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Saudiarabien und der Iran
Die alten Erzrivalen üben sich plötzlich in Freundlichkeit

Handschlag vor Springbrunnen: Der iranische Aussenminister Hossein Amir-Abdollahian (rechts) mit seinem saudischen Amtskollegen Prinz Faisal bin Farhan in Teheran.
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Harmonisch sollte er sein, der erste Besuch eines saudischen Ministers im Iran seit Beendigung der diplomatischen Beziehungen im Jahr 2016. Bei der Pressekonferenz des Aussenministers Prinz Faisal bin Farhan und seines iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian gab es dann aber doch einen kleinen Zwischenfall: Die saudische Delegation wollte nicht in jenem Raum vor die Presse treten, in dem das Porträt des iranischen Generals Qassim Soleimani an der Wand hing. Der im Irak von einer US-Drohne getötete Kommandant galt als Architekt der iranischen Expansionspolitik in der Region – der Streitpunkt schlechthin zwischen den Erzrivalen. (Lesen Sie zum Thema: Interview mit Iran-Experte – «Teheran versucht, die europäischen Staaten zu erpressen»)

Man wechselte also den Raum, bloss keine Verstimmungen, davon gab es in den vergangenen Jahren genug. Die Beziehungen beider Länder basierten «auf uneingeschränktem Respekt, Souveränität und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten», sagte der saudische Aussenminister und betonte den Aspekt der regionalen Sicherheit, besonders in der Seeschifffahrt. Als Saudiarabien und der Iran im März bekannt gaben, ihre Beziehungen normalisieren zu wollen, sprachen Beobachter von einem politischen Erdbeben. China, so verkündete man in Riad, habe als Vermittler gedient – ein Affront gegen den einst engen Partner Saudiarabiens, die USA.

Ohne Ton, mit freundlichen Gesichtern

Den ganzen Samstag über teilten Medien im Königreich Videoaufzeichnungen des historisch anmutenden Treffens, meist ohne Ton, dafür mit freundlichen Gesichtern: die beiden Minister an einem langen Tisch, lachend, in der Mitte ein Blumengesteck. Zuvor reichten sich die einstigen Erzrivalen die Hände, im Hintergrund plätscherte ein Springbrunnen. Am Samstagabend traf bin Farhan dann sogar noch den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.

Der Besuch des saudischen Aussenministers soll zeigen, dass der Absicht Taten folgen. Riad wolle die saudische Botschaft im Iran bald wieder eröffnen, sagte bin Farhan. Anfang Juni hat die iranische Botschaft in Riad ihre Arbeit wieder aufgenommen; andersherum ist es komplizierter: Als 2016 iranische Demonstranten die saudische Botschaft in Teheran angriffen, war das ein Eklat. Zuvor war in Saudiarabien der prominente schiitische Geistliche Nimr al-Nimr hingerichtet worden.

Den Absichtserklärungen sollen Taten folgen: Der saudische Aussenminister traf bei seinem Besuch auch den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi. 

Jahrzehntelang standen sich die beiden Regionalmächte unversöhnlich gegenüber: Der schiitisch geprägte Iran inszenierte sich als Schutzmacht aller Schiiten, das wahhabitisch geprägte Saudiarabien als Beschützer der Sunniten. Als im Zuge der prodemokratischen Proteste des sogenannten Arabischen Frühlings 2011 Männer und Frauen in Syrien, Ägypten, Libyen und dem Jemen auf die Strassen gingen, begann zwischen den Regionalmächten ein kalter Krieg mit verheerenden Folgen für die Region. Der Iran baute in Syrien, im Jemen und im Irak loyale Milizen auf; Saudiarabien erklärte 2015 im Jemen den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen den Krieg – und versucht zurzeit, gesichtswahrend aus dieser international geächteten Intervention herauszukommen.

Im Königreich herrscht heute die Erkenntnis, dass die Feindschaft mit dem Iran kontraproduktiv ist. Schliesslich soll Saudiarabien bis 2030 fit für eine Zukunft ohne Öl werden, eine Umwälzung, für die es ausländische Investoren braucht, aber keine teuren Stellvertreterkriege mit dem Iran – und vor allem keine Angriffe iranischer Drohnen auf saudische Ölanlangen wie im Jahr 2019.

Ein Rückschlag für die USA

Auch das Regime in Teheran hat mittlerweile Interesse an einer friedlicheren Phase, denn Unfrieden hat es schon genug: die landesweiten Proteste gegen das Regime seit vergangenem Herbst, die internationalen Sanktionen, die stockenden Gespräche zur Rettung des Atomabkommens.

Für die USA und Israel ist die Annäherung zwischen dem Iran und Saudiarabien ein Rückschlag. US-Aussenminister Anthony Blinken hatte in Riad für eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel geworben, dessen Erzfeind der Iran ist. Und ein nächster Besuch bahnt sich schon an. Bin Farhan richtete Grüsse von König und Kronprinz aus: Man würde sich freuen, wenn der iranische Präsident bald die Einladung nach Saudiarabien annimmt.