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Extremer Preisrutsch
Ein Fass Erdöl ist billiger als ein Glas Bier

Wohin mit dem vielen Öl? Die Lager sind randvoll. Blick auf die Öltanks der Bayway-Raffinerie in Linden, New Jersey / USA.
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Werden nach den Zinssätzen nun auch die Ölpreise ins Negative drehen? Von einem solchen Szenario gehen die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs aus. Zwar wird davon nicht der gesamte Rohölmarkt betroffen sein, aber für gewisse Regionen in Nordamerika und Russland könnte dies bittere Realität werden. Ein negativer Ölpreis würde bedeuten: Der Betreiber einer Ölquelle bezahlt faktisch seine Abnehmer dafür, dass er die Ware loswird.

Gemäss einzelnen Medienberichten scheint das in Russland bereits der Fall zu sein. So seien Anfang dieser Woche die Liefer- und Frachtkosten einschliesslich Zöllen für Öl aus Westsibirien höher gewesen als der für die Lieferung erzielte Verkaufspreis in Europa. Die Preise für westsibirisches Rohöl dienen als Leitmarke für den gesamten russischen Markt.

Kanadisches Bier teurer als Öl

Hauptgrund für die Marktverwerfungen im Ölsektor sind die weltweit beschränkten Lagerkapazitäten. Sie werden im Moment gebraucht wie selten zuvor. Denn zum einen produzieren die Ölländer, vorab Saudiarabien und Russland, aus vollen Rohren, nachdem sich das Opec-Ölkartell und die Russen nicht auf eine Verlängerung der bis Ende März befristeten Förderlimiten verständigen konnten. Zum andern sinkt die Nachfrage in wichtigen Importländern drastisch – als Folge des wirtschaftlichen Stillstands im Zuge der Corona-Bekämpfung.

In Russland sind die Öllager offenbar schon randvoll. In Kanada, so erwarten die Goldman-Analysten, sei es eine Frage von Wochen, in den USA von wenigen Monaten, bis auch dort die Lagerkapazitäten ausgeschöpft sind. Die Ölsorte Western Canada Select, wenngleich von minderer Qualität, verzeichnete zu Wochenbeginn einen Preisrutsch bis auf 4, 18 Dollar je Barrel (159 Liter). Ein grosses Glas Bier einer besseren Sorte ist dort mittlerweile teurer.

Preisrutsch in der Schweiz

Bei diesen Verhältnissen wäre es naheliegend, Ölquellen zumindest vorübergehend stillzulegen. Doch davor schrecken die Betreiber zurück, weil die Einstellung und die spätere Wiederaufnahme der Produktion sehr kostspielig sind. Sie könnten deshalb einen negativen Ölpreis vorübergehend in Kauf nehmen, wenn eine Markterholung absehbar ist. In eine solche Notlage dürften laut Goldman Sachs vor allem Ölförderer geraten, die auf dem Festland tätig und weit von einem Meerhafen entfernt sind. Das gilt weder für die Produzenten im Mittleren Osten noch für jene in Europa.

Der Ölpreiseinbruch macht sich auch in der Schweiz bemerkbar: Erdölprodukte haben sich im März binnen Jahresfrist um 10,1 Prozent verbilligt, gegenüber dem Vormonat um 5,7 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik am Donnerstag bekannt gab.