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Durchbruch mit 800 Volt

Der Porsche Taycan zählt zu den schnellsten Ladern auf dem Markt.
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Aus der Kaffeepause am Schnelllader soll bald ein Espresso-Stopp werden. Stehen E-Autos heute meistens mindestens eine halbe Stunde oder länger an der Gleichstromsteckdose, sollen sie dank höherer Batteriespannung innert Minuten Hunderte Kilometer Reichweite nachladen können. Während der grösste Teil der aktuellen E-Auto-Flotte auf ein Spannungsniveau von 400 Volt setzt, nutzen einige Modelle bereits den doppelten Wert. Gesetzt hat den Trend beim Serien-PW bereits vor zwei Jahren die Sportlimousine Porsche Taycan. Mittlerweile fährt ausserdem dessen technischer Zwillingsbruder Audi E-Tron GT mit der Technik. Und auch der koreanische Hyundai-Kia-Konzern hat bei einigen Modellen seiner Marken bereits die Spannung erhöht, darunter die Crossover Hyundai Ioniq 5 und Kia EV6.

Wer die Idee hinter der doppelten Hochspannung verstehen will, muss sich nur an eine Formel aus dem Physikunterricht erinnern: Elektrische Leistung (W) ist gleich Spannung (V) mal Stromstärke (A). Wer also die Leistung einer Batterie oder eines E-Motors erhöhen will, muss den Wert für A oder V wachsen lassen. Erhöht man einseitig die Stromstärke (A), braucht man dickere und schwerere Leitungen, zudem steigen die Wärmeverluste. Beides ist vor allem bei Elektroautos nicht erwünscht.

Verringerung der Ladezeiten im Fokus

Gerade für den Sportwagenbauer Porsche war ein drohendes Zusatzgewicht durch dicke Kupferstränge ein Ausschlusskriterium. Um die Leistung des Batteriesystems zu steigern, haben die Stuttgarter daher nicht die Stromstärke, sondern die Spannung erhöht. Allerdings nicht vornehmlich, um die Fahrzeugmasse zu senken und Platz zu sparen. «Der wichtigste Grund für die Entscheidung war die Verringerung der Ladezeiten», so Joachim Kramer, Chef der Ladesystementwicklung bei Porsche und zuvor auch an der Entwicklung des Taycan beteiligt. Während 400-Volt-Autos theoretisch maximal mit 400 Volt mal 500 Ampere, also 200 Kilowatt laden können, kommen 800-Volt-Autos bei gleicher Stromstärke auf die doppelte Leistung. Theoretisch zumindest. Porsche drosselt aktuell auf 270 kW, um die Batterie zu schonen. Weil das die 400-Volt-Konkurrenten ebenfalls tun, lädt der Taycan in den meisten Vergleichsfällen trotzdem fast doppelt so schnell.

Was für das Laden gilt, gilt auch für die Energieabgabe. Dabei geht es zumindest Porsche nicht um die Maximal-, sondern um die Dauerleistung – bei vielen E-Autos ein Problem. «Wir wollten nicht nur eine schnelle Runde auf der Rundstrecke hinlegen, sondern auch die zweite im gleichen Tempo fahren können», so Kramer. Für die zweifach höhere Leistung nehmen die Hersteller auch Nachteile in Kauf. Vor allem bei den Kosten. Die Entwicklung der 800-Volt-Autos ist teuer, weil Software, Steuerung und Peripheriegeräte teilweise neu entwickelt werden müssen. Eine noch grössere Rolle spielt das Geld aber bei der Ladeinfrastruktur: Denn richtig schnell sind 800-Volt-Autos nur an High-Performance-Ladesäulen mit gleichem Spannungsniveau. An normalen 400-Volt-Steckdosen laden die Hochspannungsmodelle auch nicht flotter als die Konkurrenz.

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Der Audi E-Tron GT basiert auf dem Porsche Taycan.
Auch Hyundai setzt mit dem futuristischen Ioniq 5 auf 800 Volt.
Kias 800-Volt-Stromer mit der Antriebstechnik des Ioniq 5 heisst EV6.

Bedenken bei der Verträglichkeit des ultraschnellen Ladens hat Kramer nicht. Zwar räumt er ein, dass extrahohe Ladeleistungen und die damit verbundene Wärmeentwicklung die Batterie stressen könnten – bislang stellten er und sein Team allerdings nur einen geringen Einfluss auf die Lebensdauer fest. Selbst ausschliesslich schnell geladene Testfahrzeuge zeigten nach 160’000 Kilometern kaum Alterungserscheinungen. Und für den Alltag beim Kunden geht er sowieso von einem Schnellladeanteil von maximal 10 bis 20 Prozent aus. Den restlichen Strombedarf holt sich der Taycan langsam und schonend an der Wechselstromdose.

Auch deswegen werden die Ladeleistungen von E-Autos in Zukunft weiter steigen. Porsche plant, das Ladetempo mit der nächsten Batterie-Zellen-Generation weiter zu steigern. Die HPC-Ladestationen des Ionity-Konsortiums, an denen neben Porsche auch Daimler, BMW, Ford, Volkswagen und Hyundai beteiligt sind, könnten bis zu 350 kW liefern. Ein Wert, mit dem unter anderem der schwedische Hersteller Volvo plant, der eine entsprechende Ladegeschwindigkeit bereits für zukünftige Autos in Aussicht stellt. Wann bei Porsche die Ladeleistung noch einmal steigt, sagt Kramer noch nicht. Allerdings muss dafür wohl nicht auf eine neue Fahrzeuggeneration gewartet werden, schon zum grossen Taycan-Facelift könnte es einen Boost geben.

Noch mehr Power könnte ausserdem auf lange Sicht eine weitere Spannungserhöhung geben – 800 Volt sind nicht zwangsläufig das letzte Wort. Die genormten Stecker und Kabelverbindungen der Schnelllader würden bis zu 1000 Volt erlauben. Damit wären in der Theorie bis zu 500 kW Ladeleistung möglich. Die übliche Batterieladung von 5 oder 10 auf 80 Prozent würde dann im Idealfall nur knapp zehn Minuten dauern und mehrere Hundert Kilometer halten. Und auch wer wirklich nur Zeit für einen Espresso hat, könnte dann nach einem grossen Schluck bereits mit ordentlicher Restreichweite weiterfahren.