Papablog: Zuckerfreie ErnährungDie Leiden der unterzuckerten Kleinkinder
Kindern Schoggi und Co. zu verwehren, wird gerne kritisiert. Schlagfertige Antworten auf die drei häufigsten Vorwürfe.
Wie viel Zucker in die Kleinkindfütterung gehört, ist dem Mamablog immer wieder einen Beitrag wert. Ich habe 2017 und 2018 über unser Zuckerregime geschrieben. Zeit für den dritten Teil. Aber so sehr wir einen soliden Dauerbrenner zu schätzen wissen, ich schwöre: Es wird mein letzter Beitrag zum Thema. Falls nicht, esse ich zur Strafe eine ungewaschene Zuckerrübe mit Laub.
Dieser dritte Teil muss sein, weil ich noch eine Rechnung offen habe. Aber dazu später mehr. Erst die Vorgeschichte: Meine Frau und ich sind keine Ernährungsinfluencer. Sie liebt Fastfood. Ich bin als Kind in einen Sack Zucker gefallen und konnte mich bis heute nicht daraus befreien – metaphorisch gesprochen.
Vor Brechti Geburt hörten wir öfter den Tipp, bis zum zweiten Geburtstag auf gezuckerte Lebenmittel zu verzichten. Vorteile: Weniger Fäulnis im Fressbrett und das Baby könne die neuen Lebensmittel erkunden, bevor ihm die Geschmacksknospen mit der Zuckerbrechstange neu geeicht werden. Diese Argumente überzeugten. Allerdings fühlte sich unser Entscheid etwa so ideologisch an, wie die Wahl zwischen Socken in Schiefer oder Anthrazit.
Wie brisant das Thema dann doch ist, erfuhr ich aus den nicht sehr süssen Kommentaren unter verschiedenen Mamablogbeiträgen – nicht nur denen von mir. Auf die drei häufigsten Vorwürfe möchte ich heute antworten und dann für immer schweigen.
Vorwurf 1: Keine Ahnung
«Fruchtzucker und Milchzucker sind imfall auch Zucker!»
Jaja, das ist uns bekannt. Brechts Geburt dauerte Tage und ich las meiner Frau zwischen den Wehen nicht nur den ganzen Largo, sondern auch noch mein altes Biologiebuch vor. Es ist so: Wir wollten das Baby gar nicht vom Monosaccharid-Satan reinhalten und ihm alle Disaccharid-Dämonen austreiben. Wir dachten einfach: «Neben dem Zucker in Birne, Banane und Milch müssen wir dem Brecht ja nicht auch noch gezuckerte Babykekse und Kuchen in den Rachen spachteln. Unsere Regel lautete also: Enthält die Zutatenliste einen Stoff, der nur zum Süssen drin ist, kommt das Produkt nicht ins Baby. Ja, das gilt auch für Agavendicksaft.
Vorwurf 2: Kinderquäler
«Gemein, dem armen Kind Schoggi und Torte vorzuenthalten!»
Wir reden von den ersten beiden Lebensjahren. Davon isst ein Baby 6 Monate nichts, weitere 6 Monate hat es keine Ahnung, was es da reingeschaufelt kriegt und im restlichen Jahr gilt es, genug anderes auszuprobieren. Die Zeit und der Hunger sind begrenzt. Kriegt Maximilian-Jason ein Mars, reicht es halt vor dem zweiten Geburtstag nicht auch noch für Pastinake und die Kartoffelsorte «Erika».
Wichtiges Detail: Der Brecht war nicht auf Entzug. Er konnte sich höchstens vorstellen, wie Torte schmeckt. Vermutlich genau gleich wie Alkohol, Zigaretten und Steckdosen.
Vorwurf 3: Einzelkindeltern
«LOL ihr habt ja nur ein Kind. Beim zweiten geht das nicht mehr!»
Voilà, meine offene Rechnung: Nach diesen Kommentaren hielt ich mich tatsächlich für naiv. Zu Unrecht, wie ich inzwischen weiss. Beebers ist jetzt eineinhalb Jahre alt und akzeptiert problemlos, dass sein älteres Geschwister mehr darf: Süssigkeiten, das Brotmesser, Erdnüsse, wasserfeste Filzstifte und Bildschirmzeit … aber da mache ich bestimmt schon das nächste Fass auf.
Übrigens will ich Ihnen nicht erklären, wie Sie Ihre Kinder zu ernähren haben. Wir fanden den Zuckerverzicht sinnvoll und simpel, aber man kann das anders sehen. Wenn Sie Ihrem Einjährigen ein Mars reindrücken möchten, nur zu. Pastinaken werden überbewertet.
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