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Debatte um Justizinitiative
«Das sind verleumderische Unterstellungen»

Geeinte Front: Ständerätin Heidi Z’graggen (Die Mitte), Ständerat Andrea Caroni (FDP) und Nationalrätin Barbara Steinemann (SVP) an einer Medienkonferenz zur Justizinitiative.
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Es sind schwere Vorwürfe von einem, der bis vor kurzem noch selbst Richter war. Auf allen Stufen stünden Richter unter Druck, sich im Sinne der Partei zu verhalten, die sie zur Wahl nominiert hätten, sagte Peter Diggelmann im Interview mit dieser Zeitung. «Es ist schwierig, im heutigen System unabhängig zu sein.» Der frühere Zürcher Oberrichter spricht sich deshalb für die Justizinitiative aus, die Bundesrichter nicht mehr vom Parlament wählen lassen, sondern per Losverfahren bestimmen will. Das schütze sie vor der Politik.

Für die Gegner der Justizinitiative sind Diggelmanns Vorwürfe unbegründet. «Es gibt keinerlei Druck auf die Richter seitens der Politik», sagt Andrea Caroni, FDP-Ständerat und Präsident der Gerichtskommission. Er habe im Zuge der Initiative Richter gefragt, ob sie sich in ihrer Unabhängigkeit in irgendeiner Weise eingeschränkt fühlten. «Alle haben mir klar gesagt, dass sie sich völlig unabhängig fühlten.»

Caroni stört sich an der pauschalen Systemkritik, die von den Befürwortern der Initiative vorgebracht werde. «Das Bundesgericht fällt seit 1874 Urteile in höchster Qualität. Die Initianten sind nicht in der Lage, auch nur ein einziges Urteil zu nennen, das als Folge einer politischen Justiz zu betrachten wäre.» Stattdessen operierten die Initianten mit «verleumderischen Unterstellungen». Das Vertrauen in die Schweizer Justiz sei laut Umfragen auch im internationalen Vergleich sehr hoch – was beweise, dass die Schweiz mit dem heutigen Wahlsystem für Bundesrichter gut fahre.

«Keiner kann einfach seinen Parteifreund durchdrücken, wenn der fachlich nichts taugt.»

Andrea Caroni, FDP-Ständerat und Präsident der Gerichtskommission

Es sei falsch zu sagen, dass die heutige Vorselektion durch die Gerichtskommission durch Intransparenz und Seilschaften geprägt sei, wie Richter Diggelmann dies tue. Die Kommission bestehe aus 17 Vertretern von Grünen bis zur SVP. «Die ausgewogene Besetzung garantiert, dass man sich gegenseitig in Schach hält. Da kann keiner einfach seinen Parteifreund durchdrücken, wenn der fachlich nichts taugt», sagt Caroni. «Es gibt immer starke Konkurrenz.»

Die Justizinitiative sieht vor, die Vorselektion der möglichen Bundesrichterinnen einer Fachkommission zu überlassen, unter denen dann ausgelost würde. Diese Kommission erhalte damit eine riesige Macht, obschon sie ausserhalb jeder Kontrolle stünde. «Dieses obskure und übermächtige Expertengremium mit Würfelbecher ist das Hauptproblem der Initiative», sagt Caroni.

Niccolò Raselli, Bundesrichter von 1995 bis 2012.

Im Parlament sehen das fast ausnahmslos alle so wie Caroni: Nur gerade ein Nationalrat stimmte dort der Initiative zu. Und Widerspruch kommt auch aus Richterkreisen. Er teile ja einige der Kritikpunkte am heutigen Wahlverfahren, sagt Niccolò Raselli, Bundesrichter von 1995 bis 2012. «Die Lösung der Initiative ist allerdings unbrauchbar.»

«Jemand muss die Verantwortung übernehmen»

Zum einen garantiere ein Losverfahren eben gerade nicht, dass die Besten zum Zug kämen. «Es würde eher verhindern, dass sich fachlich kompetente Leute überhaupt auf Richterstellen bewerben, weil sie sich nicht einem Los aussetzen wollen.» Zum anderen würde damit auch die weltanschauliche Zusammensetzung des Gerichts dem Zufall überlassen.

«Vor allem aber hat ein per Würfelei zusammengesetztes Gericht keinerlei demokratische Legitimation», sagt Raselli. Diese könne es in einem demokratischen Rechtsstaat nur über die Wahl durch die gesetzgebende Gewalt geben. «Für die Wahl an ein Gericht muss jemand die Verantwortung übernehmen. Ansonsten herrscht der Zufall.»