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Handelsplattform Opensea
Der Handel am grössten NFT-Marktplatz stürzt ab – ist der Hype vorbei?

Ob Hype, die Revolution des digitalen Kunstmarkts oder eine spekulative Anlagemöglichkeit – NFTs sind umstritten und verlieren momentan stark an Interesse.
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Der Markt für Non-Fungible Tokens (NFTs) kollabiert. Zumindest erhält man diesen Eindruck, wenn man sich die Entwicklung auf dem grössten Marktplatz für NFTs anschaut. Laut Daten der Blockchain-Trading-Software Dapp Radar ist das Handelsvolumen bei Opensea – dem grössten virtuellen Handelsplatz für NFTs – in den letzten vier Monaten um 99 Prozent gesunken. Diese Entwicklung schürt die Befürchtung, dass der Handel mit den digitalen Vermögenswerten endgültig eingebrochen ist.

Opensea selbst relativiert den Rückgang des Handelsvolumens und kritisiert die Methodik von Dapp Radar. Die Analysten hätten den besten Verkaufstag mit dem bisher schlechtesten verglichen, sagte ein Sprecher der Handelsplattform dem Magazin «Fortune». «Wir spielen auf lange Sicht, weil wir sehen, was möglich ist, daher sind wir nicht so besorgt über kurzfristige Schwankungen.»

«Fortune» relativiert den Rückgang von 99 Prozent ebenfalls und kommt auf einen revidierten Wert von 62 Prozent. Experte Johannes Höllerich bestätigt diese Korrektur und den Vorwurf, dass zwei nicht repräsentative Stichtage verglichen wurden. Ausserdem gebe es neben Opensea inzwischen weitere relevante Plattformen. Höllerich ist stellvertretender Studiengangleiter des MSc Banking & Finance an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Das Handelsvolum beim grössten NFT-Marktplatz hat seit Mai stark abgenommen. 

Schaut man sich die Grafik von Dapp Radar an, ist klar zu erkennen, dass tatsächlich der beste Handelstag in der Geschichte des Marktplatzes für den Vergleich herangezogen wurde. Gleichzeitig ist ein deutlicher Abwärtstrend in den letzten Monaten sichtbar. Das aktuelle Handelsvolumen von rund 10 Millionen Dollar liegt unter dem Jahresschnitt. Auch ein Blick in die Google-Trends zeigt einen starken Rückgang des Interesses an NFTs seit Jahresbeginn. Im Juli gab der CEO von Opensea ausserdem bekannt, dass die Plattform rund 20 Prozent der Belegschaft entlassen müsse. Ist der NFT-Hype vorbei?

«Jein», sagt Höllerich. Der Markt sei sicherlich deutlich zurückgekommen, was auch zu einer Bereinigung und einer Abflachung des Hypes geführt habe. Es habe aber auch im letzten Jahr volatile Phasen gegeben. Der Markt sei zurzeit durch viele neue Angebote übersättigt – darunter seien «auch viele zweifelhafte Projekte für schnelles Geld» zu finden, die oft auch von Prominenten beworben würden. Weiter erklärt sich der Experte den Rückgang des Handelsvolumens mit dem Einbruch bei den Kryptowährungen. NFTs werden mit diesen gekauft und verkauft, und ihr Wert korreliere mit der Volatilität der digitalen Währungen. Weiter warteten viele Anlegerinnen und Anleger auf ein Upgrade von Ethereum – einer der wichtigsten Kryptowährungen –, das für nächste Woche angekündigt wurde. Dadurch sei ein grosser Teil der Liquidität aus dem NFT-Markt gezogen worden, sagt Höllerich. 

Zu bemerken sei jedoch auch, dass es an historischen Daten des sehr jungen Marktes fehle, um die aktuelle Phase einordnen zu können.

Seit Jahresbeginn haben die Google-Suchanfragen nach NFTs um über 80 Prozent abgenommen.

Eine risikoreiche Anlage

Nachhaltiges Investieren in die Technologie sei schwierig und mit einem grossen Risiko behaftet, erklärt der Experte. «Es ist eine sehr riskante Anlage, die sehr volatil und sehr illiquide ist.» Es seien jedoch zeitweise auch sehr hohe Gewinne möglich gewesen. Anlegerinnen und Anlegern empfiehlt Höllerich, in jedem Fall nur «Spielgeld» in NFTs zu investieren. Man müsse sich gut mit dem Markt und seinen Besonderheiten auskennen, nur sehr wenige Projekte würden langfristig erfolgreich sein. Momentan sei der Handel noch relativ kompliziert, und es müssten zusätzlich viele Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. 

«Die Technologie und der digitale Eigentumsnachweis werden langfristig an Relevanz gewinnen.»

Johannes Höllerich, stellvertretender Studiengangleiter des MSc Banking & Finance an der ZHAW

Auch bei sogenannten Bluechip-NFTs, wie Bored Ape Yacht Club oder Crypto Punks, sei das Risiko um ein Vielfaches höher als vergleichsweise bei einer Bluechip-Aktie wie Nestlé oder Novartis, sagt Höllerich. Bluechip-NFTs stammen aus den bekanntesten und erfolgreichsten Sammlungen. Sie gelten als branchenführend und haben eine höhere Wachstumswahrscheinlichkeit als andere NFT-Projekte.

Trotz vielen Risiken für Anlegerinnen und Anleger blickt der Experte zuversichtlich in die Zukunft der NFTs. «Die Technologie und der digitale Eigentumsnachweis werden langfristig an Relevanz gewinnen», ist Höllerich überzeugt. NFTs würden für Entwicklungen im Web3 ein wesentlicher Bestandteil sein. Für Unternehmen biete die Technologie neue Möglichkeiten in der Bildung von Communitys und der Schaffung von digitalen Markenerlebnissen, erklärt Höllerich.

Kleiderbeschaffung fürs Metaversum

Dass es sich für Unternehmen lohnt, in NFTs zu investieren, zeigen Grosskonzerne wie Nike, Dolce & Gabbana oder Gucci. Die Unternehmen haben laut der Analyse-Website Dune bisher zusammen einen Umsatz von über 200 Millionen Dollar mit der Technologie erzielt. Wobei sich Nike – mit über 180 Millionen Dollar Umsatz – mit deutlichem Abstand auf dem ersten Rang klassiert.

Anfang dieses Jahres hat der Sportartikel-Hersteller das Start-up RTFKT (genannt «Artifact») übernommen. Dieses machte im Frühjahr 2021 Schlagzeilen, weil es innert sechs Minuten über 600 Paar virtuelle Schuhe für insgesamt drei Millionen Dollar verkaufte.

Am meisten Umsatz machte Nike mit der CloneX-NFT-Kollektion, einer Sammlung von 20’000 algorithmisch erzeugten NFTs. Die 3-D-Charaktere sollen zu einem späteren Zeitpunkt im Metaversum zur Interaktion mit anderen Nutzern verwendet werden können. Das Metaversum ist bis jetzt eine Zukunftsvision, die bislang in den Köpfen der Science-Fiction-Autoren existiert. Sie besagt, dass wir den Cyberspace nicht mehr über einen flachen Bildschirm besuchen und hauptsächlich via Text kommunizieren, sondern mittels Cyberbrille in diesen virtuellen Raum eintauchen.

CloneX sei das bisher ehrgeizigste Projekt von RTFKT und der Beginn eines ganzen Ökosystems für die Community, verlautet auf der Website. 

Zurzeit arbeitet Nike für eine Kollektion mit dem bekannten japanischen Künstler Takashi Murakami zusammen. Der günstigste Avatar der Sammlung kostet bei Opensea rund 6 Ethereum (gegenwärtig rund 10’000 Franken).

Mit Stil ins Metaversum: Dieser Nike Dunk Genesis Cryptokicks von RTFKT existiert nur in einer digitalen Welt und kostet momentan rund 830 Dollar.

Mit einer aktiven Community versuchten die Unternehmen den Wert ihrer Marke zu steigern, erklärt Höllerich. Die Käuferinnen und Käufer der NFTs haben Interesse daran, dass der Preis ihrer Vermögensanlagen steigt, weshalb sie diese auch gleich selbst bewerben.

Wie gross das Potenzial des Metaversums ist – und damit auch die Möglichkeit, mittels NFTs (In-Gaming-Items, Grundstücke usw.) darin Geld zu verdienen –, zeigt eine Studie des Marktforschungsinstituts Grand View Research. Die Untersuchung kam zum Schluss, dass der Markt jährlich um 39,4 Prozent wächst und bis 2030 eine Grösse von über 900 Milliarden Dollar erreichen könnte. Analysen des Forschungsinstituts Verified Market Research bestätigen diese Prognosen. Basierend darauf lässt sich sagen, dass es sich bei NFTs wahrscheinlich nicht nur um einen Hype handelt.