Nach Attacken in Saudiarabien: Deutlicher Öl-Preisanstieg erwartet
Drohnenangriffe haben die grösste Erdölraffinerie der Welt getroffen. Die USA beschuldigen den Iran. Dieser weist die Vorwürfe zurück.
Die Drohnenangriffe auf die grösste Ölraffinerie in Saudiarabien haben die Ölproduktion in dem Königreich dramatisch einbrechen lassen und verschärfen die Spannungen am Golf.
Die Produktionsmenge sei infolge der «terroristischen Attacken» um 5,7 Millionen Barrel auf etwa die Hälfte des üblichen Volumens pro Tag eingebrochen. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SPA in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf den neuen Energieminister Prinz Abdulasis bin Salman bin Abdulasis. Dabei handle es sich aber nur um einen vorübergehenden Effekt, der zudem durch die Einspeisung vorhandener Erdölreserven in den Markt teilweise kompensiert werde.
Deutlicher Öl-Preisanstieg erwartet
Der Ölpreis dürfte am Montag nach den verheerenden Angriffen auf Förderanlagen in Saudiarabien deutlich steigen – vermutlich zwischen fünf und zehn Dollar pro Fass. Teilweise rechnen Experten sogar mit Panik, die Marke von 100 Dollar könnte wieder in Reichweite rücken, sollte das Königreich nicht in der Lage sein, schnell wieder seine normale Kapazität zur Verfügung zu stellen.
Ein Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Wochenende, es werde vermutlich eher Wochen als Tage dauern, bis die Förderung wieder wie gewohnt laufe.
USA machen Iran verantwortlich
Obwohl sich die Huthi-Rebellen im benachbarten Jemen zu den Angriffen bekannten, machten die USA den Iran dafür verantwortlich. Teheran bestritt jegliche Beteiligung. Der Komplex wird zu den weltweit wichtigsten Ölanlagen gezählt.
Nach offiziellen Angaben erschütterten am frühen Samstagmorgen zwischen drei und vier Uhr morgens mehrere Explosionen Anlagen des staatlichen Ölkonzerns Saudi Aramco in Churais und Abkaik. Auf Videos in sozialen Netzwerken waren grosse Feuer über den Komplexen zu sehen, die den Nachthimmel erleuchten.
Satellitenbilder von Nasa und Esa zeigten im Laufe des Samstags mehrere riesige schwarze Rauchfahnen, die sich bis zu 150 Kilometer weit über Saudiarabien erstreckten.
«Brände unter Kontrolle»
Die Brände seien unter Kontrolle, teilte Saudiarabiens Energieminister Prinz Abdulasis bin Salman bin Abdulasis kurz darauf mit. Durch die Angriffe sei die Produktion in Abkaik und Churais aber zeitweise ausgesetzt. Auch die Produktion von Flüssiggas sei betroffen. Der Produktionsausfall könne aber durch Lagerbestände ausgeglichen werden.
Experten sehen in der Drohnenattacke einen Angriff auf das Zentrum der saudischen Ölindustrie. «Selbst wenn die Feuer schnell gelöscht sind und der Schaden in Abkaik nur gering ist, sind die Tore der Hölle ein bisschen weiter geöffnet», schrieb der US-amerikanische Analyst Robert McNally auf Twitter, der früher Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats war.
Die in Washington ansässige Energieberatungsfirma «Rapidan Energy» bezeichnete die Raffinerie in Abkaik als die wichtigste Öleinrichtung der Welt.
Nach Angaben von Saudi Aramco ist der Komplex die grösste Raffinerie des Landes und die grösste Rohölstabilisierungsanlage der Welt. Abkaik spiele eine entscheidende Rolle in der täglichen Produktion des Unternehmens. Von hier werde verarbeitetes Öl weiter an die Ost- und Westküste des Landes sowie nach Bahrain geleitet.
IEA sieht keine Versorgungsprobleme
Die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris sieht nach den Drohnenangriffen zunächst keine Versorgungsprobleme. Vorerst seien die Märkte gut mit reichlich kommerziellen Beständen versorgt, teilte die IEA mit. «Wir stehen in Kontakt mit den saudischen Behörden sowie mit den wichtigsten Produzenten- und Verbrauchernationen.» Man verfolge die Situation in Saudiarabien aufmerksam, hiess es weiter.
Im Falle von Engpässen seien die USA zur Freigabe von Ölreserven bereit, teilte eine Sprecherin des US-Energieministeriums am Sonntag mit. Die strategischen Ölreserven der USA umfassen nach Ministeriumsangaben 630 Millionen Barrel. Saudiarabien produzierte nach Angaben der OPEC im vergangenen Monat rund 9,8 Millionen Barrel Öl pro Tag.
Huthi-Rebellen bekennen sich zu Angriff
Zu dem Angriff bekannten sich die Huthi-Rebellen im benachbarten Jemen. Ein Militärsprecher der Huthis bezeichnete den Angriff mit zehn Drohnen am Samstag als «legitime Antwort» auf die anhaltende Militärkampagne Saudiarabiens im Jemen. «Wir versprechen dem saudischen Regime, dass unsere nächste Operation grösser und schmerzhafter sein wird», sagte Militärsprecher Jahia Saria. Es handle sich um den bislang grössten Einsatz in Saudiarabien.
Saudiarabien führt im Jemen eine von den USA unterstützte Militärkoalition an, die gegen die Huthis kämpft. Diese halten grosse Teile des Nordjemens inklusive der Hauptstadt Sanaa unter Kontrolle und werden mittlerweile vom Iran unterstützt.
Pompeo macht Iran verantwortlich
US-Aussenminister Mike Pompeo machte jedoch den Iran direkt für den Angriff verantwortlich. «Inmitten der Rufe nach Deeskalation hat der Iran jetzt einen beispiellosen Angriff auf die Welt-Energieversorgung verübt. Es gibt keinen Beweis, dass die Angriffe vom Jemen kamen», schrieb Pompeo auf Twitter.
Pompeo forderte alle Nationen auf, die iranischen Angriffe «öffentlich und eindeutig» zu verurteilen. Die USA würden sicherstellen, dass der Iran für seine Aggression zur Rechenschaft gezogen werde.
Das Weisse Haus teilte mit, US-Präsident Donald Trump habe dem saudischen Kronprinzen Mohammad Bin Salman am Telefon «seine Unterstützung für Saudiarabiens Selbstverteidigung» angeboten.
Iran weist Vorwürfe zurück
Der Iran wies die Vorwürfe vehement zurück. Pompeos Unterstellungen seien absurd, unerklärlich und daher auch halt- und wirkungsl os, sagte Aussenamtssprecher Abbas Moussavi am Sonntag in Teheran.
Was im Jemen passiere, sei der Widerstand der Jemeniten gegen die Kriegsverbrechen der von den Saudis angeführten Militärkoalition, sagte der Sprecher nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna. «Weil die US-Politik des maximalen Drucks auf den Iran gescheitert ist, sind die Amerikaner nun auf die der maximalen Lügen umgestiegen.»
Uno warnt vor Eskalation
Eine Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini bezeichnete den Angriff als «reale Bedrohung der regionalen Sicherheit». Der Uno-Sondergesandte für den Jemen, Martin Griffiths, warnte vor einer Eskalation auf der arabischen Halbinsel. Solche Zwischenfälle würden den von der Uno geleiteten politischen Prozess im Jemen gefährden. Die Uno bezeichnet den Krieg im Jemen als die derzeit grösste humanitäre Katastrophe der Welt.
In den vergangenen Monaten hatten die Huthis mehrfach erklärt, mit Drohnen zentrale Einrichtungen in Saudiarabien angegriffen zu haben. Bereits im Mai wurden zwei Pumpstationen einer zentralen Ölpipeline attackiert, im Juni ein internationaler Flughafen im Südwesten Saudiarabiens.
Internationale Experten beobachten seit längerem eine Ausweitung von Drohnenangriffen durch die Huthis. Erst im Juli präsentierten die Huthis selbst neue Drohnentypen, die nach Ansicht von Experten eine Reichweite bis zu 1000 Kilometern haben könnten.
sda/reuters/red
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