das klingt vielleicht kitschig, ist aber vor allem herzerwärmend. Und die rund achtzig Rezepte (in denen sie die Leserschaft kollegial mit Du anspricht) schreien geradezu danach, nachgekocht zu werden.
Wer steckt dahinter
Ella Risbridger wurde in der «New York Times» als junge Frau beschrieben, «die Bücher, Familie und Freunde liebt. Als Frau, mit der man abendessen oder, noch besser, kochen möchte». Diese Beschreibung von Nora Krug, weiss man nach der Lektüre, trifft den Nagel auf den Kopf.
Typische Passage aus dem Vorwort
«Dieses Buch beruht auf drei Grundregeln, und ich empfehle dir, sie dir einzuprägen und stets grosszügig zu beherzigen. Erstens: Salz dein Pastawasser. Zweitens: Nimm im Zweifelsfall Butter. Drittens: Mach einfach weiter.»
Nachgekocht haben wir...
…«trashige Ingwerbier-Hähnchenschenkel». Sie waren so köstlich, dass man sie tatsächlich am besten isst, wie von der Autorin empfohlen: nur «mit einem ganz frischen grünen Salat und eventuell einem Stück Brot, um die Reste von den Tellern aufzutunken».
Die Schenkel kommen erst in eine Marinade aus Ingwerbier, Sojasauce, Chiliflocken, Misopaste, Ingwer und Knoblauch, bevor sie im Ofen landen. Mehrfach mit der Mischung übergossen und rechtzeitig gewendet, werden die Pouletstücke aussen knusprig, innen saftig und aromatisch zugleich.
Bebilderung
Es gibt keine Foodfotos in «Die Geschichte beginnt mit einem Huhn», und sie würden auch nicht passen. Die sehr farbenfrohen Illustrationen von Elisa Cunningham sind anregend genug.
Was fehlt im Buch?
Wer wie Ella Risbridger eine so ausführliche, ja perfekte Liste liefert, was alles in den Vorratsschrank eines 2-Personen-Haushalts gehört, vergisst nichts, oder? Nun gut, vielleicht hätte man den Zeitaufwand für die einzelnen Gerichte nennen können.
Für wen ist es geeignet?
Es ist ein Buch geworden für Menschen, die sich Zeit nehmen – um zu lesen, zu kochen, zu geniessen. Und es sei all denjenigen empfohlen, die Geschichten mögen, die ans Herz gehen. Sie werden eine Träne verdrücken müssen, wenn sie am Ende in den Dankesworten der Autorin lesen, dass der «grosse Mann», der mehrfach in den Rezepten und Storys vorkommt, das Erscheinen des Buchs leider nicht mehr erleben durfte.
Ella Risbridger: «Die Geschichte beginnt mit einem Huhn – Rezepte, für die es sich zu leben lohnt», Callway-Verlag, München 2020. 288 S., ca. 38 Fr.
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