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Postchef im Interview
«Die Leute brauchen neue Gründe, um in eine Postfiliale zu kommen»

Roberto Cirillo stellt nach einem Jahr als neuer Postchef die Strategie vor, wie die Post in Zukunft wachsen will.
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Der neue Postchef Roberto Cirillo baut um. Neu sollen Paket- und Briefpost in einem Geschäftsbereich zusammengefasst werden. Zudem sollen die Postfilialen künftig für andere Unternehmen geöffnet werden. Und mit dem neuen Geschäftsbereich «Kommunikations-Services» will die Post im Geschäft mit der Digitalisierung wachsen – etwa im E-Health oder E-Government. Insgesamt sollen 3 Milliarden Franken investiert werden in den nächsten Jahren, um die Post umzubauen.

Herr Cirillo: Die Post investiert Milliarden in Wachstum. Müssen Ihre Kunden in Zukunft mehr zahlen?

Die Finanzierung dieses Wachstums bezahlen wir aus den Reserven, die wir in den letzten Jahren erwirtschaftet haben, dem laufenden Geschäft und dem Verkauf von Immobilien. Aber natürlich ist es so, dass wir bei den Preisen der Dienstleistungen schauen, ob sie wettbewerbsfähig sind. Aber die Preise werden nicht spezifisch wegen dieser Strategie angepasst.

Wie viel Geld hat die Post heute flüssig, um die geplanten Investitionen zu tätigen?

Wir werden über die Details der Finanzierung noch informieren. Aber die Post hat in der Bilanz mehrere Hundert Millionen, die wir verwenden können. Dazu kommen Erträge aus dem Immobilienverkauf in ähnlicher Höhe und der Cashflow aus dem laufenden Geschäft, den wir reinvestieren können. Das geht, weil wir nur 50 statt 200 Millionen Franken im Jahr an Dividenden dem Bund abliefern müssen. Das macht 600 Millionen frei über die nächsten vier Jahre.

Die Strategie ist noch sehr vage. Wie lange geht es, bis die Details ausgearbeitet sind und die Kundinnen und Kunden etwas vom Umbau spüren?

Wir werden unsere Stossrichtung in den nächsten Monaten noch ausarbeiten. Bei den Kunden kommen die Neuerungen ab nächstem Jahr laufend an. Die Transformation ist aber grundlegend. Die grossen Veränderungen brauchen Zeit, die werden sie aber erst in ein paar Jahren sehen.

Eine Änderung betrifft auch die letzte Meile, die mit neuen Dienstleistungen ausgebaut werden soll. Werden die Pöstlerinnen und Pöstler künftig zu Ein-Mann- oder Ein-Frau-Postfilialen?

Die Jobs werden attraktiver und sicherer. Unsere Briefpöstlerinnen und Briefpöstler werden nicht nur Briefe und Zeitungen zustellen, sie werden vermehrt auch kleinere und mittlere Pakete zustellen. Damit lasten wir die Infrastruktur – also etwa die Dreiräder, die wir haben – besser aus. Konkrete neue Dienstleistungen bei den Kunden zu Hause werden nun geprüft. In einigen Regionen lesen beispielsweise unsere Mitarbeitenden die Stromzähler ab, das wäre eine Dienstleistung, die man ausbauen könnte. Wichtig ist: Die Bevölkerung soll mehr Dienstleistungen über die Post abwickeln können.

«Wir haben die Strategie nicht in der kleinen Kammer erarbeitet, von dem her wissen wir, dass Interesse da ist.»

Der Imageschaden nach der Postauto-Affäre war und ist gross. Ist der Stopp beim Filialabbau ein Versuch, wieder Vertrauen aufzubauen?

Wir haben die Entscheidung getroffen, weil wir überzeugt sind, dass die Leute in diesem Land Beratung von Mensch zu Mensch wollen. Eine rein digitale Präsenz ist nicht das, was sie sich wünschen. Das sehen auch potenzielle Partner so, welche selber kein flächendeckendes Netz an Filialen aufrechterhalten können. Aber zusammen können wir das.

Die Digitalisierung wird das Postnetz konkurrenzieren. Glauben Sie wirklich, mit der geplanten Öffnung für Partner den Rückgang der Filialbesuche stoppen zu können?

Ja. Wenn wir die Kräfte bündeln und mit anderen Unternehmen die Filialen füllen. Die Leute brauchen neue Gründe, in eine Post zu kommen.

Können Sie garantieren, dass in 10 Jahren immer noch 800 Filialen bestehen?

Kein Mensch kann eine Garantie geben über die Welt in 10 Jahren. Was wir garantieren können: Bis 2024 werden wir alles tun, damit die neue Strategie bei den Filialen ins Laufen kommt und dass sich das Netz bei 800 stabilisiert.

Haben Sie schon Partner in Aussicht, die in die Postfilialen einziehen wollen?

Wir haben die Strategie nicht in der kleinen Kammer erarbeitet, von dem her wissen wir, dass Interesse da ist. In konkrete Gespräche mit allfälligen Partnern gehen wir erst jetzt. Nachdem der Bund als Eigner die Strategie genehmigt hat.

Sie bauen auf der letzten Meile Ihre Dienstleistungen aus. Damit konkurrenzieren Sie Ihre Filialen gleich selber.

Das ist kein Widerspruch. Es gibt Dienstleistungen, die man tatsächlich zu Hause anbieten kann, andere nicht. Weil sie etwa mehr Zeit in Anspruch nehmen. Es sind also zwei unterschiedliche Dinge, die wir in den Filialen oder zu Hause anbieten wollen.

«Es geht nicht darum, operativ wichtige Immobilien zu verkaufen. Wir verkaufen Immobilien, die nichts mit unserem Kerngeschäft zu tun haben.»

Beim neuen Bereich «Kommunikations-Services» trifft die Post eine gänzlich neue Situation an: In diesem Bereich wird sie starke Konkurrenz anderer Firmen spüren. Kein Vorsprung durch ein altes Monopol also.

Wir tätigen Investitionen, die für alle Unternehmen der Welt neu sind, um etwa das Briefgeheimnis digital zu machen. Es gibt aber nicht so viele Angebote aus der Schweiz in diesem Bereich. Weil es komplexer ist, als einfach eine Nachricht über Social Media zu verschicken. Aber klar: Für die ersten vier Jahre wird die Division finanziert werden müssen. Erst ab 2025 wird sie selbst finanzierbar sein.

Die Post will Immobilien verkaufen. Wer hat denn Interesse an einer alten Poststelle auf dem Land?

Es geht nicht darum, operativ wichtige Immobilien zu verkaufen. Wir verkaufen Geschäftsüberbauungen und Wohnimmobilien, die nichts mit unserem Kerngeschäft zu tun haben.

Während der Corona-Krise hatte die Post Probleme beim Liefern von Paketen. Sie hat ihre Kunden vor vollendete Tatsachen gestellt, erst nach Protesten
und dem Eingreifen des Bundes ist man ins Gespräch mit den Kunden gekommen.

Die Post hat sich während dieser Krise sehr partnerschaftlich verhalten. Ein solcher Anstieg der Paketmengen ist von keinem Unternehmen der Welt zu bewältigen. Wir haben klar gesagt, dass es nötig ist, zusammenzukommen, um die Planung schnell anzupassen, damit das System nicht kollabiert, und gemeinsam haben wir das dann auch geschafft.

Ihre Geschäftskunden haben sich aber offensichtlich gestört gefühlt.

Die Kunden habe sehr partnerschaftlich auf unsere Einladung reagiert. Wir haben in einem Tag zusammen entschieden, wie wir diese Mengen abarbeiten können. Und wir haben die Kapazitäten innert Kürze um mehrere Hunderttausend Pakete erhöht. Die Post hat einen Kraftakt geleistet wie noch nie.

Aber die Anpassung ist erst passiert, als die Kunden die Öffentlichkeit suchten.

Das kann ich nicht bestätigen. Wir hatten schon vorher Kontakt mit den Kunden.

Ihre Geschäftskunden werden sich zukünftig gut überlegen, ob sie sich nicht breiter aufstellen und nicht mehr ihren ganzen Paketversand über die Post laufen lassen. Sehen Sie da ein Problem?

Was wir sehen, ist, dass sich die Partnerschaft gestärkt hat. Aber es ist so: Wir sind im Wettbewerb in diesem Bereich. Die Kunden werden ihren besten Partner aussuchen. Wir sind überzeugt, dass wir das sind.