Kolumne «Dorfgeflüster»Ein Bikini im winterlichen Stäfa
In Stäfa findet man am Strassenrand ein Weihnachtsgeschenk, das nicht ganz zur Jahreszeit passt.
Die knallig-rosafarbene Papiertasche ist wohl allen ins Auge gestochen, die diese Woche an einem Wohnhaus an der Bergstrasse in Stäfa vorbeigekommen sind. An grauen, teils verschneiten, teils verregneten Wintertagen wie diesen ist sie ein richtiger Farbtupfer am Strassenrand. Und natürlich weckt sie auch die Neugier. Was macht diese Tüte auf einem Mäuerchen neben dem Trottoir? Hat hier jemand seine Weihnachtseinkäufe vergessen?
Wenn man den Zettel liest, der an die Tasche geheftet ist, erfährt man etwas anderes: In der Tasche befindet sich ein Bikini inklusive Strandkleid, frisch gewaschen und zu verschenken.
Man fragt sich natürlich, wieso eine Frau ausgerechnet zu dieser Jahreszeit einen Bikini vor die Haustür legt, um damit eine andere zu beglücken. Natürlich, bald ist Weihnachten. Doch beim aktuellen Wetter werden wohl nicht viele Lust verspüren, sich demnächst ins Badekleid zu stürzen.
Ganz offenbar hat sich hier also jemand in der Saison vertan. Etwa so wie einer, der mitten im Hochsommer seine Schlittschuhe verschenken will, weil er angesichts der heissen Temperaturen davon ausgeht, dass nie mehr ein Tümpel zufrieren wird.
Vielleicht aber hat sich die Schenkerin ja ähnliche Gedanken gemacht? Hat sie jetzt, da die Nächte am längsten und die Tage am dunkelsten sind, jede Hoffnung aufgegeben, jemals wieder einen Sonnenstrahl zu sehen? Oder gefallen ihr – umgekehrt – die Winterabende und die warmen Stunden vor dem heimeligen Cheminée so gut, dass sie keinen Bock mehr auf Sommer hat?
Falls es sich so verhält, könnte es sich lohnen, in ein paar Tagen nochmals an derselben Stelle vorbeizugehen: Womöglich liegt dann dort das zum Bikini dazugehörende Flugticket in die Malediven, für das die Besitzerin plötzlich auch keine Verwendung mehr sieht.
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