Probefahrt Honda HR-VDer will doch nur sparen
Die neue Generation des Honda HR-V wird nur als Hybrid angeboten. Damit wollen die Japaner ihre Elektrifizierungsstrategie beschleunigen.
Die Japaner sind die Pioniere der Hybridisierung. In erster Linie denkt man dabei an Toyota: Der aktuell grösste Autohersteller der Welt bahnte mit dem Prius den Weg für den Antrieb aus zwei Quellen, meistens bestehend aus einem Benzinmotor und einem Elektroaggregat, und setzte seither voll auf diese Antriebsform. Während sich Toyota mit dieser Strategie schon früh das Image als «grüner» Hersteller erarbeiten konnte, gelang dies Honda nur bedingt, obwohl der zweitgrösste japanische Autohersteller ebenfalls sehr früh ein Hybridmodell auf den Markt brachte und durchaus als Pionier gelten darf.
Gleiches Bild beim Brennstoffzellenantrieb: Während Toyota zusammen mit Hyundai als Wegbereiter des Wasserstoffautos gesehen wird, steht Honda dahinter etwas im Schatten, obwohl man mit dem FCX Clarity deutlich früher ein solches Modell lanciert hat. Bei den batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) hat sich bisher hingegen keiner der beiden Hersteller besonders hervorgetan. Toyota kommt mit dem Elektro-Crossover BZ4X Mitte nächsten Jahres erst sehr spät mit einem BEV auf den Markt. Honda hat mit dem Honda-e zwar bereits ein solches im Angebot, lässt sich aber bei der Umstellung auf die reine Elektromobilität ebenfalls viel Zeit. Die meisten europäischen und koreanischen Hersteller haben deutlich ambitioniertere Pläne.
Ohne jegliches Getriebe
Immerhin hat nun Honda-Chef Toshihiro Mibe die Strategie für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beschleunigt. Zunächst soll bis 2030 der Anteil der rein elektrischen Modelle (BEV und Brennstoffzellenfahrzeuge) auf 40 Prozent der globalen Verkäufe erhöht werden, zehn Jahre später wollen die Japaner nur noch E-Fahrzeuge verkaufen. Ein Zwischenschritt auf dem Weg dahin ist die Elektrifizierung der Europa-Modellpalette, die bis Ende 2022 vollzogen sein soll. Nach den Modellen Jazz und CR-V folgt nun der HR-V, der in der neuen Generation in Europa nur noch mit Hybridantrieb angeboten wird. Ende nächsten Jahres wird dann mit dem Civic das letzte Modell mit dem e-HEV genannten Antrieb ausgestattet sein.
Dieser Hybridantrieb bedarf einer Erklärung, denn er funktioniert anders als der inzwischen geläufige Vollhybrid, den etwa Toyota verbaut. Hondas e-HEV treibt das Fahrzeug nicht mit einer Kombination aus Verbrennungsmotor und E-Maschine an – bei diesem System werden die Räder fast ausschliesslich vom Elektromotor angetrieben. «Der e-HEV hat eine sehr einfache Struktur, ohne jegliches Getriebe», erklärt Kotaro Yamamoto, technischer Berater bei Honda Europe. «Dafür ist der e-HEV mit einer Überbrückungskupplung ausgestattet, die in höheren Geschwindigkeiten den Benzinmotor direkt mit den Rädern verbindet.» Das heisst: Im Autobahntempo treibt allein der 1,5-Liter-Benziner die Räder an, in allen anderen Situationen allein der Elektromotor. Der Benziner produziert dann nur bei Bedarf den Strom dazu. Die Vorteile liegen gemäss Yamamoto in einer besseren Effizienz, da der Benzinmotor oft im effizientesten Drehzahlbereich betrieben und völlig von den Rädern entkoppelt werden kann, was die mechanische Reibung verringert.
Elegant und hochwertig
Das System mag technikaffine Menschen begeistern – für Anhänger der Fahrfreude ist der Antrieb hingegen keine Offenbarung. Der neue HR-V schwimmt locker im Verkehr mit und ist in gleichmässiger Fahrt ruhig und gesittet, doch wenn das Gas mal richtig durchgetreten werden muss, wird es laut und träge. Bergauf ein langsameres Auto zu überholen, muss wohlüberlegt sein, auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahn braucht es Geduld, die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h dauert 10,6 Sekunden. Dafür soll man mit einem tiefen Verbrauch belohnt werden – doch der WLTP-Schnitt von 5,4 Litern auf 100 Kilometer ist zwar gut, aber nicht gerade sensationell.
Die Qualitäten hat der neue Honda HR-V andernorts. Der SUV ist sehr elegant und «clean» gestaltet. Der Innenraum gefällt mit hochwertigen Materialien, einer guten Übersicht und überraschend viel Platz, besonders im Fond. Und auch im Handling überzeugt der Japaner: Das Fahrwerk ist ausgewogen abgestimmt, die Lenkung gefühlvoll und angenehm direkt. Eigentlich wäre diese Neuauflage ein richtiges «Fahrerauto», wenn da eben nicht der Antrieb wäre. Und da es in Europa zum e-HEV keine Alternative gibt, ist der neue HR-V vor allem ein Auto für Leute, die bequem von A nach B kommen wollen, ein gutes Platzangebot inklusive eines variablen Innenraums schätzen und das Design als wichtiger erachten als die Fahrdynamik. Potenzielle Kunden gibt es dafür reichlich.
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