Miniaturen des AlltagsDer Eisbär meiner Grosstante
Der Kühlschrank des Autors ist kaputt. Was das auslöst, verrät einiges über den Umgang mit dem Klimawandel.
Es geht hier um meinen Kühlschrank. Doch bevor ich darauf zu schreiben komme, muss ich vom Rhonegletscher erzählen. Vor zwei Jahren fuhr ich mit dem Rennvelo über Susten-, Grimsel- und Furkapass. Es war ein heisser Sommertag. Am letzten der drei Pässe suchte ich nach der Zunge des Rhonegletschers.
In meiner Erinnerung lappte sie, Kühlung verheissend, über eine Geländestufe in der Nähe der Furka-Passstrasse. In meiner Kindheit brachten wir einmal meine Grosstante hierher, die in den Ebenen Osteuropas zu Hause gewesen war, damit sie hohe Berge und einen Gletscher sehe. Vom Parkplatz an der Passstrasse gingen wir damals einfach hinüber zum Eisstrom, betraten eine Eishöhle, und meine Grosstante liess sich mit einem Bergler im Eisbärkostüm fotografieren.
Doch als ich nun hinüberblickte, sah ich kein Eis, nur polierten Fels: Klimawandel eins zu eins.
Mein Kühlschrank ist seit knapp zwei Wochen kaputt. Er kühlt nicht mehr. Anfangs piepste noch ein Alarm, jetzt ist Ruhe. Ich meldete es der Hausverwaltung. Weil es ein Freitag war – Kühlschränke gehen in der Regel am Wochenende kaputt –, riet man mir, die Lebensmittel auf dem Balkon zu lagern: «Es ist ja zum Glück kalt im Winter.»
Nach einer Woche und mehreren Nachfragen kam der Hausmeister. Er öffnete Kühlschrank und Tiefkühler. Die Luft darin war kalt, weil die Tür tagelang geschlossen war. Er grinste mich mitleidig an und sagte: «Er läuft doch noch.» Obwohl er meinen persönlichen Klimawandel leugnete, liess er einen Fachmann kommen.
Dieser sagte heute sofort: «Das Gerät ist kaputt und heizt sich auf.» Es braucht ein neues. Die Lebensmittel auf dem Balkon übrigens sind weitgehend verdorben durch die frühlingshaften Temperaturen vom Sonntag.
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