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Die Glasfrage

Schlank, bauchig oder tulpenförmig: Ein schönes Glas macht guten Wein noch besser. Im Bild: Weingläser von Riedel. Foto: Alamy
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Ob man für Wein daheim mehrere Gläser braucht? Maximilian Riedel hört die Frage nicht gern, wie man schnell merkt. Für ihn ist sie nämlich längst be­antwortet. Sein Grossvater hat die «weinfreundlichen» Gläser von Riedel erfunden. Seit 1973 macht das Weinhaus weltweit Furore, weil es für jede gängige Reb­sorte ein eigenes Glas im Sortiment führt, mit dem sich sortentypische Weine perfekt verkosten lassen.

War es zuvor in Geniesserkreisen ja üblich, je ein Behältnis für junge und alte Weissweine, für fruchtige und gereifte Rotweine zu besitzen, beliefert die Familie Riedel, die sich inzwischen in elfter Generation der Herstellung von Glaswaren widmet, heute vom österreichischen Kufstein aus die ganze Welt.

Zugegeben, es verblüfft tatsächlich, wenn man etwa einen besseren Pinot noir aus dem Burgund erst im Chardonnay-, dann im Rieslingglas verkostet; darauf im Cabernet-Sauvignon- und im Pinot-noir-Glas: Erstens riecht der Tropfen je nach Form des ­Kamins viermal anders. Und er erscheint, zweitens, wenn man aus den Gläsern trinkt, fruchtiger oder herber. Letzteres hat mit dem Fliessverhalten des Weins zu tun, also der Art und Weise, wie er auf die Zunge trifft.

«Es ist wie beim Golfspielen – man kann die 18 Löcher nicht mit einem einzigen Schläger spielen.»

Maximilian Riedel

Ein echter Weinliebhaber braucht mehrere Gläsertypen, findet darum Maximilian Riedel: «Es ist wie beim Golfspielen – man kann die 18 Löcher nicht mit einem einzigen Schläger spielen.» Was aber, wenn man sich kein Dutzend Gläser leisten kann?, fragt man weiter. «Dann sollten Sie nicht Golf spielen», führt er sein Gleichnis weiter.

Im Angebot hat Riedel sogar Gläser für die Kaffee- oder die Olivenölverkostung sowie für mehrere Bierstile. Da hat man aber bald mal ein Platzproblem, oder? Der Glasunternehmer lässt doch noch aus sich heraus­kitzeln, dass es je nach Haushalt ausreiche, wenn man wenigstens ein gutes Weiss- und ein Rotweinglas im Schrank habe: «Hat die Frau am liebsten Riesling und der Mann Pinot noir – dann sind die entsprechenden Gläser beste Wahl und eine Anschaffung wert.»

Drei Gläser reichen,sagt der Sommelier

Doch ist Maximilian Riedel, der seinen Lebensunterhalt mit Gläsern verdient, tatsächlich die richtige Auskunftsperson? Auch dem US-Amerikaner Dustin Wilson, den wir eher zufällig an einem Anlass des Küchenbauers Gaggenau antreffen, stellen wir die Frage nach den nötigen Gläsern zu Hause. Der preis­gekrönte Master Sommelier plädiert – ein anderer Ansatz – für drei Grundtypen: ein kleineres Behältnis für Weissweine und leichte Rote, «das ist dann meist auch das Alltagsglas, das man für alle Weintypen brauchen kann». Daneben ein bauchiges, weniger hohes Glas für Burgunder und Barolo: «Da dürfen dann auch spannendere Weisse hinein.» Schliesslich noch ein drittes Glas mit höherem Kamin, worin tanninreiche Weine, etwa Bordeaux, sich gut präsentieren. Wer wolle, ergänze das Trio mit einer Champagner-Flute, was er zu Hause aber längst aufgegeben habe. «Auch Schaumweine kommen meiner Meinung nach im erstgenannten Weissweinglas bestens zur Geltung.»

Wichtig sei, dass die Behältnisse dünnwandig seien und einen Stiel hätten, damit sich das Getränk nicht unnötig erwärme. Wilson rät dazu, in ein Fachgeschäft zu gehen und dort einmal verschiedene Gläser in die Hand zu nehmen. «Man merkt sofort, ob einem ein Weinglas liegt.»

Weintrinker sollten sich also tatsächlich über Gläser Gedanken machen. Wer pro Flasche 20, 30 Franken und mehr ausgibt, sollte nicht bei den Utensilien sparen. Denn einig sind sich beide Fachmänner auf jeden Fall, dass ein formvollendetes Glas einen guten Wein noch besser macht. Aber auch darüber, dass man trotzdem keine Wunder erwarten darf: Essig bleibt Essig, auch im schönsten Behältnis.