«Die Häfen sind de facto blockiert»
Nach Angaben der ukrainischen Regierung versperrt Russland insgesamt 18 Schiffen den Zugang zum Asowschen Meer.
Der Seeweg zu den ukrainischen Hafenstädten Berdjansk oder Mariupol im Asowschen Meer ist gemäss dem ukrainischen Infrastrukturminister Wolodymyr Omelyan «seit Mittwochabend de facto blockiert». Russland versperre bei der Strasse von Kertsch 18 Schiffen, die Berdjansk oder Mariupol ansteuern wollten, die Einfahrt ins Binnenmeer.
In umgekehrter Richtung könnten auch neun Schiffe das Asowsche Meer nicht verlassen und müssten deswegen in den Häfen warten. Das teilte der Minister auf Facebook mit, wie unter anderen die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Insgesamt würden 35 Schiffe mit grösstenteils Getreide- und Stahllieferungen an ihren Operationen gehindert, so Omelyan weiter. Russlands Sperre sei selektiv: Schiffe mit Kurs in Richtung russische Häfen hätten bei der Strasse von Kertsch keine Probleme mit der Durchfahrt. «Im Grunde genommen hat Russland die ukrainischen Häfen am Asowschen Meer blockiert», schreibt der Minister. Moskaus Ziel sei simpel: «Mit der Blockade der Häfen hofft Russland, die Ukraine aus ihrem eigenen Territorium zu vertreiben – Gebiete, die gemäss allen relevanten internationalen Gesetzen uns gehören.»
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Die jüngste Krise zwischen Russland und der Ukraine hatte am Sonntag mit einer Konfrontation im Schwarzen Meer begonnen. Die russische Küstenwache hatte in der Strasse von Kertsch drei ukrainische Marineschiffe beschossen und aufgebracht. Mehrere ukrainische Marinesoldaten wurden dabei verletzt, insgesamt 24 Besatzungsmitglieder wurden festgenommen. Russland erhob den Vorwurf, die ukrainischen Schiffe seien in russische Gewässer eingedrungen, was die Ukraine entschieden zurückweist.
Die russische Provokation reiht sich in einen generellen Trend hin zu einer intensiveren Schikanierung ukrainischer Schiffe bei der Durchfahrt der Strasse von Kertsch, seit die russische Regierung die Brücke auf die von ihr annektierte Krim gebaut hat. Nicht nur verhindert das bloss 35 Meter hohe Mittelstück die Durchfahrt grosser Schiffe, Russland hat auch generell seine Präsenz im Asowschen Meer ausgebaut und ging dazu über, alle Schiffe systematisch zu kontrollieren, die ukrainische Häfen anlaufen wollen. Diese würden mehrere Stunden oder gar Tage festgehalten, klagt die ukrainische Seite.
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Auf See muss Russland nicht mit ukrainischen Gegenmassnahmen rechnen, zumal die Ukraine mit der Annexion der Krim rund 80 Prozent ihrer Flotte verloren hat. Nur noch vier Kriegsschiffe und ein paar Dutzend Motorboote aus Sowjetbeständen sind übrig geblieben. Russland stationierte hingegen die Schwarzmeerflotte auf der Krim und verlegte im August zusätzlich kleinere Kriegsschiffe und Unterseeboote aus dem Kaspischen ins Asowsche Meer.
Vor diesem Hintergrund ersuchte die Ukraine die Nato um militärische Unterstützung im Asowschen Meer. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sagte in einem Interview der «Bild»-Zeitung vom Donnerstag: «Deutschland gehört zu unseren engsten Verbündeten, und wir hoffen, dass in der Nato jetzt Staaten bereit sind, Marineschiffe ins Asowsche Meer zu verlegen, um der Ukraine beizustehen und für Sicherheit zu sorgen.» Dabei setzte Poroschenko insbesondere auf die Hilfe der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die er als «eine grosse Freundin der Ukraine» beschrieb.
Video: Putin eröffnet Brücke zwischen der Krim und Russland
Die Reaktionen Deutschlands und der Nato fielen allerdings eher zurückhaltend aus. Zwar anerkannte Merkel mit Blick auf den freien Schiffsverkehr, dass Moskau mit der neuen Brücke die «Zufahrt zum Asowschen Meer noch mehr zu einer Meerenge» gemacht habe. «Wir müssen uns dafür einsetzen, dass eine Stadt wie Mariupol, die auf den Zugang zum Meer angewiesen ist, nicht einfach abgeschnitten wird und damit indirekt weitere Teile der Ukraine nicht frei erreichbar sind», sagte Merkel am Donnerstag beim Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin.
Allerdings sprach sich die Kanzlerin auch nachdrücklich dafür aus, die «Dinge ruhig zu halten». An Kiew richtete sie die Bitte, «klug zu sein». Es gebe keine militärische Lösung, «die Dinge sind nur vernünftig und im Gespräch miteinander zu lösen», so die Kanzlerin. Merkel versprach, am Rande des G-20-Gipfels in Argentinien den Konflikt bei ihrem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin anzusprechen.
«Es gibt schon viel Nato im Schwarzen Meer, und wir prüfen fortlaufend unsere Präsenz in der Region», erklärte auch das Verteidigungsbündnis am Donnerstag in Brüssel. Eine Nato-Sprecherin verwies darauf, dass das Bündnis seit der russischen Annexion der Krim 2014 die Präsenz im Schwarzen Meer bereits erhöht habe. Schon heute patrouillierten und übten Nato-Schiffe dort regelmässig. 2018 hätten sie 120 Tage im Schwarzen Meer verbracht, während es 2017 nur 80 gewesen seien.
Moskau hat für den Fall einer Verlegung von Nato-Schiffen vor die Krim vor weiteren Spannungen gewarnt. Aussenminister Sergei Lawrow beschuldigte die Europäer und die USA mit Blick auf die Sanktionsdebatte, «der Kiewer Regierung jegliche Handlung nachzusehen» und diese sogar zu «provokativen Taten» anzustacheln. «Das ist wirklich bedauerlich», sagte Lawrow am Rande einer UNO-Konferenz und nach seinem Treffen mit Bundesrat Ignazio Cassis am Mittwoch in Genf.
Präsident Wladimir Putin hat der Ukraine eine gezielte Provokation im Schwarzen Meer vorgeworfen. Die Ausrufung des Kriegsrechts in Teilen der Ukraine sei eine übertriebene Reaktion, sagte Putin am Mittwoch bei einem Finanzforum in Moskau. Poroschenko habe das alles inszeniert. «Das ist ohne Zweifel eine Provokation. Und diese Provokation wurde von der aktuellen Regierung organisiert», so Putin.
AFP/mch
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