Gender-Pay-Gap bei der WMDie Frauen spielen um Millionen – bekommen aber nur einen Bruchteil der Männer
Noch nie gab es an einer WM der Frauen so viel Preisgeld. Doch eine Auswertung zeigt, wie weit der Fussball von der Gleichstellung entfernt ist.
Klar geht es in erster Linie um Fussball. Aber die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland sorgt auch für Diskussionen, die über das Sportliche hinausgehen. Die Frauen wollen endlich die gleiche Wertschätzung erhalten wie ihre männlichen Kollegen. Und das fängt bei der Bezahlung an.
1991 organisierte der Weltfussballverband Fifa die erste WM der Frauen. Bis 2007 zahlte er den Teilnehmerinnen überhaupt kein Preisgeld.
Immerhin hat sich seither einiges getan. Für das aktuelle Turnier schüttet die Fifa 110 Millionen US-Dollar aus – fast viermal so viel wie bei der letzten Austragung 2019. Das Geld wird allerdings nicht mehr zwischen 24, sondern neu unter 32 Mannschaften aufgeteilt. Und im Vergleich zu den Männern ist der Gesamtbetrag immer noch klein. Diese spielten bei der WM in Katar im vergangenen Jahr um 440 Millionen.
Der Anstieg spiegelt das wachsende Interesse am Frauenfussball. Er ist aber vor allem das Resultat des anhaltenden Einsatzes von Spielerinnen, Verbänden und Gewerkschaften für eine Gleichstellung mit dem Männerturnier. Zuerst hatte die Fifa nur 60 Millionen Preisgelder vorgesehen, unter Druck entschied sie sich kurz vor dem Turnier noch für eine Erhöhung auf 110 Millionen. Zusätzlich erhalten die qualifizierten Teams erstmals eine Art Vorbereitungsgeld und Clubs, die Spielerinnen abgestellt haben, eine Förderungsprämie.
Das Vorbereitungsgeld gibt es bei den Männern schon seit 2002, das sogenannte «Club Benefits Programme» seit 2010. Zusätzlich erhalten die betroffenen Vereine – anders als bei den Frauen – durch das «Club Protection Programme» eine Entschädigung für die Zeit, in der ihre Spieler nicht zur Verfügung stehen.
Zählt man alles zusammen, wurde bei der letzten WM der Männer fast siebenmal so viel Geld ausgeschüttet wie beim aktuellen Frauenturnier.
Positiv aufgenommen wurde die Ankündigung der Fifa, dass jede Spielerin mindestens 30’000 Dollar erhalten soll, unabhängig davon, ob und wie lange sie auf dem Feld stand. Allerdings kam dieser Entscheid wenige Tage vor Turnierstart, viele Verbände hatten da ihren Prämienschlüssel mit den Fussballerinnen bereits ausgehandelt – und mussten wieder zurückkrebsen. Zudem stellte Fifa-Präsident Gianni Infantino später klar, dass es sich nur um eine Empfehlung handle, keinen Automatismus. Das Geld geht an die einzelnen Verbände und nicht direkt an die Spielerinnen. In mehreren Ländern wird befürchtet, dass ein Teil der Beträge zurückbehalten werden könnte.
Dabei erhalten die Verbände so viel Geld wie noch nie. Inklusive der vorgesehenen Prämien für die Spielerinnen gibt es für jedes teilnehmende Land garantiert 2,25 Millionen Dollar. Beim Erreichen des Achtelfinals winken 3,25 Millionen, im Viertelfinal 4,25 Millionen und so weiter. Der Verband des Weltmeister-Teams kommt mit 10,5 Millionen auf einen mehr als doppelt so hohen Betrag wie beim letzten Turnier.
Der Gender-Pay-Gap ist aber auch hier eklatant. Die argentinischen Weltmeister rund um Superstar Lionel Messi kassierten für ihren letztjährigen Triumph 42 Millionen. Selbst die Mannschaften, die in Katar bereits in der Gruppenphase scheiterten, waren mit 9 Millionen fast gleich gut bezahlt wie das Team, das in Australien und Neuseeland den Pokal in die Höhe stemmen wird.
Die Schweizer Männer brachten dem Fussballverband mit ihrer Achtelfinalqualifikation in Katar 14,5 Millionen Dollar Fifa-Prämien ein. Dazu kamen Erfolgsprämien von Sponsoren in der Höhe von gut 1,5 Millionen Franken. Die Spieler waren zum ersten Mal mit einem erfolgsabhängigen Modell beteiligt. Wie viel sie erhielten, wollte der Verband nicht kommunizieren. Regelmässig eingesetzte Spieler dürften schätzungsweise 250’000 Franken eingenommen haben. Das wären deutlich mehr als die 60’000 Dollar, die gemäss Fifa-Empfehlung pro Spielerin im WM-Achtelfinal der Frauen vorgesehen sind.
Zumindest innerhalb der Nationalteams herrscht künftig Gleichstellung. Von den drei verfügbaren Töpfen, aus denen Gelder ausgeschüttet werden, werden zwei angeglichen. Die Credit Suisse hat angekündigt, dass sie den Frauen ab sofort die gleichen Prämien auszahlen wird wie den Männern. Bisher erhielten diese vom Hauptsponsor 4,5-mal mehr. Im kommenden Jahr will auch der Verband die Leistungsprämien aus Topf 1 angleichen. Die Zahlungen aus dem zweiten Topf, demjenigen der Persönlichkeits- und Bildrechte, hat er bereits angehoben.
Bleibt noch Topf 3, der die Prämien von Fifa und Uefa betrifft und weit davon entfernt ist, ausgeglichen zu sein. Laut Infantino strebt die Fifa an, bei den nächsten Weltmeisterschaften 2026 (Männer) und 2027 (Frauen) gleiche Prämien auszuzahlen. Wie er dieses ambitionierte Ziel erreichen will, hat er aber noch nicht dargelegt.
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