Probefahrt«Der Eroberer» wurde auf Effizienz getrimmt
Der 2er Active Tourer wird komplett neu aufgelegt. Es gibt gleich zwei Plug-in-Varianten, die Langversion fällt hingegen aus dem Programm.
Es ist eine dieser Geschichten, bei denen zunächst alle die Hände verwerfen. «Das geht nicht», «wird nicht klappen», «wie können die nur?» – in der Autowelt kommt der Bruch mit Traditionen oft einem Frevel gleich. Dann, einige Jahre später, wenn sich alle daran gewöhnt und beruhigt haben, zahlt sich der Dogmen-Wechsel für den Hersteller oftmals aus. Beispiele dafür gibt es viele, etwa der Wechsel von luft- zu wassergekühlten Motoren bei VW und Porsche – oder eben die Einführung eines frontgetriebenen Familien-Vans bei BMW. Als die Bayern am Genfer Autosalon 2014 den 2er Active Tourer vorstellten, brandete eine Welle der Empörung durch die Autowelt. Frontantrieb bei BMW? Und ein Familien-Van? Bereits wurde über ein Ende der Markenwerte, ja sogar über ein Ende der Marke an sich geunkt.
Der damals für die Baureihe verantwortliche Produktmanager Frank Niederländer hatte alle Hände voll zu tun, um zu beschwichtigen und zu erklären. «Wenn Sie bei einem solchen Modell an Innenraum-Grösse und Variabilität das bieten wollen, was der Markt verlangt, geht das nur mit Frontantrieb und Quermotor.» Und er relativierte: «Als wir die damals die Touring- oder die X-Modelle eingeführt haben, war der Aufschrei ebenfalls gross. Doch heute fragt längst keiner mehr, ob diese Kombi- oder SUV-Modelle zu BMW passen.»
Fühlt sich nach BMW an
Niederländer sollte recht bekommen. Sieben Jahre nach der Modelleinführung ist der 2er Active Tourers fester Bestandteil der BMW-Palette – man nennt ihn intern inzwischen «der Eroberer», weil er viele neue Kunden zur Marke brachte. Über 420'000 Stück wurden bisher verkauft, die meisten davon in Europa. Dass der Active Tourer eine Nachfolgegeneration erhält, war also klar – die erfolglose Langversion Grand Tourer wird hingegen gestrichen. Das Konzept bleibt gleich: kompakter Familien-Van, Frontantrieb mit Allrad-Varianten, Quermotor. So gut wie alles andere ist neu: Die Abmessungen wachsen in alle Richtungen, das Design ist bulliger, hat nun mit grösseren Rädern und breiterer Spur einen SUV-Touch. Und unter dem Blech wurde nach Kräften modernisiert.
Den riesigen BMW-Nierengrill, der aktuell bei mehreren Modellen für kontroverse Diskussionen sorgt, bekommt nun auch der Active Tourer. Im Innenraum macht das Modell den grössten Sprung: Das Cockpit erinnert an den grossen Elektro-SUV iX, mit breitem Curved-Display, edlen Materialien und luftigen Platzverhältnissen. Alles fühlt sich nach BMW an. Dass der Neue mit modernster Technik vollgepackt ist, versteht sich da von selbst: Assistenzsysteme zum teilautomatisierten Fahren und Parkieren sowie ein intelligenter Tempomat, der nicht nur den Abstand regelt und Tempolimits einbezieht, sondern auch den Streckenverlauf berücksichtigt und vor Kurven oder Kreuzungen vorausschauend verlangsamt, sind die Highlights.
Mehr elektrische Unterstützung
Auch unter der Motorhaube wurde grundrenoviert. Bei den angebotenen Benzin- und Dieselmotoren sind 90 Prozent der Bauteile neu oder wurden zumindest optimiert, um die Effizienz der Aggregate zu steigern. Das 48-Volt-Mildhybridsystem in den Varianten 220i und 223i leistet mit 14 kW Leistung fast das Doppelte des früheren Systems und unterstützt den Verbrennungsmotor beim Anfahren und beim Beschleunigen. Neu sorgt ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe für sanfte und effiziente Gangwechsel. Und es sind gleich zwei Plug-in-Hybridvarianten im Angebot, die bis 90 Kilometer rein elektrisch fahren können – 35 Kilometer weiter als das Vorgängermodell. «Zudem», betont Projektleiter Tilo Renz, «werden die Batterien der PHEV mit 100 Prozent Windenergie produziert.» Das verbessert die Umweltbilanz zusätzlich.
All diese Änderungen und Neuheiten resultieren in einem ausgewogenen und kompakten Fahrgefühl, das man sofort mit BMW in Verbindung bringt – dieses Kunststück ist dem Vorgänger nicht gelungen. Besonders empfiehlt sich der stärkere Plug-in-Hybrid: Der allradgetriebene 230e xDrive überzeugt mit einer Systemleistung von 336 PS, einer realistischen elektrischen Reichweite von 90 Kilometern und einem WLTP-Verbrauch von 1,1 bis 1,4 Liter pro 100 Kilometer. Die beiden PHEV werden etwas später lanciert, daher sind die Preise noch nicht bekannt. Ob eine rein elektrische Variante des Active Tourers geplant ist, will BMW nicht verraten. «Aber er hat ja die gleiche Plattform wie der iX1, also möglich wär’s», meint ein BMW-Techniker hinter vorgehaltener Hand. Diese reine Elektro-Version des kleinen SUV X1 soll noch dieses Jahr auf den Markt kommen.
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