Kommentar zu den Sperren für TrumpDie scheinheiligen Zauberlehrlinge vom Silicon Valley
Die Social-Media-Tycoons wollen sich als Teil der Lösung präsentieren, doch die Schande ihres Versagens werden sie so schnell nicht los.
Jetzt ist er weg. Wenigstens von den wichtigsten Plattformen, mit denen Donald Trump an seiner eigenen Regierung vorbeiregiert, gelogen, gehetzt hat. Twitter, Facebook und weitere Social-Media-Firmen haben Trumps Konten gesperrt. Auch Schlupflöcher – andere Konten, über die er sich trotzdem äussern wollte – sind gestopft.
Die grossen US-Techkonzerne machen es ihm zudem so schwer wie möglich, auf andere, zwielichtige Plattformen auszuweichen. Amazon hat die bei Trump-Fans beliebte App Parler von seinen Servern verbannt. Ob das reicht, den Noch-Präsidenten zum Schweigen zu bringen? Kaum.
Nicht nur das. Die späten Blockierungsversuche sind scheinheilig: Die Social-Media-Milliardäre im Silicon Valley haben mindestens so viel von Trump profitiert wie Trump von ihnen. Viele Menschen hätten nie von Twitter gehört, wenn Trump den Nachrichtendienst nicht zu seiner Bühne gemacht hätte. Der vormalige Reality-TV-Star ist mit Mark Zuckerberg und seinen Kollegen im Lift hochgefahren – bis ins Weisse Haus. Nun werfen sie ihn raus.
Die Social-Media-Milliardäre im Silicon Valley haben mindestens so viel von Trump profitiert wie Trump von ihnen
Aber wie Goethes Zauberlehrling werden die Tycoons nicht so schnell los, was sie selber heraufbeschworen haben. An Twitter und Facebook haftet jetzt definitiv die Schande, als Megafon für Lügen, Hass und Wahn die Demokratie zu gefährden, in den USA und anderswo.
Die Zauberlehrlinge wollen sich jetzt als Teil der Lösung darstellen. Das wird nicht aufgehen. Trotz schon zahlreicher Skandale haben sie es verpasst, angemessen und glaubwürdig auf den Missbrauch ihrer Plattformen zu reagieren. Fehlgeleitet von ihren eigenen Algorithmen und dem Diktat des Profits, haben sie konsequent favorisiert, was ihre User auf ihren Sites hielt.
Es ist traurig für das grosse Versprechen des Internets, eine Plattform von allen für alle zu sein, frei und unzensiert. Aber ohne mehr politisch vorgegebene Regeln, was geht und was nicht, werden wir auf diesem Ort der politischen Debatte nicht mehr auskommen.
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