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Kultmaschine Raspberry Pi 
Der Mini-Computer mit dem Riesenerfolg

Kleine Platine mit grosser Wirkung: Der Informatiker Eben Upton zeigt seine Erfindung an einer Konferenz im Jahr 2014.
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Die gute, alte Stereoanlage – ich wollte sie behalten. Auch wenn die Musik schon damals, vor zehn Jahren, im Digitalen spielte. Doch wie, so fragte ich mich, kriege ich die digitale Musik auf die analoge Stereoanlage? Die Lösung fand ich in einem Onlineforum: Dazu schliesse man einen dieser neuartigen Minicomputer an den Verstärker an und spiele die richtige Software auf. Kurz darauf bestellte ich meinen ersten Raspberry Pi. Damit begann eine lange Hassliebe.

Der Raspberry Pi ist ein aufs Allernötigste reduzierter Computer – nicht mehr als eine nackte Platine. Wer will, kann daran einen Bildschirm und eine Tastatur anschliessen. Doch als Bürorechner eignet sich der Raspberry Pi wegen seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit nur bedingt. Ideal ist er aber als Steuerung für andere Geräte. Um Messwerte zu verarbeiten. Oder um die gute, alte Stereoanlage ins digitale Zeitalter zu katapultieren.

Wobei «katapultieren» der falsche Ausdruck ist. Es dauerte Wochen, bis das Gerät die ersten Töne von sich gab. Die Lernkurve war steil, auch wegen Kinderkrankheiten bei der Hardware und der noch unausgegorenen Software. Der Raspi, wie ich die Platine bald schon jovial nannte, stellte mich in der ersten Zeit vor immer neue Probleme. Er kostete Nerven. Er stahl die Freizeit. Und ab und an raubte er mir sogar den Schlaf.

Eine Platine für Kinder und Profis 

Der erste Raspberry Pi kam vor zehn Jahren in den Handel. Der Preis war heiss: Für unter 40 Franken konnte der Minicomputer bestellt werden. Bis er auf dem Tisch lag, dauerte es aber mitunter lange: Die Produktionskapazitäten waren klein. Offensichtlich hatten Eben Upton, Informatiker und Entwickler der Platine, und die Mitstreiter in seiner gemeinnützigen Stiftung nicht mit einer solch hohen Nachfrage gerechnet. Gedacht war der Raspberry Pi ursprünglich als Ausbildungsgerät: Damit sollten auch Schülerinnen und Schüler, die sich keinen teuren Computer leisten konnten, programmieren lernen. Entsprechend bietet die Stiftung bis heute viele Lernmaterialien und Tutorials an. 

Aus dem Schulgerät ist innert eines Jahrzehnts ein Massenprodukt geworden. Der Raspberry Pi ist heute der meistverkaufte britische Computer: Über 45 Millionen Geräte wurden abgesetzt. Zahlreiche Unternehmen bieten mittlerweile Bauteile wie Sensoren, Kameras oder Bildschirme an, mit denen sich der Minirechner fast beliebig erweitern lässt.

Beliebt sind die Geräte insbesondere in der Maker-Szene, also bei den Elektrobastlern. Wie baut man mit dem Raspi eine Wetterstation oder einen Roboter? Wie setzt man einen eigenen Cloud-Speicher auf? Viele Maker dokumentieren ihre Projekte in Blogs, Foren und Magazinen detailliert. 

«Sobald ein Gerät komplizierte Aufgaben übernehmen soll, nehmen wir einen Raspberry Pi.»

Ramun Hofmann, Geschäftsführer von 89grad

Auch Profis nutzen die Platine rege. Die Raspberry-Pi-Stiftung legte zusammen mit dem auf Mikrocontroller spezialisierten Arduino-Projekt die Basis fürs Internet der Dinge: für die Vernetzung von Alltagsgeräten von der Kaffeemaschine bis zum Radiator und der Sonnenstore.

«Sobald ein Gerät komplizierte Aufgaben übernehmen soll, nehmen wir einen Raspberry Pi», sagt Ramun Hofmann, der mit seinem Unternehmen 89grad auf die rasche Entwicklung von Geräteprototypen spezialisiert ist. Denn die Platine bietet eine hohe Rechenleistung zu einem sehr tiefen Preis. Statt zuerst ein eigenes Betriebssystem schreiben zu müssen, kann die Linux-Software genutzt werden, welche die Raspberry Pi Foundation zur Verfügung stellt. «So sparen wir viel Zeit und können uns vorerst mal ganz aufs Entwickeln der eigentlichen Funktionen konzentrieren», sagt Hofmann. In einer idealen Welt würde die Entwicklerplatine anschliessend aufs Nötigste abgespeckt. «Das lohnt sich aber erst bei grösseren Serien.» Entsprechend stecken heute selbst in einigen Haushaltsgeräten ganz normale Raspberry Pis. 

Rettung für die Stereoanlage: Der Einplatinenrechner Raspberry Pi mit Audioaufsatz. 

Doch zurück zur guten, alten Stereoanlage. Dahinter liegt noch immer der bald zehnjährige Raspi. Mittlerweile besitze ich eine kleine Sammlung solcher Geräte. In jedem Projekt stecken viele Stunden und viele Nerven. Eine Platine dient als Webcam und schickt das geliebte Bergpanorama ins Unterland. Eine zeichnet die Positionssignale der Flugzeuge auf, die über die Wohnung düsen, und leitet sie an Flugtrackingdienste weiter. Mit einer lässt sich der Umgebungslärm dokumentieren. Geplant ist zudem ein Tochter-Papa-Projekt: Ein Lämpchen soll signalisieren, wenn es noch zu früh ist, um morgens zur Tagwacht zu blasen. Zumindest dieses Projekt wird mir keine schlaflosen Nächte bescheren.