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Abstimmung über Gesundheitsfinanzierung
Lässt Efas die Prämien sinken oder steigen? Fakten im Zahlenstreit

Die Notaerztin und der Rettungssanitaeter und  Crewmitglied HEMS (HCM) der Rega1 bringen den Patienten auf einer Trage in die Notfallstation des Kantonsspitals St. Gallen, fotografiert am Samstag, 24. Februar 2024 in St. Gallen. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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In Kürze:
  • Die einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen (Efas) lässt laut Bund die Prämien in den meisten Kantonen sinken.
  • Gewerkschaften warnen aber vor Prämienerhöhung um 310 Millionen Franken in 17 Kantonen.
  • Efas könnte langfristig Einsparungen von 440 Millionen pro Jahr bewirken.
  • Der Selbstbehalt für stationäre Behandlungen erhöht sich erheblich.

Über die konkreten Auswirkungen der einheitlichen Finanzierung der Gesundheitsleistungen Efas streiten sich Gegner und Befürworter. Hier die wichtigsten Behauptungen auf dem Prüfstand:

Sinken die Prämien oder steigen sie?

Darüber ist ein Zahlenstreit entbrannt. Laut dem Bund sinken die Prämien. Die Gewerkschaften behaupten hingegen, dass mit der Einführung von Efas in 17 Kantonen, darunter Zürich, Bern, Basel und Luzern, die Prämien sofort um insgesamt rund 310 Millionen Franken steigen würden. Sie stützen ihre Behauptung darauf, dass der künftige Kantonsanteil von 26,9 Prozent an den Gesundheitskosten ein schweizerischer Durchschnittswert ist. 17 Kantone übernahmen in der Periode 2016 bis 2019, in der dieser Wert ermittelt wurde, einen höheren Anteil an den Gesundheitskosten. Reduzieren diese Kantone ihre Kostenbeteiligung auf den neuen gesetzlichen Wert, muss dies mit höheren Prämien kompensiert werden. Im Gegenzug kommt es in den anderen 9 Kantonen zu Prämiensenkungen. In diesen Kantonen lag der Kantonsanteil unter den 26,9 Prozent. Gesamtschweizerisch handelt es sich also um ein Nullsummenspiel, was diesen Aspekt betrifft.

Hinzu kommt nun aber ein anderer Effekt, den die Efas-Befürworter geltend machen und der überwiegt. Bis zur Einführung von Efas 2028 steigt nämlich in den meisten Kantonen der prämienfinanzierte Anteil an den Gesundheitskosten. Dieser Trend dürfte anhalten und der steuerfinanzierte Anteil der Gesundheitskosten bis 2027 in den meisten Kantonen unter den Schweizer Durchschnitt von 26,9 Prozent fallen. Deshalb ist laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) in den meisten Kantonen bei der Einführung von Efas mit einer Prämiensenkung zu rechnen. Die Befürworter sprechen von einer Prämiensenkung von insgesamt bis zu 2,5 Milliarden Franken. Wie hoch sie effektiv ausfallen wird, hängt von der Kostenentwicklung bis 2027 ab.

Bei dieser Prämienreduktion handelt es sich um einen einmaligen Effekt bei der Einführung von Efas. Ob Efas mittel- und langfristig die Prämien senkt, ist offen. Das hängt insbesondere davon ab, ob die Reform die Gesundheitskosten zu senken vermag oder nicht.

Kommt es zu einer Reduktion der Gesundheitskosten?

Efas soll die kostengünstige ambulante Medizin attraktiver machen. Heute hätten die Krankenversicherer wenig Interesse an der konsequenten Förderung des ambulanten Bereichs, weil sie hier die Kosten zu 100 Prozent tragen müssten, argumentieren die Befürworter. Dank Efas hätten die Kassen ein grösseres Interesse an integrierten Versorgungsmodellen, in denen die medizinischen Behandlungen besser koordiniert würden. Damit könnten Doppelbehandlungen sowie unnötige Spitalaufenthalte verhindert und Kosten gesenkt werden.

Wie gross die Einsparungen sind, weil mehr Versicherte in solche Managed-Care-Modelle wechseln, ist offen. Eine Studie des Forschungsinstituts Polynomics im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) bezifferte die durch Efas bewirkte Entlastung auf maximal 310 Millionen pro Jahr. Im schlechtesten Fall gebe es aber keine Einsparungen. Weitere 130 Millionen Franken könnten laut der Polynomics-Studie durch das Beseitigen von Ineffizienz bei der Langzeitpflege eingespart werden. Auch hier räumt die Studie aber ein, dass im schlechtesten Fall keine Einsparungen resultieren.

Wird der Einbezug der Pflege die Prämien erhöhen?

Das ist nicht ausgeschlossen. Denn die Krankenkassen müssen sich vier Jahre nach Einführung von Efas, also ab 2032, ebenfalls mit 73,1 Prozent an den Kosten der Pflege beteiligen – sowohl im Pflegeheim als auch bei der Spitex. Bisher übernahmen die Kassen einen Kostenanteil von rund 54 Prozent, wobei der maximale Kassenbetrag pro Tag 115 Franken betrug. Bei höheren Kosten müssen die Kantone dafür aufkommen.

Ab 2032 werden die Krankenkassen einen grösseren Anteil der Pflegekosten tragen, was zu einer Mehrbelastung der Prämienzahlenden führen wird. Über das Ausmass streiten sich Befürworter und Gegner von Efas.

Der Kassenverband Santésuisse versuchte, mit einer Studie die Effekte der Langzeitpflege auf die Prämienentwicklung zu berechnen. Die Einsparungen durch Efas würden durch die steigenden Kosten der Alterspflege über kurz oder lang aufgehoben, so das Fazit. Die Entlastung verkehre sich mittel- bis langfristig sogar ins Gegenteil. Im Szenario mit hohem Kostenwachstum werde dies schon 2034 der Fall sein. Bei einer moderaten Kostensteigerung in der Pflege sei der Spareffekt spätestens 2040 dahin.

Die Befürworter von Efas geben hingegen Entwarnung: Die Kosten für ambulante Behandlungen seien heute viermal höher als die Pflegekosten. Die Pflegekosten hätten ein zu geringes Gewicht, um den Spareffekt von Efas aufzuheben.

Müssen Pflegepatienten künftig mehr selbst zahlen?

Die Gewerkschaften warnen nicht nur vor einer höheren Prämienbelastung, sondern auch vor einer höheren Kostenbeteiligung der pflegebedürftigen Patientinnen und Patienten. Sie bezahlen derzeit maximal 15 Franken pro Tag für die Pflege zu Hause und 23 Franken für jene im Pflegeheim. Dieser Patientenselbstbehalt entspricht 20 Prozent des Kassenbeitrags an die Pflegekosten. Die Pflegebeiträge der Kassen kann der Bundesrat schon heute erhöhen und hat dies 2020 auch getan.

Gemäss dem Efas-Gesetz darf der Bundesrat bis 2036 die Patientenbeteiligung nicht erhöhen. Ob die Beteiligung danach steigt, ist offen.  

Warum steigt der Selbstbehalt für stationäre Spitalbehandlungen?

Die Versicherten müssen auch mit Efas weiterhin ihre Franchise und 10 Prozent Selbstbehalt bezahlen. Allerdings wird es bei stationären Behandlungen künftig teurer. Denn neu wird der Selbstbehalt auf den gesamten Behandlungskosten erhoben. Bisher musste der Selbstbehalt nur auf jenem Anteil bezahlt werden, den die Krankenkassen bei stationären Spitalaufenthalten übernahmen, also auf 45 Prozent der Behandlungskosten. 

Ein Beispiel: Eine Blinddarmoperation kostet 6700 Franken, davon übernimmt die Kasse heute 3015 Franken. Davon wird nun die Franchise abgezogen. Bei einer Franchise von 300 Franken verbleiben Kosten von 2715 Franken, und der Selbstbehalt beträgt 271.50 Franken. Bei einer Franchise von 2500 Franken verbleiben Kosten von 515 Franken, der Selbstbehalt beträgt 51.50 Franken.

Mit Efas sähe die Rechnung künftig wie folgt aus: Mit der Franchise von 300 Franken wird der Selbstbehalt künftig auf dem Betrag von 6400 Franken berechnet, er beträgt also 640 Franken. Mit einer Franchise von 2500 Franken wird der Selbstbehalt auf dem Betrag von 4200 Franken erhoben, beträgt also 420 Franken.

Fazit: Der Selbstbehalt für die Blinddarmoperation erhöht sich mit Efas bei der Mindestfranchise um 368.50 Franken, bei der Maximalfranchise ebenfalls um 368.50 Franken.

Für die Gewerkschaften handelt es sich dabei um eine klare Verschlechterung. Die Efas-Befürworter verweisen hingegen darauf, dass sich der Selbstbehalt nur bei stationären Aufenthalten erhöht. Zudem sei der jährliche Selbstbehalt weiterhin auf 700 Franken limitiert.