Erich von Däniken«Diese Hysterie um Gender, Klima und Krieg»
Es tue sich was im All, sagt der Anwalt der Ausserirdischen. Nur die Realität macht ihm zu schaffen: Auf Twitter poltert der 87-Jährige zu allem, was ihn bewegt.
Der Mann ist bester Laune, «wie kann ich auch anders?» Erich von Däniken bittet in sein riesiges Büro, seine 60-jährige Tätigkeit als selbst ernannter Anwalt der Ausserirdischen hat es ihn bis unter die Decke füllen lassen mit Büchern, Reliquien, Diafilmen.
Der Nachmittag ist seine liebste Tageszeit, vor allem aber erfreut er sich gerade am Zeitgeist: Unbequeme Wahrheiten hätten Konjunktur, sagt er, dazu nähert sich die Wissenschaft fremden Planeten immer näher an, durchs Hubble-Teleskop betrachten wir heute Polarlichter auf dem Jupiter. Von Däniken – 88 wird er im April – sagt nach 44 veröffentlichten Büchern über seine Alientheorien: «Ich sitze auf dem richtigen Ross.»
Online tritt der gleiche Erich von Däniken wesentlich ungehaltener auf. Seit 2009 betreibt er einen Twitter-Account, lange lag der ziemlich brach, bis von Däniken vor drei Jahren begann, fast jeden Tag zu twittern. Zunächst über seine Theorien, dann immer mehr über Aktualitäten. Schnell fand sich auch Gehässiges, Staatskritisches, Frauenverachtendes, von seinen 86’000 Followern mit Häme, aber auch Zustimmung bedacht.
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Herr von Däniken, Sie haben sich immer mit der Frage beschäftigt: Gibt es Ausserirdische, und waren sie schon einmal bei uns? Nun äussern Sie sich in den sozialen Medien plötzlich zu aktuellen politischen Themen: genderneutrale Sprache, Ukraine-Krieg, Sexualstrafgesetz. Warum?
Manchmal überrollt es mich, dann rege ich mich auf, es muss etwas raus. Das ist doch ganz normal, man ist doch Bürger – und manchmal auch Opfer. Ich mache das am Computer, raus damit, dann ist es auch wieder gut. Was die Leute drunterschreiben, lese ich nie. Ich kriege allein schon an die 100 Briefe pro Tag.
Warum so radikal?
Es ist ein Ventil. Manchmal muss auch der von Däniken sagen: «Hallo, so sehe ich das nicht, ich sehe das anders.»
Was missfällt Ihnen denn an der aktuellen Gesellschaft?
Die Hysterie um Gender, Klima, Krieg, dieses übermässig Politische: Alles, was man heute macht, ist sofort politisch. Ich bin nicht rechts, nicht links, ich lese Quatsch von beiden Seiten. Und manchmal will ich mich mitteilen.
Wie ist denn Ihr Verhältnis zum Staat?
Hervorragend. Der Schweizer Staat funktioniert tadellos. Wir haben ein Parteiensystem, gute Diskussionen. In anderen Ländern kann man nicht sagen, was man denkt. In riesigen Staaten wie China oder Russland habe ich Mühe, mir vorzustellen, wie Demokratie dort funktionieren soll.
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Durch eine Zufallsbekanntschaft hat der damalige Hotelier Erich von Däniken 1968 sein erstes Buch «Erinnerungen an die Zukunft» im Econ-Verlag publizieren können. Er beschäftigt sich darin mit der Präsenz von Ausserirdischen zur Zeit der Antike, klopft sowohl Bibelverse als auch Maya-Insignien auf Hinweise ab – und traf damit prompt einen Nerv. Über 70 Millionen Bücher hat der Schaffhauser mit all seinen Titeln bis heute weltweit verkauft. Es sind Zahlen, die für keinen Schweizer Sachbuchautor in absehbarer Zeit auch nur annähernd realistisch sind.
Offenbar ist von Däniken für viele einer, der sagt, was andere verschweigen. Die Corona-Zeit hat den Eifer dieser Leute verstärkt, seither kommen noch mehr von ihnen nach Interlaken, wo von Däniken seit Jahrzehnten sein Büro hat. Sie blicken dort nicht zu den Bergen, sondern zu ihm hinauf, sie interviewen ihn für ihre Formate auf Youtube, in denen sie Wahrheiten enthüllen, von denen nur sie zu wissen glauben.
Von Däniken ist eine Grösse in einer Szene, die er selber mitbegründet hat. Seine Bücher funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie die moderne Verschwörungslogik: ein Fünkchen Wahrheit und viel Konstruktion. Der Unterschied zwischen von Däniken und seinem Nachwuchs: die Radikalität.
Eine Wut auf den Staat habe er nie gehabt, er habe sich immer nur überzeugt von seinen Theorien gezeigt; die Wahrheit komme dann irgendwann von allein ans Licht. Viele jüngere der selbst ernannten Wahrheitsfinder haben sich in den zwei Corona-Jahren radikalisiert und verachten den Staat.
Sie haben oft Besuch von Leuten, die sich während der Corona-Zeit zunehmend von der Regierung betrogen fühlten. Spüren Sie deren Argwohn gegenüber dem Staat?
Nein. Ich empfange sehr viel Besuch, aber wir haben selten politische Diskussionen. Das passiert eher in meiner Stammbar, im Hotel Dorint in Beatenberg. Dort wollen völlig fremde Leute mit mir über Politik reden, und mir wird dann immer klar, dass ich zu vielem eine pointierte Meinung habe. Aber rund um meine Arbeit, im Austausch mit Gleichgesinnten, da äussere ich die selten.
Sehen Sie diese Leute, die Sie im Büro besuchen und die selber Theorien auf ihren Kanälen publizieren, als Konkurrenz?
Ach, Quatsch, warum auch? Ich prüfe nie, wer das ist, ich nehme mir für jeden Zeit – wenn er gewisse Regeln beachtet. I do not exist in the morning, bis 10 Uhr liege ich im «Näscht», weil ich erst um 2 Uhr zu Bett gehe, den ersten Besuch empfange ich ab 14 Uhr.
Die kopieren doch Ihr Modell, mit dem Sie seit Jahren erfolgreich sind: einer breiten Öffentlichkeit weismachen, dass sie belogen wird.
Ja, natürlich. Ob diese Leute dafür gute Gründe haben, kann ich nicht beurteilen. Was meine Belange, die Ausserirdischen, angeht: Da werden wir belogen, da wird verschwiegen. Mit Hass und Radikalität jedenfalls kann ich nichts anfangen. Ich versuche, zu beschwichtigen.
Verstehen Sie die Unzufriedenheit dieser Leute?
Nur zum Teil. Mir war etwa während der Zeit der strengen Corona-Massnahmen immer klar, dass die jeweiligen Politiker das Volk schützen, der Wissenschaft gehorchen mussten. Man nahm aufgrund des damaligen Wissens dieses und jenes an, und hinterher stellte sich heraus, dass es nicht stimmte. Wahrscheinlich ist es das, was diese Leute erzürnt.
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Es gibt Momente, da wird der 87-jährige Erich von Däniken von seinem doch ziemlich jugendlichen Geist erfasst. Der Mann springt hoch, rennt zu seinen Büchern, blättert in einem Exemplar. Gewisse Passagen zitiert er auswendig, im Duktus eines Offiziers: Satzfragmente auf Hochdeutsch, den Zeigefinger erhoben.
Von Däniken ist ein geübter Dozent, er hält noch immer zig Vorträge, ist aber nicht mehr 200 Tage im Jahr unterwegs, sondern höchstens noch 50. Als er sich vor ein paar Jahren nach langer Zusammenarbeit vom Bertelsmann-Verlag trennt, kommt er ausgerechnet beim Kopp-Verlag unter.
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Der deutsche Vertrieb hat den Slogan «Bücher, die Ihnen die Augen öffnen» und ist umstritten, seit er sich in den Nullerjahren radikalisiert hat und vor allem Bücher zu einer angeblichen «Asylindustrie», Verschwörungen im Gesundheitswesen oder Holocaust-Relativierungen publiziert. «Da gibt es Bücher, die ich nicht nachvollziehen kann», sagt von Däniken. Aber es sei ja nicht sein Verlag.
Haben Sie nie Bedenken, dass Sie mit Ihren Tweets Leute aufhetzen? Gegen den Staat, die Medien, die Wissenschaft?
Jeder ist für sich selber verantwortlich. Ich lese auch extrem linke und extrem rechte Sachen, ich bin da mit vielem nicht einverstanden. Auf meinem Tisch liegen die WOZ und die «Weltwoche», die NZZ und der «Berner Oberländer» – und manchmal bin ich mit allen nicht einverstanden.
Womit denn?
Die verschweigen uns viel – aber nie aus Böswilligkeit. Das ist so gekommen, weil man sich mit gewissen Themen der Lächerlichkeit aussetzt. Und das will kein Medium: verurteilt werden, weil man endlich einmal gründlich recherchiert, ob und wann Ausserirdische schon mal auf der Erde waren.
Und wie stehen Sie zur Wissenschaft?
Die Wissenschaft ist die Geschichte der Irrtümer und Erfolge. Auch sie hat sich immer dem jeweiligen Zeitgeist unterwerfen müssen. Stellen Sie sich vor, früher hiess es einmal: Hallo, den kann man doch nicht ernst nehmen, da kommt so ein Darwin und schwätzt irgendwas von Evolutionstheorie. Der Zeitgeist ist die gerade herrschende Vernunft. Und in einem bestimmten Masse kämpfe ich gegen diese gerade herrschende Vernunft. Aber es tut sich was.
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Sie scheinen ihm nicht immer ganz geheuer zu sein, seine Nachfolger in der Szene. Wer seine Bücher liest, kontrolliert Erich von Däniken längst nicht mehr – wie sollte er auch, bei diesen Zahlen.
Das Von-Däniken-Universum führt ein Eigenleben, das gilt für sein Publikum, aber auch für seine Bücher. Seit Jahren werden sie über Sekundär- und Tertiärrechte in alle Welt veräussert, von Däniken selbst verdient dabei nach eigenen Angaben teils nur noch wenige Rappen pro verkauftes Exemplar. «Ich war nie Millionär, aber zum Leben hat es allemal gereicht.» Der Schwarzmarkt lebt, in Südamerika habe er auch schon Bücher unterschrieben, die er noch nie gesehen habe.
Aus Brasilien, Bolivien, Peru hat er von örtlichen Tourismusdirektionen Dankesschreiben erhalten, weil seine Bücher den vermeintlichen Alien-Landungsstätten wie etwa Nazca massenhaft Besucher bescherten. Von Däniken wirkt stolz und manchmal gleichzeitig irritiert, wie bekannt er in gewissen Gegenden ist. Vom «Däniken-Markt» spricht er in solchen Fällen. Es ist ein Phänomen, das längst grösser ist als der Autor selbst.
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