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Amerikas grösste Gönnerin
Diese Frau verschenkt Milliarden, «bis der Safe leer ist»

Die reichste Frau der Welt: MacKenzie Scott, ehemalige Bezos.
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MacKenzie Scott ist die Gönnerin, die in diesem schwierigen Jahr so viel Geld in so kurzer Zeit an so viele Gruppen verteilt hat wie sonst keine andere. Berücksichtigt wurden im Besonderen Hochschulen für Schwarze, Latinos und Ureinwohner der Vereinigten Staaten. Beschenkt wurden auch Hilfsorganisationen für Bedürftige, Lehrlingsausbildner, Katastrophenopfer und Food Banks, die Familien mit Lebensmitteln versorgen.

«Die Pandemie wirkte wie eine Abrissbirne im Leben der Amerikaner», begründet sie ihren Effort. «Für Frauen, Farbige und in Armut lebende Menschen waren die Gesundheits- und Wirtschaftsprobleme ungleich schlimmer, während der Wohlstand der Milliardäre erheblich gestiegen ist.»

Dabei hat MacKenzie Scott in einem ausserordentlichen Ausmass von der wachsenden Ungleichheit profitiert. Vor knapp zwei Jahren, als sie von Amazon-Gründer Jeff Bezos geschieden wurde und dafür ein Aktienpaket des Onlinehändlers erhielt, war sie mit 23 Milliarden Dollar eine der reichsten Frauen der Welt. In diesem Jahr wurde sie dank der starken Aufwertung von Amazon mit 63 Milliarden zur reichsten Frau überhaupt.

6 Milliarden in fünf Monaten

Es wäre also ein Leichtes, sich zurückzulehnen und darauf zu warten, dass die Regierung hilft. Stattdessen stellte sie ein Team von Expertinnen zusammen, die über 6000 Hilfswerke und Schulen begutachteten und schliesslich 500 für eine Spende auswählten.

«Ich habe eine unvorstellbare Menge Geld», bekennt sie. Doch 2020 sei erst der Anfang. «Ich mache weiter, bis der Safe leer ist.» Denn: «Alles, was du nicht frei und reichlich gibst, geht dir verloren. Du öffnest den Safe und findest Asche.»

In fünf Monaten spendete sie rund 6 Milliarden Dollar. Mehr Geld dürfte dieses Jahr keine Einzelperson verschenkt haben. Die Hilfe floss ohne bürokratischen Aufwand, und sie floss angesichts der Corona-Krise rasch. Viele Beschenkte wussten überhaupt nicht, dass sie ausgewählt wurden. Sie wurden lediglich mit einem Telefonanruf oder einem E-Mail informiert, dass demnächst eine Spende einer anonymen Gönnerin zu erwarten sei und das Geld verwendet werden sollte, wo es am dringendsten gebraucht werde.

«Spender auf allen Ebenen wissen nun, welche Institutionen besondere Unterstützung brauchen.»

Ray Madoff, Rechtsprofessor am Boston College

Ein Anruf erreichte auch Harold L. Martin, Kanzler der North Carolina A&T State University, der grössten historisch schwarzen Hochschule des Landes. 45 Millionen Dollar, die grösste Spende je für die Hochschule mit 12’000 Studenten, die nach dem Bürgerkrieg gegründet worden war, um schwarze Schüler zu Ingenieuren und Agrarwissenschaftlern auszubilden. «Wir haben uns überschlagen vor Freude», erklärte Martin der «Washington Post». Das Geschenk erlaube es der Schule, ihre Tradition der praxisnahen Ausbildung und der Erziehung zur sozialen Verantwortung und zum Engagement zu verstärken.

Spenden in doppelter oder gar dreistelliger Millionenhöhe an Hochschulen sind nicht ungewöhnlich. Das Gönnertum ist in den USA eine eigenständige Industrie mit Milliardenumsätzen und viel Prestige. Deshalb werden überwiegend Elitehochschulen wie Harvard und Stanford oder Topspitäler, Forschungszentren, Museen und Theater berücksichtigt. «Die meisten Gönner sind Männer, und für sie ist der damit verbundene Status wichtiger als die Frauen», sagt Debra Mesch, Professorin am Philanthropie-Institut der Universität Indiana. «Frauen haben es nicht nötig, ihren Namen an der Fassade eine Gebäudes verewigt zu sehen.»

Sie bleibt anonym

Aus diesen Gründen stehen zum Beispiel Suppenküchen, Jugendclubs, Schulen in Indianerreservaten oder für Latinos und Schwarze nicht oben auf der Liste der reichen Gönner. Diese verwalten und verteilen ihr Geld lieber wie Risikokapitalgeber. Das aber hat nach einer Untersuchung der Bridgespan-Beratergruppe, mit der Scott zusammenarbeitete, drei Nachteile. Erstens wird das Geld lange gehortet, anstatt es rasch einzusetzen. Gemäss Bridegespan liegt zurzeit etwa eine Billion Dollar auf steuerbefreiten Gönnerkonten brach. Zweitens werden die Mittel in die immer gleichen, sowieso schon vermögenden Institutionen gesteckt. Und drittens verschlingt der dafür benötigte bürokratische Apparat zwischen 17 und 35 Prozent der Mittel.

Das mache MacKenzie Scott besser, findet Ray Madoff, Rechtsprofessor am Boston College. Sie habe das Geld nicht nur rasch verteilt, sondern die Kriterien ihrer Auswahl auch veröffentlicht. «Spender auf allen Ebenen wissen nun, welche Institutionen besondere Unterstützung brauchen.»

Während renommierte Stiftungen wie Carnegie, Bloomberg oder jene des Ehepaars Gates Hunderte von Angestellten beschäftigen und protzige Geschäftssitze bauten, hat Scott weder eine Website noch eine Postadresse. Die Mittel liegen auf den Konti von grossen Anlagefirmen, von wo sie ohne Aufwand an die Empfänger geschickt werden. Das hat einen Vorteil. Mit ihrem Verteilkonzept muss sie die Namen der Empfänger nicht veröffentlichen, und sie selber kann anonym bleiben. Das wiederum entspricht ganz ihrer Philosophie: «Es gibt diese tiefe Ermutigung, die jedes Mal empfunden wird, wenn eine Person von einem anderen Menschen gesehen und geschätzt wird und Vertrauen erhält. Diese Art der Ermutigung hat eine besondere Kraft, wenn sie von jemand Fremdes kommt.»