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Schweizer Verkehrsstudie
Immer mehr Leute lassen das Auto stehen und nehmen das E-Bike

Menschen mit E-Bike fahren auf der Fußgänger Streif am Limmatquai in Zuerich am 5. Oktober 2020. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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In Kürze:
  • Der Verkehr ist für 41 Prozent des Schweizer CO₂-Ausstosses verantwortlich.
  • E-Bikes ersetzen auf kurzen und mittleren Distanzen immer öfter das Auto.
  • Angesichts der steigenden E-Bike-Zahlen werden Verbesserungen bei der Veloinfrastruktur und der Verbindung zum ÖV gefordert.
  • Frankreich fördert den E-Bike-Kauf finanziell als Teil eines umfassenden Klimaplans.

Der Verkehr ist für 41 Prozent des Schweizer CO₂-Ausstosses verantwortlich. In keinem anderen Sektor muss sich also so rasch so viel verändern, wenn das Land seine Klimaziele erfüllen will.

Doch die Elektrowende auf Schweizer Strassen läuft harziger als erwartet. Bis September wurden in diesem Jahr 33’000 E-Autos neu zugelassen. Das sind weniger als vom Bund prognostiziert und entspricht im Vergleich zur Vorjahresperiode einem Rückgang von 9,5 Prozent.

«Wir sehen eine grosse Verunsicherung bei unseren Kundinnen und Kunden bezüglich Antriebssystemen, die elektrifiziert sind», sagte Amag-Konzernchef Helmut Ruhl unlängst an einer Pressekonferenz.

Hälfte aller verkauften Velos sind elektrisch

Doch scheint sich diese Unsicherheit nur auf vierrädrige Elektrofahrzeuge zu beschränken. Denn E-Bikes sind in der Schweiz so beliebt wie nie zuvor. Dem Branchenverband Velosuisse zufolge waren die Hälfte aller im letzten Jahr verkauften Velos mit elektrischem Antrieb ausgestattet.

Das hat positive Auswirkungen auf die Schweizer Verkehrswende. Denn immer mehr Leute lassen im Alltag das Auto in der Garage stehen und nehmen stattdessen das E-Bike. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, welche das Meinungsforschungsinstitut Yougov im vergangenen September im Auftrag der Firma Bosch durchgeführt hat.

Konkret gaben knapp 50 Prozent der befragten E-Bike-Fahrenden an, die Hälfte ihrer früheren Autofahrten mit dem E-Bike zu absolvieren. Zudem werden die Elektrovelos laut Studie auf längeren Strecken gefahren und häufiger verwendet als herkömmliche Fahrräder, am häufigsten von älteren Leuten zwischen 45 und 79 Jahren.

Schlechtes Wetter fördert E-Bike-Verkäufe

Eine weitere Erkenntnis der Studienautoren: Mittlerweile steht in fast jedem dritten Schweizer Haushalt ein E-Bike. Vergleicht man die Zahlen von Yougov mit denjenigen der letzten Erhebung des Bundes, sind das doppelt so viele E-Bikes wie vor drei Jahren.

Mitverantwortlich für die steigenden E-Bike-Zahlen ist gemäss Branchenverband Velosuisse ausgerechnet der Faktor, welcher dem herkömmlichen Fahrradhandel in diesem Jahr übers Ganze gesehen geschadet hat: das schlechte Wetter.

«In der Tendenz befördert das schlechte Wetter klar die E-Bike-Verkäufe», sagt Martin Plattner von Velosuisse. Dies, weil E-Bikes im Gegensatz zu Velos auch bei Regen gefahren würden.

Verdopplung des Veloverkehrs bis 2035

Mit dem steigenden E-Bike-Anteil wächst auch der Wunsch nach mehr Sicherheit im Strassenverkehr. Fast 80 Prozent der Befragten wünschen sich eine bessere Fahrradinfrastruktur.

Diesen Wunsch gelte es ernst zu nehmen, fordert der Interessenverband Pro Velo. Er sieht sich durch die Studie bestätigt: «Mit dem Elektrovelo haben wir einen Gamechanger, der zusätzliches Potenzial erschliessen kann.»

Auch das Bundesamt für Strassen (Astra) hat das Potenzial des sogenannten Langsamverkehrs für die Schweizer Mobilitätswende erkannt – etwas, das im Abstimmungskampf um den geplanten Ausbau des Schweizer Autobahnnetzes bislang unterging.

Ende Mai stellte das Amt die Roadmap Velo vor. Eines der Hauptziele darin ist es, den Anteil des Veloverkehrs am Gesamtverkehr in der Schweiz bis 2035 von zwei auf vier Prozent zu verdoppeln – von jährlich 2,7 Milliarden auf 5,4 Milliarden Velo-Kilometer.

Pro Velo hält diese Werte für unrealistisch, wie der Verband auf Anfrage mitteilt. Dies zum einen, weil dazu eine derart starke Verbesserung der Veloinfrastruktur nötig wäre, wie sie innerhalb von zehn Jahren kaum zu erreichen sei. Zum anderen, weil das Astra das Erreichen des Ziels an keine konkreten, verbindlichen Massnahmen geknüpft habe.

Zusätzliche Fördermittel beispielsweise sind bei der aktuellen Lage der Bundesfinanzen auch nur schwer vorstellbar.

Verknüpfung mit ÖV ist zentral

Neben dem Ausbau der Veloinfrastruktur gibt es laut Ursula Wyss noch einen weiteren Weg, um den Anteil des Veloverkehrs auf Kosten des Autos rasch zu erhöhen. Die frühere SP-Nationalrätin und Verkehrsdirektorin der Stadt Bern hat sich als Veloförderin schweizweit einen Namen gemacht.

Sie plädiert für eine bessere Anbindung an den öffentlichen Verkehr. «Weil die überwiegende Mehrheit aller Schweizerinnen und Schweizer in Velodistanz zum nächsten Bahnhof leben, besteht hier enormes Potenzial», so Wyss.

Um dieses besser auszuschöpfen, brauche es grosszügige Abstellanlagen an allen Bahnhöfen. Sie verweist auf die Niederlande, wo aktuell ein landesweiter Ausbau von Veloabstellplätzen in Gang ist.

Der Ausbau in den Niederlanden erfolgt mit finanzieller Unterstützung der Bahn. Dies, weil sich laut der Eisenbahngesellschaft Nederlandse Spoorwegen (NS) gezeigt hat, dass die zusätzlichen Abstellplätze und der Ausbau des Veloverleihsystems zu einem starken Zuwachs an Fahrgästen im Zugverkehr führten.

Frankreich fördert E-Bikes finanziell

Einen anderen Weg geht Frankreich. Aus klima- und industriepolitischen Gründen fördert die französische Regierung den Wiederaufbau der französischen Fahrradindustrie.

Zu den Massnahmen zählt neben Investitionen in die Infrastruktur auch, dass Haushalten mit geringen Einkommen Zuschüsse von bis zu 400 Euro für den Kauf von E-Bikes bezahlt werden.

Die Massnahmen sind Teil eines grösseren Investmentpakets, dem Plan «Vélo et Marche». Dieser verfügt über ein Budget von zwei Milliarden Euro und verfolgt das Ziel, die französische Veloproduktion bis 2030 von aktuell 854’000 auf zwei Millionen Räder pro Jahr zu erhöhen.