Tennis-Seeclub in der höchsten LigaDer TC Horgen ist der Exot im NLA-Interclub
Der Horgner Dorfverein spielt im zweiten Jahr in Folge im Interclub-Tennis im Kreis der sechs besten Männerteams der Schweiz. Rochaden am grünen Tisch machten dies möglich.
Im Winter klingelt das Buschtelefon zügig. Die Funktionäre müssen die NLA im Interclub umbauen. Grund: Nach siebenstelligen Investitionen ohne sportliche Zinsen zieht der TC Sonnenberg Zürich sein Team zurück. Im Tessin verzichtet der TC Lido Lugano auf den Aufstieg. Der Interclub-Kosmos ist komplex. Tennis und Geld müssen im Doppel harmonieren, sonst drohen Netzroller.
Bei Swiss Tennis reift rasch die Idee, beim Absteiger Horgen nachzufragen, ob das Team in der Beletage bleiben möchte. Die Zürcher hatten 2022 fleissig Sympathien gesammelt mit der Taktik, ausschliesslich auf eigene, junge Schweizer zu setzen. Interclub by Swiss Made.
Studenten statt Profis
So kommt es heuer ab 1. August zur Reprise. Horgen begegnet dem Rekordmeister GC, dem Trendsetter-Club Seeblick Zürich, Genf Eaux-Vives (mit 2300 Mitgliedern der grösste Tennisclub im Land), CT Neuenburg und
Trimbach. Die Macher, der Gönnervereinigungs-Pate Erich Stäubli und Captain Philipp Müllner, steuern politisch den gleichen Kurs. Sie setzen auf den Jugendstil, auf Schweizer mit einem Durchschnittsalter von 22,3 Jahren. Das Gros sind Studenten, drei davon an Colleges in den USA eingeschrieben.
Im Gegensatz zum Vorjahr wurde ein Ausländer verpflichtet. Der Deutsche Elmar Ejupovic (ATP 283), 30-jähriger Routinier mit Erfahrung als Teamplayer in Deutschland, Italien und Österreich, soll auf der ersten Setzposition als Winkelried fungieren, im Doppel neue Optionen eröffnen.
«Studiere ich die Kaderlisten der Gegner, fühle ich mich wie Tom Cruise.»
Im Vorjahr hielt Horgen wacker mit, aber es gelang kein kompletter Matchgewinn. Zwölf Match-Tiebreaks gingen verloren, mangels Routine und Körner (Ausdauer). Sind die sportlichen Aussichten jetzt heller? Captain Müllner lacht: «Wenn ich die Kaderlisten der Gegner studiere, fühle ich mich wie Tom Cruise: Mission impossible.» Der Techniker aus der Gemeinde Habsburg bezieht sich auf die etatmässigen Klassierungen, die im NLA-Interclub mit den vier Stufen N 1 bis N 4 (das N steht für die nationale Klassierung) abgebildet werden.
Einzelne Clubs melden bis neun N1-Klassierte und bis zu elf Ausländer, die bis 15. Juli lizenziert sein mussten. Pro sechs Einzel sind zwei Legionäre gestattet, die Ausländer können aber von Partie zu Partie ausgewechselt werden. Diese Regel ist umstritten, ebenso – ähnlich wie im Eishockey – die Anzahl Ausländer. Funktionärs-Doyen Stäubli moniert die fehlende Ordnung: «Der Verband müsste die Kader kontingentieren, dieses Jekamie begrenzen.»
Punkten aus dem Hinterhalt
In der NLA bietet Interclub Spitzentennis pur. Profis aus den Top 200 der Welt servieren; der gemütliche Anstrich von früher, «Tennis bei Kaffee und Kuchen», sind Tempi passati. Die Budgets klettern bis auf eine Viertelmillion Franken oder höher, einzelne Racketmänner verlangen 40’000 Franken, plus Speis und Trank. Horgen hat gegenüber der Aufstiegssaison vor zwei Jahren das Budget auf rund 50’000 Franken verdoppelt.
Die Horgener Exoten setzen auf das Kollektiv, ganz nach dem afrikanischen Sprichwort: «Wenn Spinnen vereint weben, können sie einen Löwen einfangen.» Horgen bringt unter anderem fünf homogene N3-Männer an den Start, die einen besser klassierten Gegner packen können. Zudem verschärfte die Teamleitung das Training. Ein Teil der Equipe spielte heuer in der NLC und wäre um ein Haar in die NLB aufgestiegen.
Patron von Swiss Tennis als Gönner
Auf der Tenniskarte Schweiz sorgt Horgen jedenfalls für Aufsehen. Die Gönnervereinigung ist gewachsen. Unter den über 70 Mitgliedern figuriert auch René Stammbach, der Patron von Swiss Tennis. Im Zentrum Waldegg, ab 1978 einst das erste Leistungszentrum der Schweiz zu Hlasek-Mezzadri-Zeiten, leisten die Coaches Müllner und Fabian Rötschi gute Grundlagenarbeit. Im Herbst eröffnet die Akademie zudem vier neue Hallenplätze, fortan deren acht Courts insgesamt, ein Vorteil für die Tiefe der Nachwuchsarbeit.
Jeder Boom unterliegt aber einem Zyklus, das wissen sie im TC Horgen. Deshalb hält man schön Abstand zu Globi-Abenteuern. Die Interclub-Safari auf Sand wird jedoch mit Ehrgeiz angepackt. Ein paar Gegner sollen auf der Terre battue ausrutschen.
Dienstag, 1. August, 12 Uhr: TC Horgen - Genf Eaux-Vives.
Donnerstag, 3. August, 12 Uhr: TC Horgen - TC Seeblick Zürich. Der Eintritt ist frei.
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