Analyse zur Gedenkfeier für Elisabeth KoppDie Politprominenz kam, die Bevölkerung blieb fern
Die Gemeinde Zumikon stellte sich auf Hunderte Trauergäste für die erste Bundesrätin der Schweiz ein. Doch es kamen am Mittwoch deutlich weniger. Woran liegt das?
Die reformierte Kirche in Zumikon war bis auf den letzten Platz besetzt, als am Mittwoch die Gedenkfeier für die im Alter von 86 Jahren verstorbene Alt-Bundesrätin Elisabeth Kopp stattfand. Selten kommt auf so engem Raum so viel Politprominenz zusammen. Fünf ehemalige Bundesräte, zwei amtierende Bundesrätinnen und zwei Regierungsrätinnen sowie zahlreiche weitere Grössen aus Politik und Gesellschaft fanden sich unter den gut 220 Anwesenden ein.
Auffallend still war es hingegen einige Hundert Meter weiter weg in der Turnhalle Farlifang, in welche die Feier übertragen wurde. Die Gemeinde hatte für 500 Personen Stühle aufgestellt. Die knapp 70 Personen, die sich dann tatsächlich einfanden, gingen in der grossen Halle fast unter. Die vielen leeren Stühle gaben ein tristes Bild ab. Eine Zumikerin sagte denn auch gegenüber dem Regionaljournal von SRF, sie habe es erschüttert, wie wenig Leute gekommen seien. «Es ist ein bisschen gschämig für Zumikon.»
Jüngere kennen Kopp nicht mehr
Wie beschämend ist es aber tatsächlich? Es ist zumindest gut erklärbar in einer schnelllebigen Zeit, in der alle rasch in Vergessenheit geraten, sobald sie nicht mehr in der Öffentlichkeit präsent sind. Dies gilt selbst für Personen, die schon zu Lebzeiten Eingang in die Schweizer Geschichtsbücher gefunden haben. So, wie es bei Elisabeth Kopp der Fall war – als Pionierin und Vorkämpferin für Frauenrechte, als erste Bundesrätin des Landes, aber auch wegen ihres unfreiwilligen Rücktritts, der die Schweizer Politlandschaft erschütterte.
Aber eben: Fast 40 Jahre sind es her, seit die Zumikerin 1984 in den Bundesrat gewählt wurde, und seit ihrem Rücktritt 1989 sind ebenfalls schon mehr als 30 Jahre vergangen. Obwohl man Elisabeth Kopp als historische Persönlichkeit bezeichnen kann, ist sie in der Erinnerung vieler Menschen bereits verblasst.
Ihr Name dürfte jüngeren Generationen zum Teil nichts mehr sagen, ist sie doch schon so lange aus der breiten Öffentlichkeit verschwunden. Mit zunehmendem Alter war sie auch im Dorf weniger zu sehen. Wer erst in letzter Zeit nach Zumikon gezogen ist, dürfte sie kaum noch persönlich kennen gelernt haben.
Zur Trauerfeier in die Turnhalle?
So nahmen aus der Bevölkerung wohl nur wenige alteingesessene Zumikerinnen und Zumiker an der Feier teil. Und wer nicht im Dorf wohnt und keinen speziellen Bezug zu Elisabeth Kopp hat, mochte wohl nicht den Weg mit der Forchbahn oder dem Auto in die kleine Gemeinde auf sich nehmen.
Kommt hinzu: Die Aussicht, bei schönem Wetter und mitten in der Ferienzeit in einer Turnhalle zu sitzen und auf eine Leinwand zu starren, ist nicht gerade vielversprechend. Eine Videoübertragung kann keine Trauerfeier in einer Kirche ersetzen, wo ein Abschied stimmiger, sinnlicher und emotionaler ist. Vielleicht wären ins Zürcher Grossmünster mehr Menschen gekommen, doch war dies nicht im Sinne der ehemaligen Zumiker Gemeindepräsidentin, die eine bescheidene Feier in ihrem Wohnort wünschte.
Die Linken kamen nicht
Bei genauerem Hinschauen merkt man aber auch, dass nicht nur die breite Bevölkerung der Feier fernblieb. Dass sich viele Grössen aus der Politik einfanden, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass gewisse politische Kreise praktisch abwesend waren. Linke Frauenrechtlerinnen, welche die erste Schweizer Bundesrätin durchaus als Vorreiterin für Frauenrechte würdigen könnten, waren kaum anzutreffen.
Obwohl sich Elisabeth Kopp unter anderem mit dem neuen Eherecht für die Besserstellung der Frauen in der Gesellschaft einsetzte, eignet sie sich, die Freisinnige, offenbar nicht als Symbolfigur für Gleichstellung. Unter den Gästen waren denn auch hauptsächlich Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerlichen, vor allem der FDP, der Mitte und der SVP.
Wobei sich selbst die eigene Partei lange schwergetan hat im Umgang mit ihrer Spitzenpolitikerin, die sie damals fallen liess. Immerhin bat nun FDP-Präsident Thierry Burkart, der bei Kopps Rücktritt noch ein Kind war, im Namen der FDP öffentlich um Entschuldigung.
Auch wenn diese zu spät kommen mag für Elisabeth Kopp: Versöhnlich, und vor allem würdig, war der Anlass trotzdem – auch mit weniger Trauergästen als vielleicht erwartet. Grossen Anteil daran hatte Elisabeth Kopps Tochter, die sich mit bewegenden Worten von ihrer Mutter verabschiedete und sie als das würdigte, als das sie die meisten Leute gar nie kannten: als Privatperson.
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