Der Zank geht weiterDie Aufsicht über Bundesanwalt Lauber ist gelähmt
Bundesanwalt Michael Lauber weigerte sich, an einer Sitzung seiner Aufsicht teilzunehmen. Nun schreitet die Politik ein.
Am 9. Dezember letzten Jahres eskalierte es zwischen Bundesanwalt Michael Lauber und seinen Aufsehern. An diesem Tag hätte eigentlich eine normale Aufsichtssitzung stattfinden sollen – doch schon nach 25 Minuten brach man die Übung ab. Zuvor wurde es emotional. «Sie müssen nicht so schauen», giftelte Lauber gemäss Protokoll zu einem Mitglied der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA). Das wollte sich rechtfertigen: «Ich habe nicht …» Doch der Bundesanwalt insistierte: «Doch. Sie kommunizieren stark.»
In derselben Sitzung weigerte sich ein Stellvertreter Laubers, über einen Fall Auskunft zu geben. Gleichzeitig unterstellte er einem AB-BA-Mitglied implizit, es wolle für jemandem aus seinem Kanton Informationen über ein Verfahren sammeln. Darauf platzte dem AB-BA-Mitglied der Kragen: Es finde das jetzt relativ mühsam, so gehe es nicht. Der Umgang sei unmöglich, den die Bundesanwaltschaft mit der AB-BA pflege.
Damit war eine neue Eskalationsstufe erreicht im ohnehin schon zerrütteten Verhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihren Aufsehern.
Von Empfehlung zur Weisung
Der Zank spielte sich nicht mehr nur zwischen Lauber und AB-BA-Präsident Hanspeter Uster ab, sondern auch zwischen weiteren Exponenten der beiden Seiten. Die Entwicklung mündete darin, dass sich Bundesanwalt Lauber weigerte, an der folgenden Aufsichtssitzung vom 9. März teilzunehmen. Das war nur ein paar Tage, nachdem die AB-BA ihre Disziplinaruntersuchung veröffentlicht hatte, in der sie Michael Lauber schwere Amtspflichtverletzungen vorwirft.
Darauf sah sich die AB-BA Ende April genötigt, eine Empfehlung an Lauber auszusprechen, an den Aufsichtssitzungen teilzunehmen. Doch der Bundesanwalt wollte die Empfehlung so nicht akzeptieren und beantragte der AB-BA, sie umzuformulieren. Da griffen die Aufseher Ende Mai zu einem noch schärferen Mittel und wandelten die Empfehlung in eine verbindliche Weisung um: «Der Bundesanwalt erteilt der AB-BA persönlich an den Aufsichtssitzungen Auskunft.»
GPK-Bericht mit Zündstoff
All das wird in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments publik. Es illustriert eindrücklich, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsicht gewoden ist. Die GPK untersuchte dieses Verhältnis über ein Jahr lang – und zieht nun ein ernüchterndes Fazit: Die AB-BA könne ihre Funktion derzeit «aufgrund mangelnder Kooperation» der Bundesanwaltschaft nur eingeschränkt wahrnehmen. Dass Lauber nicht an der Aufsichtssitzung vom 9. März teilgenommen habe, sei «unhaltbar». Dem Bundesanwalt werfen die Parlamentarier ein «falsches Aufsichtsverständnis» vor, etwa indem Lauber seine Aufseher hindern wolle, Einsicht in Akten von Strafverfahren zu nehmen.
Im Rahmen ihrer Untersuchung wollte die GPK auch die Fronten aufweichen. Doch es war vergebene Mühe. «Der Versuch, mit vertrauensbildenden Massnahmen das Verhältnis zwischen AB-BA und Bundesanwaltschaft zu verbessern, muss als gescheitert betrachtet werden», bilanziert die GPK. Bezüglich des Disziplinarverfahrens sagte Lauber der GPK letzten Herbst, das Verfahren sei «einfach ein Blödsinn, das vergiftet die Atmosphäre, das muss man abklemmen». Die Vorwürfe von Lauber an AB-BA-Präsident Uster konnte die GPK allerdings mehrheitlich nicht nachvollziehen. Nur in einzelnen Punkten kristisiert die GPK auch Uster, etwa wegen dessen unglücklicher Kommunikation zu Beginn der Disziplinaruntersuchung.
Die GPK ortet gesetzgeberischen Handlungsbedarf, weil sich das heutige Konstrukt der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft «nicht als krisenfest erwiesen» habe. In einem nächsten Schritt wird die GPK nun Expertengutachten einholen, um danach mögliche Verbesserungen vorzuschlagen. Das Feld ist offen – bis hin zu einer Wiedereingliederung der Bundesanwaltschaft zurück in die Bundesverwaltung.
Lauber muss selber bezahlen
Die AB-BA «begrüsste» in einer kurzen Stellungnahme den GPK-Bericht. Sie fühle sich in der Art und Weise, wie sie ihre Aufsicht ausübe, bestätigt. Die Bundesanwaltschaft teilte mit, sie nehme den Bericht zur Kenntnis. Wäre es nach Bundesanwalt Lauber gegangen, wären die 65 Seiten der GPK unter Verschluss geblieben. Doch die GPK hörte nicht auf einen entsprechenden Antrag der Bundesanwaltschaft.
Noch in einem anderen Bereich musste Lauber am Donnerstag eine Niederlage hinnehmen. Seine anwaltschaftliche Verteidigung in der Disziplinaruntersuchung kostete bislang rund 40'000 Franken – viel Geld, das vorderhand aus der Kasse der Bundesanwaltschaft bezahlt wurde. Nun kommt es zur Kehrtwende: Nach einer Aussprache mit dem Bundesanwalt und der AB-BA teilte die Finanzdelegation des Parlaments am Donnerstag mit, Lauber werde diese Kosten «umgehend zurückzahlen».
Fehler gefunden?Jetzt melden.