Strandferien trotz CoronaDiese Länder kämpfen um jeden Touristen
Leere Strände, Flughäfen und Hotels – damit soll bald Schluss sein. Zahlreiche Mittelmeerstaaten öffnen die Grenzen – die Bedingungen in der Übersicht.
Wegen der Corona-Pandemie ist die Zahl der Übernachtungen in Hotels und Tourismusunterkünften in der EU im vergangenen Jahr um mehr als die Hälfte eingebrochen. Traditionelle Feriendestinationen im Süden wurden erwartungsgemäss am stärksten von der Krise getroffen. Die höchsten Einbrüche mit mehr als 70 Prozent verzeichneten Eurostat zufolge Griechenland, Malta und Zypern. Bei Spanien waren es 69 Prozent.
Doch wachsende Impfraten geben Anlass zur Hoffnung, dass das einschränkungsfreie Reisen bald wieder möglich ist. Einst beliebte Feriendestinationen im Mittelmeerraum wollen ihre Tore vor allem im Hinblick auf die Sommersaison so rasch wie möglich öffnen. Es sei ein regelrechter Wettbewerb ausgebrochen, berichtet CNN.
Besonders anvisiert würden dabei bereits geimpfte Touristen. Kein Wunder, sind vor allem die Briten aufgrund ihres erfolgreichen Impfprogramms zu einem heiss begehrten Ziel von Reiseveranstaltern und Tourismusverantwortlichen geworden. Schliesslich haben in Grossbritannien mehr als ein Drittel aller Erwachsenen mindestens eine Dosis erhalten.
Auch israelische Touristen werden umworben. Der Mittelmeerstaat mit 9,3 Millionen Einwohnern hat zurzeit das erfolgreichste Impfprogramm der Welt: Eine Erstimpfung erhielten in Israel bisher etwa 5,2 Millionen Menschen, davon bekamen rund 4,2 Millionen auch die zweite Dosis. Doch nicht nur Geimpfte sollen im Sommer Strandferien machen können. Einige Länder wollen bald auch nicht geimpfte Reisende unkomplizierter einreisen lassen. Nachfolgend eine Auswahl von Feriendestinationen im Mittelmeerraum, die die Tourismusmaschine so rasch wie möglich wieder ankurbeln wollen – und welche Bedingungen gelten sollen.
Griechenland
Griechenland habe einen «totalen Krieg» ausgerufen, um britische Touristen ins Land zu bekommen, berichten griechische Medien. Der Tourismusminister Griechenlands verkündete vergangene Woche, dass das Land ab dem 14. Mai wieder seine Grenzen für Touristen öffnen werde. Dabei sei jeder willkommen, so Harry Theoharis, der geimpft sei oder Antikörper oder einen negativen PCR-Test vorweisen könne. Das Land sei «bereit, das Erlebnis einer Befreiung von den unangenehmen Erinnerungen an die Pandemie mit jedem einzelnen Gast zu teilen».
Unter dem Motto «Alles, was du willst, ist Griechenland» wurde im Mittelmeerraum ein Wettlauf um reisefreudige Touristen ausgelöst. Nach Bekanntgabe der Öffnung stiegen die Hotelbuchungsraten drastisch – einige Hotels seien für die Monate Mai und Juni bereits zu 70 Prozent ausgelastet, berichtet «Schengenvisainfo.com».
Umsatz brach um 14 Milliarden ein
Um den erwarteten Boom gewährleisten zu können, kündigte der Minister an, dass die Gesundheitsbehörden nach der Impfung von Risikopersonen vorrangig im Gastgewerbe beschäftigte Personen impfen würden. Schliesslich ist der Tourismus eine der wichtigsten Einkommensquellen Griechenlands und beschäftigt laut World Travel & Tourism Council etwa ein Viertel der Arbeitskräfte. Im vergangenen Jahr reisten aber nur 7,4 Millionen Menschen nach Griechenland. 2019 waren es noch 31,3 Millionen. Belief sich der Umsatz 2019 auf 18 Milliarden Euro, sank dieser 2020 auf vier Milliarden.
Um aus dieser Krise rauszukommen, fordert die griechische Regierung von der EU-Kommission ein Impfpass-System, welches das Reisen ohne Einschränkungen ermöglichen soll. Auch das nationale Impfprogramm ist in vollem Gange. Anfang März überschritt das Land die Marke von einer Million Impfungen. Dabei konzentriert sich Griechenland zuerst auf die 40 kleinsten Inseln des Landes mit 1000 oder weniger Einwohnern, um diese für «Corona-frei» erklären zu können.
Zypern
Auch Zypern geht in die Offensive. Die Mittelmeerinsel erlaubt es geimpften Briten theoretisch, ab dem 1. Mai einzureisen. Das Problem: Internationale Reisen sind in Grossbritannien mindestens bis am 17. Mai untersagt. Eine Lösung gefunden hat Zypern mit Israel: Dank einer Vereinbarung soll israelischen Touristen bereits ab dem 1. April Einlass gewährt werden. Es wird erwartet, dass geimpfte Reisende aus weiteren Ländern bald einbezogen werden.
Dabei sollen die Reisenden Tests und Quarantänen umgehen können. Savvas Perdios, der stellvertretende Minister für Tourismus, sagte gegenüber der Cyprus News Agency, dass nur Personen, die ihre zweite Impfdosis mindestens sieben Tage vor der Reise erhalten hätten, einreisen dürften.
«Dies ist eine sehr wichtige Entwicklung für den Tourismus», sagte Perdios, «da die beiden Länder zu den wichtigsten touristischen Märkten Zyperns gehören.» Die Öffnung gebe den Reisenden ein Gefühl der Sicherheit, damit sie ihre Ferien im Sommer planen könnten. «Es ist ein weiterer Schritt, der zeigt, dass Zypern bereit sein wird, im Sommer Touristen willkommen zu heissen», sagte der Minister. Dennoch müssten Touristen immer noch die lokalen Massnahmen einhalten. Dazu zählen Maskenpflicht und Social Distancing. Zudem könnten auch geimpfte Menschen stichprobenartig auf das Virus getestet werden.
Spanien
Die spanische Regierung hatte ursprünglich geplant, den Tourismus erst dann wieder anzukurbeln, wenn das nationale Impfprogramm zu 70 Prozent abgeschlossen ist. Nun verkündete Spaniens Tourismusministerium vergangene Woche, dass das Land bereits ab einer Impfquote von 30 bis 40 Prozent Touristen reinlassen werde – dies bedeutet eine Halbierung der angestrebten Zahl. Laut «The Local» könnte diese Entscheidung aufgrund der Befürchtung gefällt worden sein, dass dieses Ziel nicht rechtzeitig für den Sommer erreicht wird. Ein anderer Grund sei der Druck von Konkurrenten wie Griechenland.
María Reyes Maroto, die spanische Ministerin für Industrie, Handel und Tourismus, sagte vergangene Woche, dass die Regierung erwarte, dass das neue Ziel bis zum Frühjahr erreicht werden könnte. Sie sei «optimistisch», was die Sommersaison angehe. Obwohl kein genaues Datum für die Wiedereröffnung des Tourismus in Spanien genannt wurde, könnte diese, wenn die aktuellen Impfstofflieferungen und Ziele eingehalten werden, Ende April oder Mai geschehen.
Einnahmen sanken um 75 Milliarden Euro
Spaniens Rückzieher könnte Millionen von Menschen aufatmen lassen, denn ein weiterer Sommer ohne ausländische Besucher wäre für die Wirtschaft des Landes verheerend. Vor der Pandemie war die iberische Halbinsel mit mehr als 80 Millionen Besuchern im Jahr hinter Frankreich das am zweithäufigsten besuchte Reiseziel in Europa – bei 18 Millionen davon handelte es sich um Briten. 2020 sah Spanien jedoch einen Rückgang von 65 Millionen Touristen und verlor geschätzte 72 Milliarden Euro an Tourismuseinnahmen.
Deshalb drängt auch Spanien, dass Impfpässe von der EU akzeptiert werden. Das Land hat angedeutet, dass es bilaterale Vereinbarungen über sichere Reisekorridore mit Drittländern wie Grossbritannien treffen werde, wenn sich die EU nicht auf einen gemeinsamen Reiseplan einigen könne.
Portugal
Für Luis Araujo, Präsident der portugiesischen Tourismusorganisation Visit Portugal, ist es definitiv nicht zu früh, Ferien zu buchen. «Sie sollten sofort buchen», sagt er gegenüber CNN. «Was wir jetzt brauchen, ist Mobilität», sagte Araujo. «Und wir brauchen sie jetzt, denn jeder Tag, der vergeht, ist ein Tag, den wir verlieren.»
Der Tourismusverantwortliche verweist dabei auf die sinkenden Fallzahlen des Landes. Am Montag wurden bei zehn Millionen Einwohnern lediglich 256 Fälle gemeldet. Portugal habe das Schlimmste überstanden und sei bald bereit, Touristen wieder willkommen zu heissen, sagte der Minister. Dabei gehe es aber nicht nur um geimpfte Besucher. Laut Araujo soll bald jeder, der einen negativen Test oder Antikörper gegen das Virus vorweisen kann, einreisen dürfen. Britischen Touristen soll ab Mitte Mai einschränkungsfreies Einreisen gewährt werden.
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Doch auch Menschen aus Hochrisikoländern sollen einreisen dürfen, wenn sie nachweisen können, dass sie nicht infiziert sind. Araujo betonte, dass Portugal darin, geimpfte Touristen anzuwerben, nicht in Konkurrenz zu anderen Ländern in Europa stehe. Vielmehr müsse man in der gesamten EU zusammenarbeiten, um standardisierte Sicherheitsregeln zu schaffen, damit der Reiseverkehr wieder sicher aufgenommen werden könne. «Es geht nicht darum, zu diskutieren, ob wir fünf Touristen mehr haben als Griechenland oder zehn weniger als Spanien», sagte er.
Israel
Israelische Touristen werden einerseits umworben, andererseits erhofft sich Israel dank seiner hohen Impfquoten, auch selbst bald Besucher anzuziehen: Geimpfte Touristen könnten bereits ab Mitte April nach Israel einreisen, sagte Tourismusministerin Orit Farkash-Hacohen am Montag gegenüber der «Jerusalem Post». Denn derzeit dürfen Nichtstaatsbürger unabhängig von ihrem Impfstatus nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen ins Land einreisen. Zudem benötigen sie eine Erlaubnis von einem speziellen Regierungsausschuss.
«Der Erfolg der israelischen Impfung gibt Hoffnung auf die Rückkehr des internationalen Tourismus», sagt auch Sharon E. Bershadsky, Direktorin der israelischen Touristeninformation in Grossbritannien. «Es erlaubt der Industrie, für die Rückkehr der Touristen in nicht allzu ferner Zukunft zu planen», sagt Bershadsky, «und macht Israel nicht nur zu einem attraktiven, sondern auch zu einem gesunden Reiseziel.» Sie ist optimistisch, dass Touristen bald zurückkehren können. Und da Israels Impfprogramm fast abgeschlossen ist, könnte es dazu kommen, dass das Land einen Tourismusboom erlebt, während andere Länder erst aufholen.
Das Warten auf den Impfpass
In Anbetracht der Situation wird der für Mittwoch angekündigte Vorschlag der EU-Kommission für ein EU-Impfzertifikat mit grosser Spannung erwartet. Doch so bestechend ein Impfpass ist, so schwierig dürfte sich seine Umsetzung gestalten. Ob dieser Pass auch für die Schweiz als Schengen-Staat gelten soll, ist derzeit unklar. Ein solches Zertifikat läge jedoch auch im Interesse des Schweizer Tourismus.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht konkret dazu äussern. Man beobachte die Diskussionen in der EU wie auch in der Weltgesundheitsorganisation über einen Impfpass und prüfe «die damit verbundenen Fragen sorgfältig». Zurzeit liefen «intensive Abklärungen», schriebt das BAG weiter, «welche technischen Lösungsansätze für einen anerkannten und fälschungssicheren Impfnachweis Erfolg versprechen». Weiter werde geprüft, welche gesetzlichen Grundlagen notwendig seien.
Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass man sich bald auf einen einheitlichen Impfpass einigen wird, ist es unbestreitbar, dass gegen das Coronavirus geimpfte und immune Personen die Reiseindustrie für den Rest des Jahres und bis weit ins Jahr 2022 hinein antreiben werden.
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