Corona-MedienkonferenzBeizen-Lockdown, Läden, Skigebiete: So erklärt der Bundesrat die neuen Massnahmen
Warum die Landesregierung ab Dienstag die Restaurants und Bars dicht macht, aber das Schicksal der Skigebiete den Kantonen überlasst: Simonetta Sommaruga, Alain Berset und Guy Parmelin zu ihren Beschlüssen.
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Der Bundesrat verschärft die Massnahmen, das Wichtigste in Kürze:
Gastronomiebetriebe werden geschlossen, auch an den Festtagen. Öffnen dürfen nur Take-aways, Schul- und Betriebskantinen sowie Hotelrestaurants für Hotelgäste. Auch Lieferdienste bleiben erlaubt.
Sportbetriebe werden geschlossen. Im Freien dürfen bis zu fünf Personen zusammen Sport treiben. Profispiele ohne Zuschauer sind weiterhin erlaubt.
Sämtliche Kultur- und Freizeiteinrichtungen werden geschlossen, etwa Museen, Kinos, Bibliotheken, Casinos, botanische Gärten und Zoos.
Die Läden bleiben offen, darin dürfen sich aber noch weniger Menschen als bisher aufhalten. Die Geschäfte müssen weiterhin wie bisher zwischen 19.00 Uhr und 06.00 Uhr schliessen. An Sonn- und Feiertagen bleiben die Läden geschlossen .
Über Skigebiete entscheiden weiterhin die Kantone. Sie dürfen die Öffnung nur erlauben, wenn die epidemiologische Lage es zulässt und bei genügend Kapazitäten von Tests, Contact Tracing und Spitälern.
Ausnahmen: Kantone mit tiefen Fallzahlen dürfen wie bisher abweichende Erleichterungen erlassen und beispielsweise Restaurants oder Sporteinrichtungen öffnen. Massgebend sind hier insbesondere eine Reproduktionszahl, die unter 1 liegen muss, sowie eine 7-Tages-Inzidenz, die unter dem schweizerischen Durchschnitt liegen muss.
Der Einsatz von Schnelltests wird erweitert. Sie können neu auch ohne Symptome durchgeführt werden, etwa in Heimen oder am Arbeitsplatz.
Die Menschen sind aufgefordert, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte auf ein Minimum beschränken. Auf nicht notwendige Reisen und Ausflüge soll verzichtet werden.
Die neuen Massnahmen im Überblick
Damit endet die Medienkonferenz zu den neuen Massnahmen, die ab Dienstag gelten. Hier die grafische Übersicht dazu:
Das gilt in Zürich
Im Kanton Zürich gelten noch härtere Regeln, hier gehts zur Übersicht.
Umfrage
Die neuen Massnahmen zusammengefasst
Vor den Festtagen hat der Bundesrat die Massnahmen für die Bekämpfung der Corona-Pandemie verschärft. Die Menschen in der Schweiz sind gehalten, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte auf ein Minimum zu beschränken.
Ab kommendem Dienstag und bis 22. Januar sind landesweit Restaurants sowie Kultur-, Freizeit- und Sportbetriebe geschlossen. Die Läden dürfen offenbleiben. Gleiches gilt für Skigebiete, sofern sie eine kantonale Bewilligung erhalten. Im Gegensatz zum umliegenden Ausland verzichtet der Bundesrat aber auf einen «harten Lockdown».
«Es braucht die ganze Schweiz»
«Es braucht jetzt die ganze Schweiz», sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Freitag in Bern vor den Medien und appellierte an die Verantwortung aller. «Ich wünsche mir, dass wir zueinander schauen, dass wir füreinander da sind, dass wir zueinander Sorge tragen.»
Wenn die Bevölkerung auf Anraten der Regierung die Kontakte reduziere, mache das viele Menschen einsam, sagte Sommaruga. Und: «Für viele Unternehmen und Selbstständige ist es ganz schwierig.»
Gesundheitsminister Alain Berset räumte ein, dass die neusten Beschränkungen hart seien. «Wir sind nicht da, wo wir sein wollten», begründete er sie. Die Spitäler und das Gesundheitspersonal seien überlastet. Die Fallzahlen müssten sinken.
Appell an Selbstverantwortung
Berset appellierte vor den Feiertagen an die Selbstverantwortung und den gesunden Menschenverstand. Es müsse für eine Familie möglich sein, Weihnachten zu feiern, «auch wenn man aufpassen muss».
Einen gewissen Spielraum lässt der Bundesrat den Kantonen. Wenn in ihren Gebieten die Reproduktionszahl unter 1 sowie die Sieben-Tage-Inzidenz unter dem schweizerischen Durchschnitt liegt, dürfen sie die Massnahmen in ihrem Hoheitsgebiet lockern und beispielsweise Restaurants und Sporteinrichtungen öffnen.
Die Skigebiete hat der Bundesrat nicht geschlossen. Es liege in der Verantwortung der Kantone, den Ski-Betrieb zu bewilligen und die Regelungen umzusetzen, sagte Berset. Er selber habe seine Skiferien annulliert und hoffe auf spätere freie Tage, sagte er auf eine Journalistenfrage.
Mehrheit der Kantone dafür
Die Mehrheit der Kantone steht – anders als noch vor einer Woche – hinter den verschärften Massnahmen. So teilte es die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) mit.
«In einer Lage mit flächendeckend deutlich zu hohen Fallzahlen ist es besonders wichtig, dass die Massnahmen einheitlich, klar verständlich und wirksam ausgestaltet sind», schrieb die GDK und forderte die Kantone auf, Ausnahmen zurückhaltend anzuwenden.
Angesichts der steigenden Zahl der Covid-19-Fälle will der Bundesrat noch vor Ende Jahr darüber diskutieren, ob es weitere Massnahmen braucht. Auf Automatismen – wie beispielsweise ein oft diskutiertes Ampelsystem – verzichtet er weiterhin, auch auf Ersuchen der Kantone.
Krisenmodus für Kurzarbeit bleibt
Wirtschaftsminister Guy Parmelin sagte, die Auswirkungen der zweiten Pandemie-Welle auf die Wirtschaft seien bereits spürbar. Da der Bundesrat mit noch mehr Kurzarbeit rechnet, verlängerte er den Krisenmodus für die Kurzarbeitsentschädigung bis Ende März 2021. Weitere Hilfen sind in Planung.
Per 28. Dezember aktualisierte das Bundesamt für Gesundheit die Liste der Corona-Risikoländer. Neu aufgeführt ist unter anderem Schweden. Gestrichen wurden unter anderem Österreich, Polen, Portugal und Ungarn. Wer aus einen gelisteten Land oder Gebiet in die Schweiz einreist, muss für zehn Tage in Quarantäne.
Schnelltests auch ohne Symptome
Damit breiter getestet werden kann, ermöglicht der Bundesrat mehr Schnelltests. Waren bisher nur Antigen-Schnelltests mittels Nasen-Rachen-Abstrich anerkannt, dürfen neu in Apotheken, Spitälern, Arztpraxen und Testzentren alle Arten von Schnelltests durchgeführt werden, die den Kriterien des Bundes entsprechen.
Schnelltests können zudem neu auch bei Personen ohne erkennbare Symptome durchgeführt werden. Sie können zum Beispiel als zusätzlichen Schutz in Schutzkonzepten von Altersheimen, Hotels oder am Arbeitsplatz integriert werden. Wer positiv getestet wird, sollte als Bestätigung unverzüglich einen PCR-Test durchführen lassen.
Ansteckungsorte unbekannt
Noch immer wissen viele Menschen nicht, wo sie sich angesteckt haben, das dürfte auch so bleiben. Berset sagt aber, dass man nach zehn Monaten Pandemie aber Erfahrung hat, welche Massnahmen welche Wirkung zeigen, welche Menschenansammlungen ein Problem sein könnten und wo weniger Gefahren lauern. Die Erfahrung, was funktioniert habe, sei aber wertvoll.
Unser Special zum Thema: Wo die Gefahr hoch ist, sich mit dem Coronavirus anzustecken.
Schnelltests jeden Tag
Die Tests sagen jeweils nur für den gleichen Tag aus, dass man negativ sei. Wer Menschen in einem Heim besuche, der müsse sich also jedes Mal neu testen lassen.
R-Wert ist Vergangenheit
Was epidemiologisch passiert, zeigt sich erst in den nächsten Tagen, das sei nicht vorhersehbar. Der R-Wert werde aus den Zahlen der Vergangenheit berechnet, gebe also in etwa die Situation vor zehn Tagen wieder. Dies werde aber aus den Fallzahlen der letzten zwei Tagen berechnet, ein aktuellerer Wert sei gar nicht möglich, weil es eben mehrere Tage geht, von der Ansteckung bis zum positiven Test.
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Dürfen Bäckereien diesen Sonntag öffnen?
Die neuen Regelungen gelten ab Dienstag, antwortet Berset, die Bäckereien dürfen demnach erst nach Weihnachten am Sonntag wieder Gipfeli verkaufen.
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Sind alle Kantone einverstanden?
Einige Kantone wollten, dass man noch etwas abwarte, bis die Massnahmen ergriffen werden, aber grundsätzlich ständen die Kantone hinter den Verschärfungen, sagt Sommaruga. Berset ergänzt, dass eine Mehrheit der Kantone wollte, dass vor Weihnachten etwas gemacht werde.
Müssen Kioske am Sonntag schliessen?
Ja, Kioske gelten als Läden, nicht als Take-away-Angebote und müssen ab 19 Uhr und sonntags schliessen.
Aufrufe der Kantone
Man habe wohl unterschätzt, dass die 26 Kantonsregierungen es schwer haben mit regionalen Absprachen in kurzer Zeit. Das sei nur zum Teil gelungen, Leute wichen dann bei Massnahmen in ihren Kantonen in andere Kantone aus. Die Einheitlichkeit helfe jetzt den Kantonen und sicher auch der Bevölkerung.
Ausnahme-Wert sinkt im Januar
Kantone, die jetzt Ausnahmeregeln erlassen dürfen, müssen ab dem 5. Januar ihre Restaurants und Freizeiteinrichtungen auch schliessen, wenn der R-Wert über 0,9 liegt. Dieser Wert müsse sinken, das sei das Ziel, erst dann sollen Lockerungen möglich sein.
Lockerungen vor 22. Januar?
In der Westschweiz wurden erst spät Massnahmen getroffen. Dann sanken die Zahlen, sagt Berset. Man habe aber daraufhin zu früh gelockert und die Zahlen gehen jetzt bereits wieder hoch. Selbst wenn sich die Schweizer Zahlen jetzt plötzlich halbieren würden alle zwei Wochen, dann würde es immer noch wochenlang gehen, bis die Situation wieder stimmt. Man müsse da realistisch sein, sagt Berset auf die Frage, ob Lockerungen für Restaurants vor dem 22. Januar möglich seien. Sprich: Nein.
Was sollen wir an Weihnachten tun?
Der Bundesrat zähle auf die Eigenverantwortung und gebe nicht Regeln für alle möglichen Situationen vor. An Weihnachten müsse es möglich sein, dass eine Familie gemeinsam Weihnachten feiern kann, man müsse aber aufpassen, sich schützen und selber einen Weg finden, wie es für alle stimmt.
Wird ÖV reduziert?
Im Frühling ging die Mobilität im Lockdown stark zurück. Die Massnahmen gingen damals beträchtlich viel weiter, sagt Sommaruga. Man habe nun nicht die gleiche Art von Lockdown wie im Frühling. Die Bewegung gehe deshalb wohl nicht im gleichen Ausmass zurück und es sei nicht geplant, den ÖV zurückzufahren. Der ÖV funktioniere weiter, wie auch die Post oder der Strom, das müsse man sich bewusst sein, dass noch sehr viel funktioniere.
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Hat der Bundesrat Fehler gemacht?
Nach den ersten Erfahrungen im Frühling ging mehr Kompetenz an die Kantone, erklärt Sommaruga. Der Bundesrat hat zudem zusätzliche Basismassnahmen beschlossen, wie die Maskenpflicht im ÖV. Nun sei die Situation erschwert, die Bevölkerung müde von der Pandemie und vom Winter, die Festtage stehen an. Doch in den letzten Tagen hätten Bund und Kantone wieder zueinander gefunden, auch die Kantone unterstützen nun weitgehende Massnahmen, die weh tun, aber sie hoffe, dass das die Schweiz wieder stark mache. Man versuche alles menschenmögliche, um die gesundheitliche Situation in den Griff zu kriegen, aber auch Unterstützung für die Menschen und Firmen zu geben. Man sei sich schon das ganze Jahr nicht immer einig, aber nach harten Diskussionen habe man sich immer auf Massnahmen einigen und diese der Bevölkerung erklären können.
Wieso keine Homeoffice-Pflicht?
Im Frühling waren viele im Homeoffice, nun viel weniger, wieso gibt es keine Pflicht? Guy Parmelin sagt, dass man Homeoffice schon empfehle, wo das möglich sei. Eine Pflicht gebe es aber nicht. Das Homeoffice löse nicht alle Probleme, könne sogar psychisch auch belastend sein.
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Bis wann entscheidet die Ansteckungsrate über Ausnahmen?
Bei einem R-Wert von 0,8 halbieren sich die Fallzahlen alle zwei Wochen, das müsse schon das Ziel sein. Bevor man über Lockerungen spreche, müsse man vorsichtig schauen, wie die Lage Anfang Januar ist. Man dürfe nicht sofort lockern, sobald es eine gute Entwicklung gibt, das habe man schon mehrmals erlebt, dass es gut aussah und plötzlich ging es wieder hoch, da müsse man aufpassen, sagt Berset.
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Lockerung für Kirchen an Weihnachten?
Das wurde nicht im Bundesrat diskutiert, sagt Alain Berset, die Grenze von 50 Personen bleibt auch für Gottesdienste in grossen Kirchen.
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Kantone LU und SZ schliessen Skigebiete
Nach dem Kanton Luzern hat auch der Kanton Schwyz nach Informationen von SRF seine Skigebiete geschlossen.
Lesen Sie hier die Details.
SDA/red
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