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Die historische Seidenstrasse
Nach Dschingis Khan lief das Geschäft besonders gut

Asia,China,Xinjiang Uygur Autonomous Region,Turpan,Shanshan County.Scenic view of sand dunes in the Kumtag Desert.
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Endlose Wüsten, Wegelagerer und hohe Berge, einfach war der Weg über die Seidenstrasse nie. Die Handelsroute führte ab dem ersten vorchristlichen bis ins 16. Jahrhundert von China bis ans Mittelmeer, eine immens weite Strecke von mehr als 6500 Kilometern Luftlinie. Die chinesische Regierung ist daran, diese Fernhandelsverbindung mit einem neuen Projekt aufleben zu lassen. Doch ausser des Namens, der sowieso erst im 19. Jahrhundert entstand, gibt es wenig Parallelen zwischen der alten und der neuen Seidenstrasse.

Die alte Seidenstrasse war kein durchorganisiertes Vorhaben, sondern ein weit gespanntes Wegnetz, das über Jahrhunderte natürlich entstand. Dieses historisch gewachsene Wegnetz hatte einen grossen Einfluss auf die Geschichte des Ostens und des Westens: Es reisten nicht nur Güter über die lange Distanz, sondern auch Innovationen, Religionen, Technologien und Krankheitserreger.

Die Route: Durch Wüsten und über hohe Berge

Sommertemperaturen von 50 Grad, Wanderdünen, Sandstürme, ständig die Gefahr, kein Wasser zu finden – Teile der Seidenstrasse führten an den Wüsten Gobi und Taklamakan entlang. «Es war eine äusserst gefährliche Strecke, und es erforderte grossen Mut, sie zu bereisen», sagt der Sinologe Thomas Höllmann, der zwei Bücher zur Geschichte der Seidenstrasse geschrieben hat. Wer es trotzdem tat, der habe entweder gewinnbringenden Handel oder die Verbreitung von Religionen als Motiv gehabt. Denn waren die Wüsten bewältigt, erstreckten sich auch noch Gebirgszüge mit Gipfeln über 7000 Metern wie das Kunlun-Gebirge oder der Himalaja entlang der Route.

Die chinesische Stadt Chang'an (Xi'an) war der Ausgangspunkt der Seidenstrasse. Von dort führten die Wege nordöstlich über das Gebiet der heutigen Mongolei bis nach Zentralasien und von dort nördlich oder südlich des Hindukusch über das legendäre Samarkand, die Arabische Halbinsel und die Levante bis nach Antiochia an der Mittelmeerküste (heutige Türkei). Dabei bereisten einzelne Händler selten die ganze Strecke, sondern jeweils nur Abschnitte, bis sie die Waren weitergaben.

Die Anfänge: Mit Pferd und Kamel

Vor rund 4000 Jahren domestizierte der Mensch das Pferd in den Steppen Zentralasiens und kurze Zeit später auch das Kamel. Damit waren die Voraussetzungen für lange Reisen auf der schwierigen Route der Seidenstrasse gelegt. Dass der Handel schon damals florierte, zeigten Forschungen an den sogenannten Tarim-Mumien – Menschen, die vor rund 4000 Jahren im Westen Chinas lebten. Sie ernährten sich von Weizen und Milchprodukten aus Westasien, von Hirse aus Ostasien und setzten Heilpflanzen aus Zentralasien ein.

Im zweiten vorchristlichen Jahrhundert begann China sich stärker für den Handel mit dem Westen zu interessieren. Gesandte reisten bis zu den Parthern (heutiger Iran). Als Pionier der Route gilt in China noch heute Zhang Qian, der 139 v. Chr. im Auftrag des chinesischen Kaisers in den Westen zog und es immerhin bis nach Zentralasien schaffte.

Religionen: Der Buddhismus reiste nach Osten

Von bösen Geistern, Drachen und sengenden Winden berichtete der Chinese Faxian (337–422), als er Anfang des fünften Jahrhunderts über die Seidenstrasse reiste. Vor allem die Wüstenabschnitte blieben ihm in Erinnerung, «oben gab es keine Vögel und unten keine Tiere», und in den bergigen Abschnitten habe er oftmals keine Stellen gefunden, um seine Füsse zu platzieren.

2HDWBP9 A painting that shows what the main Bazaar in Samarkand looked like during the height of the Silk Rod era. At the Amir Timur museum in Tashkent, Uzbek

Doch Faxian gehörte zu jenen Reisenden, die einen wichtigen Grund für ihr gefährliches Unterfangen hatten. Er wollte in Indien den buddhistischen Glauben studieren. Mehr als zehn Jahre später kehrte er in seine Heimat zurück, im Gepäck zahlreiche heilige Schriften.

Ab dem 2. Jahrhundert kam buddhistisches Gedankengut über die Seidenstrasse ins Reich der chinesischen Kaiser. «Der Buddhismus war für China damals eine sehr fremde Religion», sagt Sinologe Höllmann. Der Kaiser galt als «Sohn des Himmels», die Familie stand im Zentrum, kein Gebäude durfte höher sein als die kaiserlichen Paläste. Doch ab dem fünften Jahrhundert verbreitete sich die buddhistische Religion dank des Austausches auch in China immer stärker.

Innovationen: Diese Güter veränderten Europa

Die chinesische Seide war über Jahrhunderte ein nachgefragtes Luxusgut in Europa. Doch andere Erfindungen, die den Weg über die Seidenstrasse in den Westen fanden, hatten weitreichendere Folgen. «Möglicherweise war keine Errungenschaft, die im Verlauf der Geschichte aus China in den Westen gelangte, so wirkmächtig wie das Papier», sagt Sinologe Höllmann. Und als Folge davon im 15. Jahrhundert der Buchdruck.

Und noch eine andere Erfindung, die chinesische Tüftler machten, blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Geschichte Europas: Aus einer Verbindung von Schwefel, Salpeter und Holzkohle entwickelten sie im 9. Jahrhundert das Schiesspulver.

Als frühes Zentrum der Wissenschaft galt das legendäre Samarkand im heutigen Usbekistan, das sogar eine fast vollständige Zerstörung durch die Mongolen im Jahr 1220 überstand. Anfang des 15. Jahrhunderts blühten dort die Astronomie und die Mathematik.

Uzbekistan, Samarkand, Unesco World Heritage, Shah i Zinda mausoleum

Handel: Die Mongolen sorgten für Stabilität

Heute kennt sie kaum mehr jemand, doch eine Gruppe, genannt Sogder, spielte über Jahrhunderte eine entscheidende Rolle auf der Seidenstrasse. Ihre Heimat lag in Stadtstaaten im heutigen Usbekistan und Tadschikistan. Von dort kontrollierten die sogdischen Kaufleute «den Handel von der Krim bis nach Korea», wie die Historikerin Alexandra Gittermann über sie schreibt. Die Sogder galten als besonders weltoffen und reisten über lange Strecken mit ihren Karawanen. Anfang des 8. Jahrhunderts beendeten muslimische Eroberer die lange Blüte dieser zentralasiatischen Stadtstaaten.

Am stabilsten lief der Handel über die Tausende von Kilometern dann im 13. Jahrhundert, als die Mongolen nach den Eroberungen ihres Anführers Dschingis Khan (1162–1227) in ihrem Reich einen weiten Teil der Strecke kontrollierten und sich bemühten, eine Verwaltungsstruktur zu etablieren.

Marco Polo: Aus Venedig zum chinesischen Kaiser

In jener Zeit brach auch der in Europa wohl bekannteste Reisende auf der Seidenstrasse auf: der venezianische Kaufmann Marco Polo. Er erreichte 1274 mit seinem Vater und dem Onkel die Sommerresidenz des Kublai Khan. Kublai Khan war ein Enkel von Dschingis Khan und in jener Zeit Kaiser von China. Marco Polo blieb mehrere Jahre am Hof des Khans und schrieb später einen Bericht über seine Reise, der im Westen viel Aufmerksamkeit bekam.

Immer wieder gab es Diskussionen, ob der Kaufmann tatsächlich in China gewesen sei oder ob er einen Grossteil des Berichts erfunden habe. «Es finden sich doch ausreichend Belege dafür, dass es Marco Polo tatsächlich an den Hof des Khans geschafft hat», sagt Höllmann. Der Venezianer schwärmte von der guten Organisation entlang der Strecke. Doch das schnelle Reisen sollte schon bald auch verheerende Folgen haben.

Close-up of Jiayuguan great wall's fortress at sunset sunlight, China.

Aus Zentralasien nach Europa: Der Schwarze Tod

Der Kaufmann Sanmaq war im Jahr 1338 am See Yssykköl im heutigen Kirgistan vielleicht gerade auf der Durchreise. In einer Handelsstation ging es ihm plötzlich schlecht, sehr schlecht. Ob er wusste, was ihn plagte, ist nicht überliefert, aber er überlebte seine Krankheit nicht. Und er war nicht der Einzige in dem kleinen Ort. Begraben ist Sanmaq auf dem lokalen Friedhof. Auf seinem Grab steht nur, dass er ein gläubiger Mann war, nicht viel mehr.

Letztes Jahr fanden deutsche Forscher heraus, woran Sanmaq und all die anderen Menschen, die zeitgleich mit ihm begraben wurden, litten. Es war die Pest, die in dem zentralasiatischen Tal wütete. Und wie die Forscher herausfanden, nahm jene Pestepidemie, die Europa im 14. Jahrhundert als «Schwarzer Tod» heimsuchte, ihren Anfang genau dort, wo Sanmaq der Krankheit erlag. Rund ein Drittel der gesamten Bevölkerung Europas starb in den folgenden Jahrzehnten, nachdem die Pest entlang der Handelsroute ihren Weg in den Westen gefunden hatte. Der Pesterreger selbst ist allerdings viel älter und grassierte auch schon in der Antike in Europa.

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