Konjunkturlage in der SchweizDer Boom lässt auch in der Schweiz die Preise steigen
Die jüngsten Konjunkturdaten zeigen einen verstärkten Aufschwung auch in der Binnenwirtschaft. Die Folge ist aber auch eine höhere Teuerungsrate.
In der Wirtschaft ist die Corona-Krise weitgehend passé. Schon früh haben Prognoseinstitute für das laufende Jahr einen Boom vorausgesagt. Neue Zahlen vom Donnerstag stützen die Euphorie.
Die grösste Bedeutung hat der sogenannte Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie. Im Mai hat er den höchsten Wert seit Messbeginn im Januar 1995 erreicht. Im Juni ist er zwar wieder leicht gesunken, notiert aber auch jetzt auf dem dritthöchsten je gemessenen Stand und deutlich im Boombereich, wie die Credit Suisse schreibt, die den Index zusammen mit der Einkäufervereinigung Procure herausgibt.
Der PMI gilt vor allem deshalb als wichtigster Indikator für den Konjunkturverlauf, weil er auf einer Umfrage bei den Einkäuferinnen und Einkäufern grosser Unternehmen beruht, die zu ihren Einschätzungen und Absichten befragt werden. Werte über 50 stehen für Wachstum. Je höher die Werte liegen, desto rosiger sind die Aussichten.
Am härtesten getroffen von der Krise wurde diesmal nicht die Industrie, sondern der Dienstleistungssektor und damit die Schweizer Binnenwirtschaft. Doch auch der Einkaufsmanagerindex für diesen Sektor zeigt seit dem Februar wieder ein Wachstum an.
Seither ging es jeden Monat weiter nach oben. Den grössten Sprung hat der Index aber im letzten Monat mit einer Zunahme von 58,8 auf 64,4 Punkte gemacht. Das ist der dritthöchste Wert, den der erst seit 2014 bestehende Index je angezeigt hat.
Die Folgen zeigen sich bei den Preisen
Der kräftige Aufschwung hat aber auch seine Schattenseite: Weltweit steigen die Preise, auch in der Schweiz. Das zeigen die dem Einkaufsmanagerindex zugrunde liegenden Umfragen. Aus dem Industriesektor berichten 85 Prozent der Befragten von einer Zunahme der Einkaufspreise, nur gerade 1 Prozent beobachtet das Gegenteil.
Als Grund für die Entwicklung geben die Einkaufsmanagerinnen und -manager des Sektors laut Credit Suisse an, dass das Angebot und die Transporte nicht mit der Nachfrage Schritt halten könnten. Die Nachfrage einerseits sei «überraschend hoch», das Angebot andererseits noch immer wegen Massnahmen gegen das Coronavirus eingeschränkt. Deshalb könnten die Verkäufer in der aktuellen Lage die Preise bestimmen.
Auch bei den Dienstleistern beobachtet eine deutliche Mehrheit von mehr als zwei Dritteln eine Zunahme der Einkaufspreise und nur ein Prozent einen Rückgang.
Von steigenden Preisen berichten auch die Befragten im Dienstleistungssektor. Zwei Drittel der Befragten beobachten eine Zunahme der Einkaufspreise, auch hier sehen nur ein Prozent einen Rückgang. Noch nie hätten so viele der befragten Manager von steigenden Preisen berichtet, heisst es im Bericht.
Das Bild steigender Preise wird auch durch die ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Teuerungsdaten des Bundesamts für Statistik bestätigt. Demnach ist der Landesindex der Konsumentenpreise im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahr um 0,6 Prozent gestiegen.
Doch selbst mit diesem Anstieg ist die Teuerung im historischen und im internationalen Quervergleich in der Schweiz noch tief. In den USA stiegen die Preise im Mai im Jahresvergleich um 5 Prozent, in der Eurozone im Juni um 1,9 Prozent.
Ökonominnen und Ökonomen gehen mehrheitlich davon aus, dass der Preisanstieg temporär bleiben wird.
Ökonominnen und Ökonomen gehen mehrheitlich davon aus, dass der Preisanstieg temporär bleiben wird. Zum Ersten, weil er auf aktuelle und temporäre Knappheiten nach der Wiederöffnung der Wirtschaft weltweit zurückgeht, zum Zweiten, weil vor allem die Energie- und Erdölpreise jüngst deutlich gestiegen sind und zum Dritten, weil die Jahresvergleiche einen überzeichneten Anstieg zeigen, weil vor einem Jahr die Wirtschaftslage besonders schlecht und das Preisniveau deshalb aussergewöhnlich tief war.
Folgen für den Arbeitsmarkt
Die Umfrage zum Einkaufsmanagerindex zeigt auch eine weitere Verbesserung am Arbeitsmarkt an. Allerdings beobachtet Claude Maurer, Autor des Berichts und Chefökonom Schweiz der Credit Suisse, einen vergleichsweise schleppenden Ausbau der Kapazitäten der Unternehmen. Das überrasche, vor allem angesichts der Knappheiten und der besseren Produktionsauslastung.
Zwar hätten die Industrieunternehmen bereits seit sieben Monaten in Folge das Personal erhöht, aber die Dynamik bleibe angesichts der deutlich verbesserten Rahmenbedingungen verhalten. Das gleiche Bild zeigt sich auch im Dienstleistungssektor. Offenbar trauen viele Unternehmen dem neuen Boom noch nicht recht über den Weg.
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