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Vincenz-Prozess: Das war Tag 6
Die Anwälte der Investnet-Gründer gehen in die Offensive

Investnet-Mitgründer Andreas Etter (Mitte) am 9. Februar auf dem Weg zum Gericht im Zürcher Volkshaus. Am 8. März, dem sechsten Verhandlungstag, plädierte sein Anwalt Cornel Borbély (rechts) für einen Freispruch seines Mandanten. 

Am sechsten Tag des Strafprozesses um Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz ging es um die Vorgänge rund um die Beteiligungsfirma Investnet. Dieser Teilkomplex ist der finanziell bedeutendste.

Die Verteidiger der beiden Investnet-Gründer Peter Wüst und Andreas Etter forderten einen Freispruch für ihre Klienten. «Die Argumentation der Anklage ist schlichtweg haarsträubend», sagte Etters Verteidiger, Cornel Borbély.

Der Fall Investnet

Zur Erinnerung: Ab 2012 übernahm Raiffeisen schrittweise Investnet, die in aussichtsreiche KMU investierte. Die Anklage wirft Pierin Vincenz und seinem Partner Beat Stocker vor, dass sie sich bei Investnet wie schon zuvor bei Commtrain oder Eurocaution vorab beteiligten, um dann ihren Einfluss geltend zu machen, damit Raiffeisen die Firma übernimmt – und die beiden Beschuldigten ihre Anteile mit grossem Gewinn verkaufen können. 

Die Investnet-Gründer Wüst und Etter sind wegen Gehilfenschaft zu Betrug angeklagt. Konkret sollen sie Stocker und Vincenz mit einer Beteiligung an Investnet quasi bestochen haben. 

Das Problem dabei: Einen harten Beleg, dass Vincenz tatsächlich vor seinem Ausscheiden bei Raiffeisen 2014 an Investnet beteiligt war, hat die Staatsanwaltschaft nicht. Dass Stocker beteiligt war, ist dagegen eine unbestrittene Tatsache. Wobei das laut den Verteidigern gegenüber Raiffeisen auch transparent war.

Kein Grund für eine Bestechung

Fatih Aslantas, der Anwalt von Peter Wüst, und Cornel Borbély, der Vertreter von Andreas Etter, verwarfen die Vorwürfe als unhaltbar. Schon die Ausgangsthese, dass die Investnet-Gründer bestochen hätten, um die Übernahme voranzutreiben, sei falsch. Schliesslich sei es Raiffeisen gewesen, welche eine Stärkung des Beteiligungsgeschäfts gebraucht habe. Investnet habe alternative Bankpartner gehabt, wie die UBS oder die St. Galler Kantonalbank, so Aslantas. 

Die Beteiligung von Stocker am Kapital von Investnet sei zudem keine Bestechung gewesen. Stocker habe für die Aktien bezahlt: So hätten die Investnet-Gründer ein Darlehen aufgenommen, um einen Altaktionär auszukaufen. Stocker habe dann zwei Drittel dieses Darlehens übernommen – das sei der Preis für das Aktienpaket, so die Verteidigung.

Raiffeisen sei zudem über den Einstieg Stockers bei Investnet informiert gewesen. Die Beteiligung wurde über einen Treuhandvertrag geregelt, dessen anwaltschaftliche Prüfung Raiffeisen bezahlt hatte.

Zudem habe es nie irgendwelche Absprachen zwischen den Investnet-Gründern und Vincenz gegeben. «Es gibt keine E-Mails, Korrespondenzen oder Aussagen, welche dies nur ansatzweise behaupten würden», sagte Verteidiger Borbély. 

Wüst ist ruiniert

Und die Übernahme von Investnet sei für Raiffeisen kein schlechtes Geschäft gewesen. Das habe Patrik Gisel, der Nachfolger von Pierin Vincenz als Raiffeisen-Chef, mehrmals auch öffentlich gesagt.

Keine Bestechung, keine Einflussnahme, kein Grund für eine Anklage, so das Fazit. Fatih Aslantas, der Vertreter von Peter Wüst, betonte zudem, welchen Schaden sein Mandant durch die Ermittlungen erlitten habe: Wüst sei depressiv geworden, daraus habe sich eine unheilbare Nervenkrankheit entwickelt. 

Der bekannte Anwalt Peter Nobel, er vertritt Wüst und Etter im zivilrechtlichen Teil des Verfahrens, forderte daher vor Gericht, dass eigentlich seine Mandanten – und nicht Raiffeisen – eine Entschädigung zugut hätten.

Pierin Vincenz selbst und seine Verteidiger waren am Dienstag nicht im Gericht. Wegen Terminkollisionen hatte Richter Sebastian Aeppli erlaubt, dass sie dem sechsten Prozesstag fernbleiben.