AboFitter in 4 WochenDie ewige Frühstücksfrage
Wer das Frühstück auslässt, hat deswegen nicht unbedingt gesundheitliche Nachteile. Ein paar Dinge sollte man allerdings schon beachten.

Wir haben diesen Text aktualisiert. Er erschien erstmals am 14. Januar 2022.
Die Frühstücksgewohnheiten der Schweizer Bevölkerung sind ganz unterschiedlich: Die einen frühstücken immer, andere nehmen nur ein Gipfeli und wieder andere gar nichts. Nur: Wer lebt gesünder? Und wie sieht ein idealer Zmorge aus? Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Frühstück.
Stimmt es, dass Frühstücksauslasser an Gewicht zulegen?
Diese Frage war lange umstritten, es gibt Hunderte von Studien dazu, allerdings mit teils widersprüchlichen Aussagen. Viele Studien fanden zumindest einen kleinen Effekt: In der Tendenz hat demnach mehr Kilos auf den Rippen, wer das Frühstück auslässt. Allerdings handelt es sich bei den allermeisten Studien um sogenannte Beobachtungsstudien, bei denen die Probanden jeweils nach ihren Essgewohnheiten befragt wurden. Solche Studien sind in der Regel wenig aussagekräftig, weil viele Störfaktoren die Resultate beeinflussen können. So weiss man zum Beispiel, dass Menschen, die das Frühstück auslassen, eher mehr snacken am Nachmittag und tendenziell nicht so regelmässig ihre Mahlzeiten einnehmen.
David Fäh, Ernährungsexperte und Präventivmediziner am Departement Gesundheit der Berner Fachhochschule, findet, man solle Resultate von Beobachtungsstudien mit Vorsicht geniessen: «Sogenannte kontrollierte, randomisierte Studien sind in vielen Aspekten aussagekräftiger.» Dabei werden – ähnlich wie bei klinischen Tests von Medikamenten – Personen verschiedenen Gruppen zufällig zugeteilt: Die einen essen Frühstück, die anderen nicht und das unter kontrollierten Bedingungen.

Eine solche Studie zum Thema Frühstücken sticht dabei heraus: Gemäss dieser Untersuchung mit rund 300 übergewichtigen Probanden spielt es für eine Gewichtsabnahme überhaupt keine Rolle, ob man frühstückt oder nicht. Irrelevant war in der Studie auch, ob die Probanden, bevor sie an der Studie teilnahmen, regelmässig gefrühstückt haben oder nicht. «Für das Körpergewicht», fasst Fäh die seiner Meinung nach wichtigste Studie zusammen, «spielt es keine grosse Rolle, ob man am Morgen etwas zu sich nimmt oder nicht.» Wichtig sei, dass man sich generell ausgewogen ernähre und einen Mahlzeitenrhythmus einhalte. Von wegen Kaiserfrühstück!
Die Ernährungsberaterin Sonja Ricke vom Resort Ragaz sieht das ähnlich: «Wenn man am Morgen keinen Hunger hat, dann lässt man das Frühstück besser sein.» Frühstücksauslasser sollten aber unbedingt darauf achten, dass sie in den verbleibenden zwei Hauptmahlzeiten genügend Eiweisse zu sich nehmen.

Welche Rolle spielt das Frühstück für die Gesundheit?
Wie beim Gewicht existieren auch zu anderen gesundheitlichen Fragen rund ums Frühstück zig Studien, die aber kein einheitliches Bild liefern. So gibt es Studien, die zum Schluss kommen, dass Frühstücksauslasser ein höheres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Leiden zu erkranken oder daran zu sterben; solche, die einen Zusammenhang zwischen nicht frühstücken und einem höheren Diabetesrisiko implizieren; oder solche, die höhere Cholesterinwerte mit dem Auslassen des Frühstücks in Zusammenhang bringen. «Man darf diese Studien nicht überbewerten», sagt Fäh. «Es gibt keine Beweise dafür, dass die Zusammenhänge ursächlich sind.»
Hat das Auslassen des Frühstücks auch Vorteile?
Auf Englisch heisst Frühstück «breakfast», also «fasten brechen». Wer kein Frühstück esse, könne so die nächtliche Fastenzeit verlängern, sagt Fäh. «Das kann man nutzen zum Intervallfasten.» Wer bis zum Mittag nichts isst, kann seine Fastenzeit auf rund 16 Stunden verlängern. «Dann hat man automatisch das 16:8-Intervallfasten.» Intervallfasten kann beim Abnehmen helfen und soll viele positive Effekte auf die Gesundheit haben. Aussagekräftige Studien dazu stehen aber noch aus.
Wer wolle, könne das Intervallfasten auch kombinieren mit körperlicher Aktivität, sagt Fäh. «Eine lockere Ausdauerbewegung vor der ersten Mahlzeit hilft, verstärkt Fett zu verbrennen.» Denn die Glukosevorräte in der Leber und in den Muskeln sind dann schon am Abnehmen, der Körper befindet sich bereits ein bisschen im Fastenmodus. Der Körper ist allerdings beim Aufwachen auch darauf vorbereitet, ohne Mahlzeit Leistung zu erbringen, zum Beispiel leichter Ausdauersport.
Aber aufgepasst: Das Auslassen des Frühstücks funktioniert nicht bei allen Menschen. Er kenne Leute, sagt Fäh, die können kaum Leistung erbringen ohne Frühstück. «Die sind richtig in einem Tief drin.» Letztlich müsse jede und jeder diese Frage selbst entscheiden. Und für Sportler, die auf einen Wettkampf trainieren, mache es absolut Sinn, zu frühstücken.
Wie frühstückt die Schweiz?

Dieser Frage ging ein Forscherteam im Rahmen der «Menu CH»-Studie in den Jahren 2014 und 2015 nach. Gut 2000 Personen nahmen an der Befragung teil, diese Gruppe war für die Schweizer Bevölkerung repräsentativ. Bei der Erhebung zeigten sich grosse individuelle Unterschiede. Ein gutes Drittel der Schweizerinnen und Schweizer frühstückt demnach nicht oder nur unregelmässig. Die restlichen zwei Drittel teilen sich in vier Gruppen auf: 1) Brotesser (Weissbrot, Butter, Confi), 2) Personen, die gezuckerte Frühstückszerealien zu sich nehmen (Cornflakes etc.), 3) Menschen, die es gern salzig haben (Wurst, Käse), 4) Birchermüesliesser (ungezuckerte Flocken, Joghurt, Früchte).
Worauf sollte man achten beim Frühstück?
Für ein gutes Frühstück braucht es laut der Ernährungsberaterin Sonja Ricke verschiedene Zutaten: Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Früchte und falls möglich auch Gemüse. «Es ist die Kombination, die wichtig ist.» Vor allem an Proteinen mangle es aber oft, sagt Ricke. (Dies zeigt auch die «Menu CH»-Studie.) Für eine ausgewogene Ernährung brauche man «drei flache Hände voll Proteine», sagt Ricke, eine zum Frühstück, eine zum Zmittag und eine zum Nachtessen. Das können 60 Gramm Käse sein, ein Naturjoghurt, ein Pouletbrüstchen, für Veganer (und andere) auch Kichererbsen oder Nüsse. «Proteine sind für alle Menschen wichtig, nicht nur für Sportler», sagt Ricke.
Der Ernährungsmediziner Fäh empfiehlt ein Müesli aus Haferflocken mit Milchprodukten wie Joghurt oder Quark, Saisonfrüchten und Nüssen. Haferflocken würden bestimmte Kohlenhydrate enthalten, die im Magen verschleimen und die Zuckeraufnahme im Blut verlangsamen. «Das ist für mich ein gutes Frühstück. Ob man es auch als gesund bezeichnen soll, dafür gibt es bislang allerdings keinen wissenschaftlichen Beleg.»

Getränke sollten laut Fäh kalorienarm oder kalorienfrei sein: Tee, Kaffee, Wasser. Warme Getränke hätten den Vorteil, dass sie besser sättigen und auch als Wachmacher dienen können – wenn sie Koffein enthalten.
Worauf sollte man eher verzichten?
Jetzt müssen Sie hart sein, liebe Leserinnen und Leser. Denn Sonja Ricke rät von Gipfeli (ja!) und Fertigprodukten ab, denn diese würden gehärtete Fette (Transfette) enthalten. «Diese Fette sind ein Desaster für den Körper», sagt Ricke, «sie erhöhen das schlechte Cholesterin LDL.» Es gebe allerdings auch Bäckereien, die für ihre Buttergipfel nur Butter und keine gehärteten Fette verwenden. «Da muss man direkt beim Beck nachfragen.»
Muss man in einer Trainingsphase etwas Besonderes beachten?
Normal gesund und ausgewogen frühstücken reiche, sagt Ricke. Wichtig sei vor allem, bei den Proteinen nicht zu sparen.
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