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Börsengang von Sandoz
Eine Branche, die alles überstrahlt

Die alte Sandoz kommt in neuer Form wieder an die Börse: Das Schild des damaligen Chemiekonzerns 1986 im Industriegebiet von Basel. 
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Der Nächste, bitte: Mit der geplanten Abspaltung des Generika-Herstellers Sandoz vom Basler Pharmariesen Novartis wird die Schweizer Börse ein weiteres Schwergewicht im Bereich Pharma/Medtech/Lifesciences bekommen. Mit einer geschätzten Marktkapitalisierung von rund 20 Milliarden Franken und einem breit gestreuten Aktionariat ist die eigenständige Sandoz ein sicherer Kandidat für die Aufnahme in das wichtigste Schweizer Börsenbarometer, den Swiss Market Index (SMI).

Durch die Ausgliederung sinkt zwar entsprechend der Börsenwert von Novartis. Doch ist der Konzern so riesig, dass sein Verbleib im SMI überhaupt nicht in Gefahr ist und mit Sandoz eine weitere Ausgründung in den Leitindex drängt. 

Gemäss den Daten des Börsenbetreibers SIX müsste sich Stand Ende Juni mit Blick auf die beiden Kriterien Börsenwert und Handelsvolumen die Swisscom Sorgen um ihren Verbleib im SMI machen.

Gesundheitsunternehmen machen bald Hälfte des SMI aus

Die Dominanz des Lifesciences-Sektors im SMI steigt sogar noch weiter an, weil SIX bereits angekündigt hat, den Hörgeräte-Hersteller Sonova ab September in den Leitindex aufzunehmen. Mit Sandoz werden dann insgesamt sieben der zwanzig SMI-Firmen aus diesem Sektor stammen.

Eine Überschlagsrechnung zeigt, dass inklusive Sandoz und Sonova die Schweizer Unternehmen des Gesundheitssektors und ihre Abspaltungen bald die Hälfte des Börsenwerts aller Firmen im SMI ausmachen werden. Die Übersicht enthält auch den Aromenhersteller Givaudan, da das Unternehmen einmal Teil des Roche-Konzerns war.

Der Aromen- und Riechstoffkonzern hat heute eine Marktkapitalisierung von rund 26 Milliarden Franken. Das in Genf ansässige Unternehmen wurde im Jahr 2000 von Roche abgespalten und an der Börse kotiert. Zuvor hatte der Pharmakonzern die Aroma-Sparte mithilfe von Zukäufen auf die Höhe der US-Konkurrenz gebracht. Inzwischen ist Givaudan der weltweit grösste Konzern in diesem Bereich. Er produziert etwa für Calvin Klein oder Colgate.

Aus einer Wiederabspaltung ging auch der Genfer Augenheilspezialist Alcon hervor. Das Unternehmen, dessen Ursprünge in Texas liegen, hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich: In den 70er-Jahren wurde es von Nestlé übernommen, Anfang der 2000er-Jahre brachte Nestlé die Augenheiltochter wieder in den USA an die Börse. Dann stieg Novartis ins Kapital ein und übernahm schrittweise die Mehrheit. Der damalige Konzernchef Daniel Vasella schwor noch auf die Diversifizierung.

Branche stellt die Hälfte der Exporte

Das ist lange her. 2019 brachte Vasellas Nach-Nachfolger Vas Narasimhan Alcon wieder an die Börse. Nun folgt im nächsten Jahr die Generika-Sparte Sandoz. Damit wird Novartis wieder ein lupenreiner Pharmakonzern, der ausschliesslich auf patentgeschützte und hochmargige Medikamente setzt. 

Das grosse Gewicht der Gesundheitskonzerne im Leitindex SMI ist durchaus repräsentativ für die Bedeutung der Branche für die Schweizer Wirtschaft insgesamt. So ist die Branche für die Hälfte der Schweizer Warenexporte verantwortlich. Anders ausgedrückt: Würden Roche und Novartis wegziehen, würde die Schweiz ein Defizit im Aussenhandel ausweisen. 

Gemäss einer Studie von BAK Economics hat der Pharmasektor in den vergangenen zehn Jahren rund ein Drittel zum Wirtschaftswachstum beigesteuert. Seit 1996 hat die Branche über 26´000 neue Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen. 

«Der Sektor ist für die Schweiz schon lange bedeutender als der Bankensektor» sagt René Buholzer, Geschäftsführer des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen Interpharma. «Dennoch spiegelt sich dies nicht automatisch in mehr politischem Einfluss der Branche wider. Ein Grund dafür ist, dass KMU in der Politik mehr Sympathien geniessen als multinationale Konzerne», erklärt er.

Bekanntlich zählt in Bern die Bauernlobby zu einer der mächtigsten, dabei steuert die Landwirtschaft nur 0,6 Prozent zum Bruttoinlandprodukt bei. Der Beitrag der Chemie- und Pharmaindustrie ist dagegen zehnmal so gross. Politischer Einfluss muss nicht automatisch mit der rein wirtschaftlichen Bedeutung einhergehen. 

Selbst in Kernanliegen kann sich die Branche aber oft nicht durchsetzen. So haben Pharmavertreter dem Bundesrat dringend davon abgeraten, die Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen einseitig zu kündigen. Vergeblich. «Damit die Branche weiter prosperiert, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das ungeklärte Verhältnis zu Europa ist hier ein Risikofaktor», sagt daher Interpharma-Chef Buholzer.