Ulrich Körner im PorträtDer neue Credit-Suisse-Chef ist heftig umstritten
Der Spitzenmann hat sich bereits als harter Sanierer bewiesen. Nun muss Ulrich Körner die schlingernde Bank retten. Doch aufgrund seiner Persönlichkeit gibt es Zweifel, ob er das schafft.
Er hat ab 1. August einen der schwierigsten Jobs, die es in der Schweizer Wirtschaft gibt: Ulrich Körner muss nichts weniger als die zweitgrösste Bank des Landes aus ihrer tiefsten Krise befreien. Denn der Credit Suisse steht das Wasser nicht nur bis zum Hals, sondern bis zur Nasenspitze. Kundinnen und Kunden ziehen Milliarden von Vermögen ab, der Verlust ist riesig, die Bereinigung der Altlasten noch längst nicht vorbei, und die Bank kommt kaum um eine Kapitalerhöhung herum.
Kann Körner das? Schon diese Frage entzweit sein Umfeld. Zugutegehalten wird dem 59-jährigen Doktor der Betriebswirtschaft, dass er im Gegensatz zu vielen anderen Spitzenbankern skandalfrei ist. Und dass er – 2009 von seinem langjährigen Vertrauten Oswald Grübel von der Credit Suisse zur UBS gerufen – einen wesentlichen Anteil an der geglückten Rettung der grössten Schweizer Bank hatte. Diese stand damals noch näher am Abgrund als heute die Credit Suisse, musste sogar Staatshilfe in Anspruch nehmen.
Er sanierte die UBS «wie eine Maschine»
Als Chief Operating Officer war Körner bei der UBS verantwortlich für das neu geschaffene Corporate Center – einen riesigen Bereich mit mehr als 25’000 Beschäftigten. Er brachte so verschiedene Bereiche wie Personalwesen, Verwaltungsdienste, Strategie, Technologie, Kommunikation, Liegenschaften und Beschaffungswesen unter ein Dach – und verkleinerte die unterstützenden Funktionen nach der Integration mit harten Sanierungsschritten, um Kosten zu sparen. Mit Erfolg. «Wie eine Maschine», heisst es.
Seinen zweiten Job bei der UBS, die Leitung der Asset-Management-Sparte, erledigte Körner weniger bravourös. Zwar gelang dem Geschäftsbereich, der Vermögen für institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen und Stiftungen verwaltet, das beste Ergebnis seit der Finanzkrise. Aber nur in einem Jahr – eine Eintagsfliege sozusagen. Das Ziel, den Gewinn dauerhaft auf eine Milliarde pro Jahr zu steigern, verfehlte er.
Er gilt als schwieriger Mensch
Wo auch immer man sich umhört, gibt es kritische Stimmen zu Körner – und Zweifel, ob er es schafft, die Credit Suisse zu retten. Das liegt daran, dass der deutsch-schweizerische Doppelbürger als schwieriger Mensch mit Schwächen im persönlichen Umgang gilt. Dies hat wohl verhindert, dass er bisher Konzernchef einer der beiden grossen Schweizer Banken wurde.
Rund um den Zürcher Paradeplatz ist es ein offenes Geheimnis, dass Körner nach Oswald Grübels Abgang bei der UBS emsig geweibelt hatte, um dessen Nachfolger zu werden. Doch er wurde zugunsten von Sergio Ermotti übergangen. Er soll das Angebot, zuerst einmal Interimschef zu werden, abgelehnt haben – eine Fehleinschätzung, mit der er sich selber aus dem Rennen nahm.
Seine Karriere schien eigentlich beendet, als er Anfang des vergangenen Jahres überraschend einen Anruf von der Credit Suisse erhielt. Ausgerechnet Thomas Gottstein, den er nun als Konzernchef ablöst, bat ihn darum, nach Auffliegen der Greensill-Affäre, die die Credit Suisse Milliarden kosten könnte, das Asset-Management auf Vordermann zu bringen. Das ist ihm noch keineswegs gelungen; er hinterlässt eine grosse Baustelle.
Körner steht nicht für den dringend benötigten Kulturwandel
Für Körner war es jedenfalls eine Rückkehr, denn bereits 1998 bis 2009 hatte er in führenden Funktionen für die Credit Suisse gearbeitet, unter anderem als Finanz- und als Technologiechef. Als Chief Operating Officer war er Herr über alle unterstützenden Funktionen, 2006 wurde er Chef der Credit Suisse Schweiz.
Wegen dieser langen Zeit bei der Bank wird Körner immer wieder als «Urgestein» bezeichnet. Es mag für die Bank, die am Boden liegt, Sinn machen, auf einen Mann zu setzen, der sie in- und auswendig kennt. Das spart Zeit bei der Sanierung. Doch wie schon sein Vorgänger Thomas Gottstein kann Körner unmöglich für den dringend benötigten Kulturwandel stehen – zu tief ist er in der alten Credit-Suisse-Kultur verankert.
«Körner ist ein Technokrat, das ist keiner, der die Leute motiviert.»
Körner ist mit 59 Jahren vergleichsweise alt. Er gilt damit als Übergangschef. Doch das muss nichts bedeuten, denn schon seine jüngeren Vorgänger Tidjane Thiam und Thomas Gottstein entpuppten sich im Nachhinein als Übergangsfiguren.
Schwerwiegender sind die Reaktionen aus dem Inneren der Bank über seine Ernennung. Eine Quelle sagt: «Körner ist ein Technokrat, das ist keiner, der die Leute motiviert.» Die Credit Suisse brauche nun einen Motivator in der Krise, das sei Körner überhaupt nicht. Er arbeite nur mit wenigen Vertrauten eng zusammen, die anderen halte er auf Distanz, statt auf sie zuzugehen.
Ein ehemaliger ranghoher Credit-Suisse-Manager sagt, mit Lehmann und Körner seien jetzt zwei Technokraten ohne Kunden- und Führungskompetenz am Werk. «Keiner von denen kann die Leute begeistern. Ich erwarte Kunden- und Personalabgänge der gröberen Art.»
Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann, der selber als Technokrat gilt, hole einen zweiten, um die Krise zu meistern, sagt ein weiterer Insider. «Das kann nicht funktionieren.» Auch inhaltlich gibt es Zweifel an der Strategie, die Lehmann und Körner jetzt einschlagen. Die Bank habe vorwiegend ein Einnahmenproblem, das würde jetzt verschärft. «Da helfen auch die Kostensenkungen nichts.»
Körner konnte sich am Tag seiner Ernennung zum Konzernchef nicht gegen solche Kritik wehren – denn er trat nicht an der Medienkonferenz auf, und Interviewanfragen lehnte die Bank ab.
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