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Analyse zu den Atomgesprächen
Ein israelischer Militärschlag wäre verheerend

Für Israel eine Bedrohung: Atomanlage in Arak, Iran. 
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Im vornehmen Wiener Palais Coburg verhandeln die Delegationen seit dieser Woche wieder über ein Atomabkommen mit dem Iran. Das Kontrastprogramm zu den nach aussen hin weitgehend geräuschlosen Gesprächen kommt aus Israel: Auf allen Kanälen und von allen politischen Protagonistinnen und Protagonisten wird die unter Naivitätsverdacht gestellte Welt davor gewarnt, vor dem Teheraner Nuklearprogramm zu kapitulieren. Und diese Warnung geht einher mit einer massiven Drohung: Israel werde sich an kein Abkommen gebunden fühlen und behalte sich das Recht auf eigenes Eingreifen vor.

Mit solcher Fundamentalopposition hat Israel nicht nur sich selbst, sondern auch die gesamte Welt in eine heikle Lage manövriert. Denn wenn man – aus sehr guten Gründen – keine iranische Atombombe will, aber auch keinen Vertrag, der den Weg dorthin versperrt, was will man dann? Das iranische Regime mit noch mehr Sanktionsdruck und noch mehr Drohungen in die Knie zwingen?

«Der Iran ist der Bombe heute sehr viel näher als vor drei Jahren.»

Das hat sich längst als aussichtslos erwiesen. Denn genau dies hatte der frühere US-Präsident Donald Trump bezweckt, als er auf Einflüsterung seines israelischen Alter Ego Benjamin Netanyahu 2018 das bestehende Atomabkommen mit dem Iran aufkündigte. Dieses Manöver ist auf die gefährlichste Art gescheitert. Der Iran ist der Bombe heute sehr viel näher als vor drei Jahren.

Unter dem Strich bleibt daher in der israelischen Logik nicht viel mehr als ein Militäreinsatz. Die Führung in Jerusalem verbreitet längst, dass dafür kräftig aufgerüstet und eifrig trainiert werde – und das sollte niemand für blosse Rhetorik halten.

Gewiss schwingt da die alte Pausenplatz-Taktik mit: Wer besonders laut «Haltet mich zurück, sonst schlag ich zu!» ruft, der will den starken Mann markieren, ohne Gefahr zu laufen, sich eine blutige Nase zu holen. Doch am Ende könnte sich Israel zum Handeln gezwungen sehen. Denn die Angst vor der iranischen Bombe ist eine existenzielle Angst, wurzelnd in historischer Erfahrung, angetrieben vom iranischen Gefauche über die Auslöschung des jüdischen Staats.

Zweimal schon hat Israel atomare Ambitionen zerstört

Zweimal schon hat Israels Luftwaffe die atomaren Ambitionen in der nahöstlichen Nachbarschaft zunichtegemacht: 1981 im Irak, 2007 in Syrien. Das waren wagemutige und höchst präzise Einsätze, auf die Israels Militär mit reichlich Stolz verweist. Doch dies kann bei weitem keine Vergleichsgrösse sein zu jener militärischen Mission, die nötig wäre, um die technisch weit fortgeschrittenen und geografisch weit verstreuten iranischen Atomanlagen in Schutt und Asche zu bomben.

Und natürlich würde ein solcher israelischer Angriff nicht ohne iranische Antwort bleiben können. Schon jetzt liefern sich die beiden Länder einen Kleinkrieg im Geheimen – mit Cyberattacken, Bombenanschlägen oder gezielten Exekutionen. Wenn das eskaliert, droht der gesamten Region ein Flächenbrand.

Bennett kann seine Strategie noch wechseln

Die Folgen eines israelischen militärischen Alleingangs wären also aller Voraussicht nach verheerend – für alle Beteiligten einschliesslich Israel. Die neue Regierung in Jerusalem unter Naftali Bennett ist noch frisch genug im Amt, um sich abzuwenden vom Kurs der Fundamentalopposition des Vorgängers Netanyahu. Israels Sicherheit ist weit mehr gedient, wenn das Land eine konstruktive Rolle an der Seite der USA einnimmt. Damit könnte sich Israel entweder Einfluss sichern, falls es zu einem neuen Atomabkommen kommt – oder es hätte einen starken Partner für Plan B.