Polestar O2Ein Concept Car für die Emanzipation
Mit einer weiteren Studie macht der junge Hersteller Polestar auf sich aufmerksam. Die nächsten Serienmodelle sind in der Pipeline.
Polestar hat einen steilen Weg hinter sich. Die Wurzeln des Elektroautoherstellers mit Sitz in Göteborg liegen im Rennsport: Polestar Racing war zunächst ein privates Rennteam und widmete sich als Nebenzweig der Performance-Steigerung von Volvo-Modellen. 2015 übernahm Volvo diese Sparte und baute daraufhin den nun hauseigenen Tuner mehr und mehr zur eigenständigen Marke aus. «Mit den Ressourcen von Volvo im Hintergrund wollen wir Polestar als Marke für unsere Hochleistungsfahrzeuge etablieren», sagte Volvo-Chef Håkan Samuelsson damals.
Bereits zwei Jahre später wurde das erste eigenständige Fahrzeug der Marke präsentiert. Der Polestar 1 sorgte mit seinem aufregenden Design und einem Plug-in-Hybridantrieb mit über 600 PS Leistung für Aufsehen – er war ein perfektes Leuchtturmprojekt, um die Marke weltweit bekannt zu machen. Schon damals war klar, dass Polestar künftig ausschliesslich Elektroautos bauen würde, was 2019 mit der Vorstellung des Polestar 2 untermauert wurde. Dieses Modell baut auf Volvo-Technik auf und verfügt auch sonst über viele Komponenten des Konzerns, genauso wie der kommende Polestar 3. Doch der junge Hersteller emanzipiert sich weiter.
Ein Vorgeschmack
Mit der 2020 vorgestellten Studie Precept zeigte die Marke nicht nur, wie eine künftige Sportlimousine à la Porsche Taycan aussehen könnte – das Concept Car basiert auch auf der ersten eigenen Plattform samt selbst entwickeltem E-Motor. Der Entscheid, dass man aus dieser Studie die Serienversion namens Polestar 5 bauen werde, folgte wenige Monate später. Und nun doppeln die Schweden mit einem weiteren Showcar nach. Der Polestar O2 verweist auf die sportlichen Wurzeln des Unternehmens. Das Hardtop-Cabriolet soll den offenen Sportwagen für das Elektrozeitalter neu definieren.
«Der O2 lässt das Ausmass unseres Potenzials erahnen und ist ein Vorgeschmack auf das, was wir mit den Talenten und der Technologie, die wir im eigenen Haus bündeln, entwerfen und entwickeln können», sagt Polestar-Chef Thomas Ingenlath. «Er sieht nicht nur unglaublich aus – die Möglichkeit, das Dach absenken zu können, ohne einen Motor zu hören, verspricht ein grossartiges Fahrerlebnis.» Ausserdem sei er ein klares Statement für die Marke: «Wir räumen mit dem Klischee auf, dass Sportwagen einen röhrenden Verbrennungsmotor haben müssen, und zeigen: Die Zukunft von luxuriösen, leistungsstarken Autos ist elektrisch.»
Effektiver im Recycling
Trotz junger Geschichte ist Polestar ein Musterbeispiel im Bereich Nachhaltigkeit. Im Innenraum des O2 wurde für sämtliche weichen Komponenten, also Schaum, Klebstoff, 3-D-Strickfasern und Vlieslaminierung, ein Monomaterial aus recyceltem Polyester verwendet. «Die Verwendung eines Monomaterials bringt grosse Vorteile im Recycling», erklärt Ingenlath. «Eines der Hauptprobleme für die Wiederverwertung sind gemischte Materialien, die auch noch zusammengeleimt wurden.» Das verursache Verunreinigungen und mindere die Qualität des zurückgewonnenen Grundmaterials. «Deshalb wurden im O2 die verbauten Materialien gekennzeichnet, auch die unterschiedlichen Aluminiumsorten des Chassis, sodass sie effektiver recycelt werden können.»
Doch Polestar will auch für Fahrspass stehen, und das soll die neue Studie genauso repräsentieren. «Wir wollten das Erlebnis, das man mit einem Fahrzeug wie dem O2 haben kann, auf neue und ungewöhnliche Weise zum Ausdruck bringen», erklärt Design-Chef Maximilian Missoni. Deshalb wurde hinter den Rücksitzen der Studie eine autonome Videodrohne auf einer speziellen Tragfläche ins Fahrzeug integriert. Sie soll dem Auto mit bis zu 90 km/h selbstständig hinterherfliegen können und die Fahrt dabei filmen. In eine Serienversion würde es ein solches Feature aber nicht schaffen.
Leistung en masse
Auch der Antrieb trägt viel zum Fahrspass bei, doch darüber schweigt sich das Unternehmen aus. Der kommende Polestar 5, der auf der gleichen Plattform aufbaut, soll vom selbst entwickelten Elektromotor mit dem internen Code P10 angetrieben werden, der deutlich stärker sein soll als der des Porsche Taycan. Polestars US-Chef Gregor Hembrough nannte gegenüber dem Portal «Green Car Reports» ein Leistungsziel von 475 kW (646 PS) – zusammen mit einem E-Motor an der Vorderachse könnte die allradgetriebene Topvariante des Polestar 5 auf eine Systemleistung von über 600 kW (816 PS) kommen, was vom Unternehmen aber nicht bestätigt wird.
Genügend Power für einen offenen Sportwagen – aber würde sich ein elektrisches Cabriolet überhaupt rechnen? «Wir reden hier nicht von einem Massenmarkt», sagt Thomas Ingenlath. «Aber es ist definitiv ein existierender Markt, und es gibt einige Hersteller, die in diesem Bereich sehr erfolgreich sind.» Also gibt es Chancen auf eine Serienversion? «Der O2 ist ein Concept Car, und ein Cabriolet ist in unserem Businessplan nicht berücksichtigt», macht der Polestar-Chef klar. Und fügt dann schmunzelnd hinzu: «Aber wer weiss – unser jetziger Businessplan geht ja nur bis 2025.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.