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Die Paralympics und ihre Vorbilder
Der Wundersprinter ist blind, die Kämpferin aus Uganda erst 14

Bogenschützin Zahra Nemati.
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Wer genau hinschaute, konnte Zahra Nemati 2016 bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Rio entdecken. Die Bogenschützin qualifizierte sich trotz Handicap auch für die Spiele der Sportler ohne Behinderung, sie trug für den Iran sogar die Fahne. Früher hatte sich Nemati als Teakwondo-Kämpferin den schwarzen Gürtel erkämpft, mit 18 Jahren wurde sie bei einem Autounfall verletzt, seitdem sitzt sie im Rollstuhl.

Mit dem Bogenschiessen fand sie eine neue Leidenschaft, die sie bei ihren dritten Paralympischen Spielen zum dritten Gold führen soll. Wobei das für die 36-Jährige fast Nebensache ist: Weil sie sich für die Frauenrechte im Iran einsetzt, ist sie auch als UN-Botschafterin unterwegs. Ihre Goldmedaille 2012 in London war die erste einer Iranerin bei Olympischen oder Paralympischen Spielen – und ein Symbol dafür, was alles möglich ist. Unabhängig von Geschlecht und Behinderung.

Das druckvolle Spiel

Rollstuhltennisspieler Shingo Kunieda.

Shingo Kunieda (37) hat noch eine Rechnung offen. 2016 bei den Paralympics in Rio schied der Rollstuhltennisspieler im Viertelfinal des Einzelturniers aus. Ausgerechnet er, der Goldgewinner von 2008 und 2012, ein erklärter Gegner des Verlierens, einer der ehrgeizigsten Japaner im paralympischen Sport. Ihn plagte damals eine hartnäckige Ellbogenverletzung, trotzdem war die Niederlage ein Einschnitt.

Er wechselte den Trainer. Stellte seine Technik um. Änderte seine Sitzposition im Rollstuhl. Redete mit dem neuen Trainer mehr über sein Spiel. Jetzt ist er ein Star der Spiele in seiner Heimatstadt Tokio. Japans Medien sind verwöhnt von den vielen Siegen der Olympiamannschaft zuletzt. Jetzt schauen sie auf ihn. Sie wollen sehen, wie er Gold im Einzel gewinnt. Und Shingo Kunieda hat nichts dagegen. Sein Ziel und ihre Erwartungen sind sehr ähnlich.

Das hohe Tempo

Sprinter David Brown (l.) läuft mit einem Partner.

Die 100 Meter sind vielleicht die technisch grösste Herausforderung der Leichtathletik, gerade weil sie so simpel sind. «Du musst so unfassbar präzise sein. Ein falscher Schritt, und das wars», hat der Sprinter David Brown kürzlich dem «Guardian» erzählt. Für erblindete Athleten wie den 28-Jährigen, der mit einem Partner sprintet, birgt das noch mal einen ganz anderen Schwierigkeitsgrad. Wobei: Brown hat schon ganz andere Widrigkeiten gemeistert.

Er litt als Kind am Kawasaki-Syndrom, erblindete als 13-Jähriger, zog sich aber nicht zurück, sondern vertiefte sich im Sport, dank seines ersten Trainers an einer Blindenschule in Missouri. Der habe ihm, wie Brown sagt, geholfen, «zu sehen, was ich erreichen kann». So sei er immer besser geworden, der erste blinde Athlet unter elf Sekunden (10,92 Sekunden), Gold 2016 in Rio, in Tokio will er nun noch schneller sein. Ganz einfach.

Das ganz Nahe

Schwimmerin Husnah Kukundakwe.

Eines Tages wird Husnah Kukundakwe vielleicht an Medaillen denken. Aber jetzt noch nicht. Sie ist 14. Sie kommt aus Kampala in Uganda, wo Schwimmen eine der teuersten Sportarten ist, weil es dort nicht viele Schwimmbecken gibt. Diesen Donnerstag hatte sie ihren Vorlauf über 100 Meter Brust in der Startklasse SB8 und wollte mal sehen. Sie schied aus. Und brauchte erst einmal eine Cola, weil sie seit einem Jahr kein Süssgetränk mehr gehabt habe.

Husnah Kukundakwe gehört zu denen, die die Chance, zu sich selbst stehen zu können, erst noch entdecken müssen. Ihren fehlenden rechten Unterarm und ihre fehlgebildete linke Hand hat sie früher immer unter langen Sweatern verborgen. Beim Schwimmtraining ging das natürlich nicht. Irgendwann merkte sie, dass es ihr egal war, was andere dachten. Und jetzt ist sie bei den Paralympics und fühlt sich besser denn je. In Uganda sieht sie nicht viele Menschen mit Behinderung. «Hier haben alle eine, ich habe mich wirklich gut gefühlt in meiner Haut.» Wer braucht Medaillen, wenn es stattdessen Freunde zu gewinnen gibt?

Das Training im Garten

Kugelstösser Aled Davies.

Jeder Sportler hat so seine Geheimnisse, jene von Aled Davies wurzeln in seinem Garten. Aber es ist nicht das stille Händchen für Flora und Fauna, das dem Kugelstösser aus Cardiff die Ruhe verleiht, bevor er durch den Ring saust und eine Kugel schreiend davonwuchtet.

Der zweimalige Gold-Gewinner von Rio bastelte sich während der Pandemie eine Stossanlage im Garten, um sich fit zu halten: eine Matte aus dem Pferdestall als Unterlage, dazu ein Fangnetz zwischen Apfel- und Birnenbaum. Davies war erst einen Monat zuvor in sein neues Domizil gezogen, die Nachbarn wunderten sich erst mal, weshalb der neue Mieter im Garten herumschrie und Dinge durch die Gegend schleuderte. Doch das änderte sich rasch. Und Davies, der so ziemlich jeden Titel in der Klasse F63 gewonnen hat, entdeckte während der zwangsweise verlängerten Vorbereitung ein weiteres Erfolgsgeheimnis: dass er in Tokio gar nicht mehr gewinnen muss, sondern kann.

Das Schwänzen der Einheiten

Schwimmerin Ellie Cole.

Fernsehen und Schwimmen lassen sich durchaus verbinden: Als Cate und Bronte Campbell in Tokio starteten, war Ellie Cole am Bildschirm dabei. Die 29-Jährige liess sogar ein paar Freistil-Einheiten sausen für den besseren Blick auf ihre Trainingskolleginnen – und verdrückte bei deren Erfolgen Freudentränen.

Cole ist in Australien ein Star, letztens bekam sie ein Foto eines Mädchens zugeschickt, das wie sie eine Beinprothese trägt. Sie steht neben einem Supermarkt-Aufsteller von Cole. «Aus diesem Grund machen wir das», schrieb die Schwimmerin dazu auf Instagram; als sie klein war, hätten ihr solche Vorbilder gefehlt. Ihr war als Dreijährige infolge einer Krebserkrankung das rechte Bein oberhalb des Knies amputiert worden. Mit 15 Medaillen – 6 davon in Gold – ist sie Australiens erfolgreichste Schwimmerin. Diese Ausbeute hat nicht mal die flinke Emma McKoen bei Olympia geschafft.

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