Corona-Infektionen in der Schweiz«Es gibt eine Häufung der Fälle von Einreisenden aus Serbien»
52 neu gemeldete Infektionen, 150'000 Downloads: Das BAG informiert in Bern über die epidemiologische Lage und die Entwicklung der Covid-App. Wir berichten live.
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Verantwortliche des Bundes und Expertinnen informierten über den Start der Schweizer Covid-App und die epidemiologische Lage.
Das Wichtigste in Kürze:
- In der Schweiz und in Liechtenstein sind innerhalb eines Tages 52 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus gemeldet worden.
- «Wir sehen eine leichte Tendenz zu steigenden Fallzahlen», sagte Stefan Kuster vom Bundesamt für Gesundheit.
- In der ganzen Schweiz befinden sich 160 Personen in Isolation, 715 weitere in Quarantäne.
Bilanz der Medienkonferenz
Seit Mitternacht kann die offizielle Corona-Warn-App des Bundes heruntergeladen werden. Zahlreiche Behördenvertreter, darunter Gesundheitsminister Alain Berset, haben am Donnerstag für die Anwendung geworben und offene Fragen geklärt.
«Ich habe die Swiss-Covid-App auf mein Smartphone geladen, und ich empfehle Ihnen, es mir gleichzutun», schrieb Berset auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Je mehr Personen die App nutzten, desto besser könne sich die Bevölkerung vor dem Virus schützen. «Es ist eine kleine Geste mit einer grossen Wirkung.»
Die App dient als Hilfsmittel für die die klassische Kontaktverfolgung (Contact Tracing). Die App soll helfen, Infektionsketten zu unterbrechen. Der Bundesrat hatte am Mittwoch die entsprechende Verordnung verabschiedet. Die freiwillige und kostenlose Anwendung ist in neun Sprachen verfügbar.
Internationale Anwendung in Arbeit
Mit der Swiss-Covid-App für Mobiltelefone werden Benutzer gewarnt, falls sie engen Kontakt mit einer infizierten Person hatten. Wer sich nach einer Warnung auf Anordnung eines Arztes oder einer Behörde in Quarantäne begeben muss, hat Anrecht auf den Corona-Erwerbsersatz.
Dereinst soll es auch möglich sein, die Swiss-Covid-App mit ausländischen Apps zu verbinden. «Wir sind im Austausch mit den Nachbarstaaten auf der technischen und der regulatorischen Ebene», sagte Sang-Il Kim, Leiter Abteilung Digitale Transformation im Bundesamt für Gesundheit (BAG), am Mittwoch. Man versuche, gemeinsam mit den EU-Staaten eine Vereinbarung zu finden, möglichst noch im Sommer.
Warnung vor Missbrauch
Sicherheitsbedenken rund um die App hat der Bundesrat keine. Die Anwendung sei eingehend auf die Sicherheit und die Benutzerfreundlichkeit getestet worden, hiess es. Während der Testphase seien keine Meldungen eingegangen, die als kritisch oder systemrelevant hätten beurteilt werden müssen.
Der ausländische IT-Sicherheitshersteller Eset warnte am Donnerstag trotzdem vor Missbrauch. Die Erfahrung mit ähnlichen Tools im Ausland zeige, dass Cyberkriminelle alles versuchen würden, um mit gefälschten Apps, Webseiten und Phishing-Attacken Profit zu schlagen. Umso wichtiger sei es, die richtige App herunterzuladen.
150'000 Downloads seit Mitternacht
Weitere Personen kritisieren, dass die Swiss-Covid-App auf älteren Smartphones teilweise nicht genutzt werden könne. Bei iOS hat das mit dem Einbezug der Apple-Schnittstelle zu tun. Ältere Geräte können diese Schnittstelle nicht nutzen.
Trotzdem wurde die Anwendung seit Mitternacht bereits 150'000 Mal geladen. Das sagte Mathias Wellig, Geschäftsführer der Firma Ubique, welche die App entwickelte. Kim vom BAG sagte, dass er zufrieden wäre, wenn 20 Prozent aller Smartphones die App installiert hätten.
Wichtiger als die Downloads ist dann aber die Zahl der aktiven Apps. «Die App wird hoffentlich ein nützliches Werkzeug zur Pandemie-Bekämpfung sein», sagte Epidemiologe Marcel Salathé. Ob sie das aber tatsächlich sei, wisse man nicht. «Da müssen wir bescheiden bleiben.»
Schlusswort von Kuster
Kuster erinnert daran, dass sämtliche anderen Massnahmen wie Abstand halten und Hände waschen weiterhin wichtig seien. Man könne nicht verhindern, dass gewisse Übertragungen stattfinden, etwa an Partys. Hier soll die App helfen, damit man das Contact Tracing nach der Infektion sauber durchführen könne.
Die Medienkonferenz ist nun zu Ende. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frage: Was tun mit Fehlalarmen?
Das sein in der Tat eine Limitierung, erklärt Kim. Das Tool teile Informationen von Smartphone zu Smartphone aus und nicht von Mensch zu Mensch. «Wir gehen aber davon aus, dass die Menschen das Smartphone normalerweise nahe bei sich haben.»
Problempunkt alte Apparate
Welling muss zugeben, dass es unglücklich sei, dass die App nur auf dem neusten Betriebssystem laufe. Aber es sei eben ein technischer Entscheid gewesen. Kim ergänzt, dass nur 20 Prozent der Nutzer in diesem Land technisch ausgeschlossen seien. In anderen Ländern wäre diese Zahl viel höher.
Frage: Wie sieht die Lage in Serbien aus?
BAG-Mann Kuster, quasi der Nachfolger von Daniel Koch, erklärt, dass aus Serbien sieben Fälle importiert worden seien. «Das sind Leute, die über den Land- und Luftweg zu uns kommen. Offenbar hat es in Serbien zur Zeit eine hohe Virenaktivität.»
Generell seien 15 bis 20 Prozent der Fälle aus den letzten Tagen importiert worden. Massnahmen seien Selbstquarantäne oder Checks der Temperatur bei der Einreise. Kuster erinnert daran, dass man sich auch im Ausland an die üblichen Schutzmassnahmen halten solle. Wenn man sich krank fühle, solle man auf gar keinen Fall reisen.
Frage: Wieviele Fälle können pro Tag überprüft werden?
Kuster vom BAG sagt, dass man über 100 Fälle, die sich über das ganze Land verteilen, überprüfen könne. Die Kantone seien bereit und in der Lage, die Ressourcen hochzufahren, wenn das nötig werde.
Frage: Wieviele Nutzer braucht es, damit die App effektiv ist?
Kim vom BAG meint, dass man die genaue Prozentzahl nicht sagen könne. Er persönlich wäre froh, wenn 20 Prozent der Smartphone-Besitzer die App nutzen würden.
Frage: Warum funktioniert die App nicht auf älteren Geräten?
Ubiqe-CEO Mathias Wellig sagt dazu: «Bei iOs hat das schlicht mit dem Einbezug der Apple-Schnittstelle zu tun. Ältere Geräte können diese Schnittstelle nicht nutzen.»
Frage: Wie geht man mit einer Falschmeldung der App um?
Kim antwortet, dass die App als technisches Hilfsmittel nicht erkenne, ob der Kontakt drinnen oder draussen stattgefunden habe – mit oder ohne Maske. Trotzdem sollen die Menschen ermutigt werden, bei einer Benachrichtigung in Quarantäne zu gehen und einen Test zu machen. «Wir haben lieber mehr falsche positive Meldungen und finden dafür den einen Infizierten, denn genau das ist das Ziel.»
Frage: Wann soll man die App abschalten?
Kim sagt, dass dies eine persönliche Einschätzung sei. «Wenn Sie aber das Gefühl haben, ich bin in einer sicheren Umgebung, dann kann man die App abschalten.» Salathé ergreift das Wort und kommt auf die viel diskutierte Masken-Problematik zu sprechen. «Wir können heute davon ausgehen, dass die Masken etwas nützen. Aber sie stellen keinen absoluten Schutz dar. Das darf man auch nicht vergessen.»
Frage: Wenn man positiv war - soll man die App laden?
Salathé antwortet: «Grundsätzlich ja. Wir wissen noch zu wenig über das Virus.» Er würde das auf jeden Fall empfehlen — zumindest im Moment.
Frage: Können Angriffe sofort entdeckt werden?
Wellig erklärt, dass alles lokal gespeichert sei. Deshalb sei es sicher, dass die Privatsphäre geschützt ist. Auch direkt aktiviertes Bluetooth sei kein Sicherheitsrisiko. Es könne zwar auch hier sein, dass in der Bluetooth-Schnittstelle Lücken gefunden werden können. «Das bezieht sich aber nicht auf unsere App, sondern auf Bluetooth an sich. Die Hersteller sind bemüht, diese Schnittstelle sicher zu machen.»
Frage: Ist die App sicher? Wie sieht es mit Cyberangriffen aus?
Kim vom BAG sagt dazu: «Die potenziellen Lücken im System haben wir uns sehr genau angeschaut.» Die Lücken, die jetzt noch geblieben seien, ergeben sich einfach aus der Technologie und nicht, weil etwas falsch gemacht oder nicht bedacht worden sei. Ihm sei kein Hacker-Angriff während der Testphase bekannt.
150'000 Neuinstallationen in einem Morgen
Mathias Wellig, Chef des App-Entwicklers Ubique, berichtet gut gelaunt, dass seit Mitternacht 150'000 Neuinstallationen zu verzeichnen seien. Damit steigert sich die Zahl der Menschen, die in der Schweiz die Swiss-Covid-App benützen, auf 300'000 Personen. Wellig hofft, dass es zukünftig noch mehr Menschen werden.
Reproduktionszahl leicht über 1
Nun hat Professor Marcel Salathé das Wort. Man baue kein Haus nur mit einem Werkzeug und bekämpfe keine Pandemie nur mit einer Massnahme, erklärt er. Das gelte auch für die App, welche sich in die Gesamtstrategie Testen - Tracing - Isolieren einfüge. Die Reproduktionszahl – also wie viele Folgefälle eine Infektion im Schnitt auslöst – liegt laut Salathé gemäss neusten Erkenntnissen ungefähr bei 1 oder leicht darüber.
Das Ziel sei, diese Zahl unter 1 zu halten. Von zehn Personen, welche ein Infizierter im Schnitt in der ansteckenden Phase trifft, seien ungefähr 10 Prozent infiziert – eben die eine Person, welche ein Infizierter im Schnitt ansteckt. Der Epidemiologe hofft, dass sich die App als ein wirkungsvolles Instrument für die Pandemie-Bekämpfung herausstellt.
Datenschutz garantiert
Sang-Il Kim appelliert an die Bevölkerung: «Laden Sie diese App herunter. Sie schadet nicht, sie nützt auch der Öffentlichkeit. Und wir können auch den Datenschutz garantieren.» Zuvor hat er noch einmal die App erklärt: Wer gewarnt wird, erhält eine Meldung auf der App. Er wird dann gebeten, die Swiss Covid-Infoline anzurufen. «Wir glauben, dass dort die wichtigsten Fragen gestellt und beantwortet werden können. Es handelt sich um eine zentrale Anlaufstelle für den weiteren Vorgang.» In dem Gespräch werde geklärt, welcher Art der Kontakt war. Je nachdem kann die Infoline den Rat geben, den kantonsärztlichen Dienst zu kontaktieren, wo angeordnet werden kann, dass jemand in die Quarantäne gehen soll. Mit dieser Anordnung sei auch die Lohnfortzahlung sichergestellt.
App ist live - tausendfach heruntergeladen
Sang-Il Kim vom BAG sagt hocherfreut: Wir sind jetzt live mit der App. Sie wurde um Mitternacht aufgeschaltet. Bereits kurz nach 11 Uhr hätten einige Tausend die App heruntergeladen. Wie schon gestern erklärt der Mann vom BAG, dass man mit dem Austausch respektive Verbindungen mit dem Ausland noch warten müsse.
Wichtiger als die Downloads sei aber für das BAG die Zahl der aktiven Apps, erklärt Sang-Il Kim.
Funktioniert das Schutzkonzept?
Angela Schwab spricht über das Vollzugsmonitoring der Schutzkonzepte. Grundlage dafür bilden die Informationen von kantonalen Stellen, Bundesstellen und öffentlichen Betrieben sowie eine Umfrage. Beim Monitoring stehen drei Fragen im Zentrum:
1. Wie breitet sich das Virus aus?
2. Wie werden die Schutzkonzepte umgesetzt?
3. Wie verhält sich die Bevölkerung?
Aus dem aktuellen Monitoring sei ersichtlich, dass die Mobilität sich wieder auf normalem Niveau eingependelt habe. Auch die Reiseaktivität liege wieder im Bereich wie vor der Pandemie, die Menschen benutzten aber weniger die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Tendenz sei aber auch hier wieder steigend.
Im ÖV würden die Massnahmen zum Schutz der Angestellten und der Verkehrsteilnehmer gut umgesetzt. Das Tragen von Masken bildet aber die Ausnahme: Die Abstände können gerade in den Stosszeiten nicht mehr eingehalten werden. Nur 0 bis 5 Prozent der Fahrgäste in Bussen und Trams und 6 bis 20 Prozent der Zugfahrer tragen eine Maske, warnt Schwab.
Anwesende Personen
Folgende Personen sind anwesend:
Gregor Lüthy, Bundesamt für Gesundheit (BAG), Leiter Kommunikation
Stefan Kuster, BAG, Leiter Abteilung Übertragbare Krankheiten
Angela Schwab, Bundesamt für Bevölkerungsschutz, Stv. Leiterin Fachbereich Operationen
Sang-Il Kim, BAG, Leiter Abteilung Digitale Transformation
Mathias Wellig, Geschäftsführer Ubique
Marcel Salathé, Professor EPFL
52 neue Fälle, viele aus Serbien
Stefan Kuster vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nennt die neusten Zahlen: In der Schweiz und in Liechtenstein sind innerhalb eines Tages 52 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus gemeldet worden. «Wir sehen eine leichte Tendenz zu steigenden Fallzahlen», sagt Kuster. Aktuell lägen 22 Personen wegen Covid-19 auf Intensivstationen, elf davon würden beatmet.
Der steigende Trend in den vergangenen Tagen kommt laut Kuster nach den Lockerungsschritten nicht ganz unerwartet. Es gebe eine Häufung von Fällen bei Einreisenden aus Serbien. Mit dem Land bestünden zwar noch Einreisebeschränkungen, doch in Ausnahmefällen sei eine Einreise möglich. «Wir sehen Häufungen bei Einreisen aus Serbien», sagt Kuster weiter.
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