Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Peloton-Heimtrainer
Die Mördermaschine im Wohnzimmer

Das Teufelsgerät! Fast hätte der Peloton wieder zugeschlagen. Fast hätte es uns «Wag» geraubt.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Den Job von Dara Treseder, die den Bereich Marketing und Kommunikation bei Peloton leitet, möchte man derzeit wirklich nicht haben. Am vergangenen Freitag musste sie ihren Chefs melden, dass es schon wieder passiert ist: Schon wieder ist eine Figur aus einer TV-Serie auf einen der von Peloton hergestellten Fahrrad-Ergometer gestiegen und hat einen Herzinfarkt erlitten.

Im vergangenen Monat brach der Börsenkurs des derzeit ohnehin durch sinkende Verkaufszahlen angeschlagenen Sportgeräteherstellers ein. Mr. Big, Objekt der Begierde aus «Sex and the City», inzwischen gealtert, hatte zu Beginn der neuen Staffel sein Peloton-Work-out nicht überlebt.

Am Freitag startete nun die neue Staffel von «Billions», einer Serie über skrupellose Hedgefonds-Manager. Einer von ihnen, Mike «Wag» Wagner, trägt einen Ring, in dem Sensoren heimlich seine Herzfrequenz überwachen und an seinen neuen Boss übermitteln. Der steht zusammen mit einem Mitarbeiter vor einem Monitor und sieht sich an, was sich da auf der gezackten Kurve zusammenbraut. «Sex. Er hat Sex», sagt er, aber der Mitarbeiter ist nicht überzeugt. Für ihn sehe das eher nach einem Herzinfarkt aus. Kurz darauf klopfen zwei Polizisten an der Wohnungstür von «Wag», der verschwitzt von seinem Peloton steigt, um ihn ins rettende Krankenhaus zu bringen.

Mr. Big dreht noch eine Runde

Peloton sagte der «New York Times», die Firma habe vorab nichts von der Szene gewusst. Es betonte «die deutlichen Vorzüge von Herz-Kreislauf-Ausdauertraining, damit Menschen lange, glückliche Leben führen können» – so wie damals bei der Sache mit Mr. Big: Peloton liess nach dessen Serientod in einem Statement eine Kardiologin spekulieren, nicht der Sport habe ihn umgebracht, sondern die Zigarren, die Cocktails, die Steaks, kurz, seine «Lebensgewohnheiten und vielleicht sogar seine familiäre Vorgeschichte».

Ausserdem produzierte das Unternehmen damals eilig ein Video mit Chris Noth, dem Darsteller von Mr. Big. In dem Clip (der kurz darauf offline ging, nachdem zwei Frauen Noth sexueller Übergriffe beschuldigt hatten) sitzt Mr. Big putzmunter auf einer Couch vor einem Kaminfeuer und fragt eine Peloton-Trainerin, ob sie noch eine Runde drehen wolle. Sport ist gesund, so die Botschaft. Peloton tötet nicht.

Letzte Runde auf dem Peloton – und dann wars geschehen um Mr. Big.

Zumindest im echten Leben ist das wohl so. Im Bereich der Fiktion hingegen verdichten sich die Hinweise, dass irgendwas Teuflisches mit den hippen Elektro-Tretmühlen vor sich geht. Zumal die Produzenten von «Billions» in einem Statement beteuern, dass die Szenen bereits im vergangenen Frühjahr gedreht worden seien, lange vor der Ausstrahlung der Fortsetzung von «Sex and the City»; erst nachträglich sei die Anspielung eingefügt worden, dass «Wag» sagt, er werde «nicht abtreten wie Mr. Big».

Offenbar lag da etwas in der Luft. Vielleicht hat es damit zu tun, dass das Peloton zu einem Symbol der erzwungenen Häuslichkeit in der Pandemie geworden ist, komplementär zur Maske. Draussen FFP2, drinnen hecheln auf dem Peloton. Als die Fitnessstudios schlossen, stellten sich viele Menschen die smarten Heimtrainer ins Wohnzimmer, um über deren Bildschirme mit anderen Kalorienverbrennern virtuelle Radrennen zu fahren.

Gleich geschafft! Jetzt noch mal alles geben! Mehr Pandemie-Blues geht nicht.

Man strampelt also allein zu Hause, die Welt da draussen schrumpelt zu einer Art Computerspiel zusammen, aber statt dass sich die im Frühjahr 2020 versprochene Entschleunigung einstellt, feuert einen die von irgendwo auf der Welt zugeschaltete Trainerin an: Go! Nur ein Stückchen noch! Gleich geschafft! Jetzt noch mal alles geben! Mehr Pandemie-Blues geht nicht.

Eine Herzoperation später steht Mr. Big in der Serie wieder im Büro, seine Mitarbeiter klatschen, einer ruft: «Er lebt!» Genauso müsste der Empfang zurück in der Normalität aussehen, wenn die Pandemie dann irgendwann doch mal vorbei ist – aber natürlich wird es viel profaner sein. Ach, was sind wir ausgepowert.