Analyse zum WeltwirtschaftsforumDie Politiker bringen das Licht, die Manager suchen den Schatten
Die grossen Auftritte der Politiker sollen dem WEF internationalen Glanz verleihen. Den Managern kommt das entgegen: Sie wirken lieber hinter verschlossenen Türen.
Nun werden sie wieder abgebaut, die grossen Pavillons an der Promenade in Davos. Sie bestimmen das Bild der Stadt während des Weltwirtschaftsforums und sind immer ein sicheres Zeichen dafür, wo derzeit das grosse Geld gemacht wird. Dieses Mal kamen sie aus Saudiarabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Indien.
Daneben standen die Bauten der grossen Techfirmen aus Indien oder den USA wie Google oder Microsoft. Die Firmen streichen zwar gerade Tausende Stellen, für einen pompösen Auftritt in Davos hat das Geld aber noch gereicht.
Für den Glanz sollten die Reden von Politikerinnen und Politikern sorgen. Den bewegendsten Auftritt hatte die ukrainische First Lady Olena Selenska, die um Hilfe für die Ukraine bat. Routiniert, aber wenig erkenntnisreich waren dagegen die Reden des deutschen Kanzlers Olaf Scholz und der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Die kraftlosen Ansprachen zeigten vor allem auch: Die grossen politischen Ankündigungen und Entscheidungen werden nicht mehr in Davos gemacht. Das unterstrich der Auftritt des chinesischen Vizepremiers Liu He. Der reiste nämlich von dort nach Zürich, wo er die US-Finanzministerin Janet Yellen traf. Ein Gespräch, dem wegen der Spannungen zwischen den USA und China grosse Bedeutung zukommt.
Die Manager sind begeistert
Die Manager und weiterhin eher wenigen Managerinnen blieben derweil im Hintergrund. Sie trafen sich an «Private Sessions» und zum «Speed-Dating» – sehr kurzen Sitzungen – oder an den rauschenden Partys am Abend. Auf den grossen Podien in Davos erklärten Wirtschaftsexperten, wie sich die Teuerung entwickeln könnte (sie dürfte wohl länger hoch bleiben, als uns lieb ist) und ob die Zinsen deswegen weiter steigen sollten (es sieht danach aus).
Die Stimmung am Forum sei äusserst entspannt gewesen, berichten mehrere befragte Manager. Endlich waren die Einschränkungen der Pandemie vorbei. Fast jeder Gesprächspartner sagte: «Es ist so wichtig, dass wir wieder miteinander sprechen können.» Der persönliche Austausch habe gefehlt.
Vieles wird in Davos angebahnt, was später an einem anderen Ort zu einem guten Deal führt.
Er treffe hier innerhalb von wenigen Tagen zahlreiche Kunden und Geschäftspartner, das lohne sich, sagt einer der nach Davos angereisten Manager. Auch wenn nicht immer gleich etwas dabei herausschaut, sondern vielleicht erst in ein paar Monaten. Vieles wird in Davos angebahnt, was später an einem anderen Ort zu einem guten Deal führt.
Die Botschaft ist klar: Die Managerinnen und Manager haben die Kosten und den Nutzen des Forums für sich genau abgewogen und erachten es als wertvoll.
Diesen Zweck erfüllt das WEF also, mehr aber wohl nicht. Das Schlusswort überliess Forumsgründer Klaus Schwab diesmal WEF-Präsident Borge Brende. Der sagte, Zusammenarbeit sei der einzige Weg, um eine Lösung für die zahlreichen Probleme der Zukunft zu finden.
Das mag stimmen – fraglich ist, wie viele Managerinnen und Manager das gehört haben. Viele waren nach ihren letzten Meetings schon am Donnerstagabend abgereist.
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