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Der Bundesrat will die Postfinance retten

Erklärt, wie der Bundesrat die Probleme der Postbank lösen will: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Freitag, 5. Juni 2020, in Bern.
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Das Wehklagen wurde immer lauter. Der Gewinn der Postfinance schrumpfte in den letzten Jahren rasant, gleichzeitig droht eine Lücke von 3 Milliarden Franken beim Kapitalpolster. Die Postfinance-Chefetage um Hansruedi Köng forderte daher die Politik zum Handeln auf. Die Bank sollte möglichst bald auch Hypotheken und Kredite vergeben – sonst würde es für sie eng werden, und es würde ihr auch schwererfallen, den Grundauftrag der Post zu finanzieren. Der Bundesrat legt nun offen, wie er die Probleme der Postbank mit einer Revision des Postgesetzes lösen will. Die Lösung sei nicht perfekt, so Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Wenn aber nichts unternommen werde, sei die Grundversorgung durch die Post nicht mehr finanzierbar.

Die Vorlage stösst jedoch bereits auf Kritik. Gegen mehr Freiheiten für die Postfinance stemmen sich vor allem die Kantonalbanken. «Wir lehnen die Aufhebung des Kreditvergabeverbots ab. Wir sehen nicht, dass ein Marktversagen vorliegt, das ein Eingreifen durch einen neuen staatlichen Anbieter notwendig macht», so ein Sprecher des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken. «Der Markteintritt der Postfinance kann zu einem Verdrängungseffekt führen und primär kleinere Banken in Bedrängnis bringen.» Die Kantonalbanken dominieren mit einem Anteil von 40 Prozent den Markt, danach folgt Raiffeisen. Die Genossenschaftsbank will aber erst später zur Revision Stellung beziehen.

Die Einnahmen der Postfinance haben sich in den letzten fünf Jahren halbiert. Der Zinserfolg sank von über 1 Milliarde Franken auf 575 Millionen Franken ab. Die Konkurrenz arbeitet dank Kreditgeschäft deutlich profitabler. Die Zinsmarge bei der Postfinance liegt derzeit bei 0,44 Prozent. Beim Hypospezialisten Raiffeisen beträgt sie rund 1 Prozent. Bei der Zürcher Kantonalbank beträgt allein der Erfolg aus dem Zinsgeschäft 1,2 Milliarden Franken, rund die Hälfte des gesamten Geschäftsertrags.

Bis zu 5 Prozent des Markts erreichen

Der Eintritt von Postfinance in das Hypogeschäft soll schrittweise erfolgen. Die Bank soll in den nächsten zehn Jahren einen Anteil von rund 5 Prozent, also etwa 50 Milliarden Franken, erreichen. Damit sollte der Ertrag der Bank steigen. Doch die Frage ist, wie stark. «Es ist zu erwarten, dass die Postfinance über den Preis in den gesättigten Markt einsteigt. Das löst eine negative Dynamik aus und bringt entsprechende Risiken mit sich», sagt der Sprecher der Kantonalbanken.

Der Bundesrat setzt der Postfinance allerdings eine besondere Hürde: Die Kreditpolitik soll möglichst klimafreundlich sein. Die Bank soll etwa Sanierungen von Liegenschaften finanzieren. Wie viele solcher Kredite vergeben werden sollen, ist noch nicht festgelegt.

In der Vorlage schlägt der Bundesrat auch eine Teilprivatisierung der Postfinance vor. Laut Serge Gaillard, dem Chef der Eidgenössischen Finanzverwaltung, könnte ein Modell wie bei der Swisscom Sinn machen: «49 Prozent könnten etwa über die Börse ans Publikum verkauft werden.» Dadurch könnte die Bank zusätzliches Kapital beschaffen und könnte das Risiko für den Bund verkleinert werden, sollte die Bank in Schieflage geraten. Sollte es der Postfinance nicht gelingen, bis zur Teilprivatisierung das Kapitalpolster genügend zu stärken, und sollte sie dann in Not geraten, würde der Bund die Bank mit Notkrediten am Leben erhalten.

Keller-Sutter verlangte Verfassungsänderung

Brisant ist, dass sich der Bundesrat mit seiner Postvorlage über seine eigenen Juristen hinwegsetzt. Das Bundesamt für Justiz (BJ) argumentiert, der heutige Wortlaut der Bundesverfassung verbiete der Postfinance den Einstieg in den Hypothekarmarkt.

Diese Kritik trug Justizministerin Karin Keller-Sutter am Mittwoch in den Bundesrat. In einem vertraulichen Mitbericht verlangte sie, vor dem Einstieg der Post ins Hypothekargeschäft müsse die Bundesverfassung geändert werden. Damit wäre es zwingend zu einer obligatorischen Volksabstimmung gekommen.

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Doch der Gesamtbundesrat schlug die Einwände in den Wind. Statt auf die Meinung seiner eigenen Juristen stützt er sich auf den Lausanner Rechtsprofessor Vincent Martenet. Dieser war von Ueli Maurers Finanzdepartement mit der Erstellung eines Gegengutachtens beauftragt worden. Und darin kommt Martenet zum Schluss, eine Kreditvergabe durch die Postfinance sei verfassungskonform. Pikanterweise räumt Martenet in seinem Gutachten aber selber ein, dass er damit nicht nur dem BJ, sondern auch der Mehrheitsmeinung in der Rechtslehre widerspricht. Peter Hettich, Rechtsprofessor an der Universität St. Gallen, kritisierte den Bundesratsentscheid auf Twitter prompt und sprach von einem «bestellten» Gutachten.